Auch die aktuelle "Sing meinen Song"-Staffel hat wieder exzellente Sänger auf dem Sofa versammelt. Gut so, denn gestern Abend standen die Lieder der Söhne Mannheims um Xavier Naidoo auf dem Programm. Dass aber ausgerechnet die beiden Underdogs und nicht die Stars der Runde den Abend retten würden, hätte wohl niemand gedacht.

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Vergangene Woche war zweifelsohne der bisher beste Abend der aktuellen "Sing meinen Song"-Staffel. Als sich Catterfeld, Naidoo & Co. an die Lieder von Daniel Wirtz wagten, konnte man vor allem eines sehen: Dass die Songs von Wirtz Substanz haben. Denn wenn sein Indie-Rock auch mit den Prinzen und Hartmut Engler funktioniert, dann muss dahinter ein gewisses Kompositionstalent stecken. Stimmlich sind nämlich die anderen Stars auf der Couch dem Rocker eine Nasenspitze voraus. Oder auch zwei.

Zum Beispiel Xavier Naidoo. Seine Stimme ist eine Waffe. Mit ihr kann er Kühlschränke abtauen. Doch wie sieht es mit der Kompositionskunst von Naidoo und seinen Söhnen Mannheims aus?

Der eierlegende Andreas Bourani

Den ersten Beweis traten Andreas Bourani und Daniel Wirtz an, und es funktionierte – nicht. Warum, ist schnell erzählt. Auch wenn Xavier Naidoo stellvertretend für seine Bandkollegen nach jedem der Auftritte höflich sein Wohlgefallen ausdrückte – zumindest Bourani selbst wusste schon, dass seine Darbietung von "Zurück zu Dir" allenfalls Mittelmaß war: "Ich habe mir da ein bisschen selber ein Ei gelegt, weil wir es schneller gemacht haben." Das ging dann am Ende eben schief.

Ähnliches lässt sich über Wirtz sagen. Er schnappte sich "Vielleicht" und ging in seiner Interpretation auf Nummer sicher "Ich hab die Töne weggelassen, die mir bei der Geburt nicht mitgegeben wurden." Hut ab vor so viel Ehrlichkeit. Trotzdem kam am Ende eine etwas zu simple Mitgrölnummer heraus, die den Song deutlich unter Wert verkaufte.

So etwas würde Yvonne Catterfeld natürlich nie tun. Die Erfurterin ist ein bisschen die Musterschülerin der aktuellen Staffel. Gesanglich ohnehin immer top, überraschte sie fast ausnahmslos mit einfallsreichen Arrangements ihrer Neuinterpretationen. So viel Perfektion ist manchmal regelrecht unheimlich. Dass sie aber keine Maschine ist, zeigte Catterfeld dann am gestrigen Abend, als sie "Geh davon aus" sang. Was Naidoo als "die Söhne Mannheims gehen James Bond" wahrnahm, war leider nur ein gut gewolltes Stück ohne Ecken und Kanten - eben ohne das, was Catterfeld sonst so ausgezeichnet hat. Null Null harmlos statt Null Null Sieben.

Ganz dicht dran an Gänsehaut

Dass Hartmut Engler sogar aus einem Death-Metal-Song ein Pur-Lied machen würde, dürfte jedem "Sing meinen Song"-Gucker inzwischen bekannt sein. Und der sympathische Sänger scheint irgendwie stolz auf sein fragwürdiges Talent zu sein und freut sich jedes Mal, wieder ein fremdes Lied assimilieren zu dürfen. Doch diesmal hatte er – Gott sei Dank – die Rechnung ohne die Söhne Mannheims gemacht. Die strickten ihr Lied "Freiheit" nämlich so, dass selbst Hartmut Engler keine typische Pur-Geschichtenerzähl-Nummer daraus machen konnte. Das gibt der Text einfach nicht her. Zwar dachte man nach den ersten Zeilen 'Ich kann's jetzt echt nicht mehr hören', doch spätestens beim Refrain war es aus mit dem "Purisieren" und Engler musste auf eigenen Füßen stehen. Und das klang richtig gut

Noch einen Tick emotionaler machte es die zweite Dame der Runde. Christina Stürmer bewies großen Mut, eines der ersten Lieder der Söhne Mannheims überhaupt in ihrer ganz eigenen Version zu singen, die das Original für einen Moment vergessen machte. Sie verwandelte "Volle Kraft voraus" in eine ruhige, reduzierte Nummer; ihre Stimme glitt regelrecht über die Musik, mal im Sturzflug mal ganz sacht, aber eben immer volle Kraft voraus. Das war ganz dicht dran an Gänsehaut. "Wenn ich dich früher in die Finger bekommen hätte, wärst du eine Soul-Sängerin geworden", erklärte Naidoo nach ihrem Auftritt - und die Österreicherin errötete sichtbar.

Lasst doch diesen Prinzen-Kram!

Dann, ganz am Ende, kamen die Prinzen. Man muss kein Miesepeter, Nörgler oder Prinzen-Hasser sein, um zu mutmaßen, dass die Prinzen und die Söhne Mannheims musikalisch ungefähr so weit von einander entfernt sind wie Eminem und Helene Fischer. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kombination in die Hose geht, war also recht hoch. Aber wie gesagt: Dann kamen die Prinzen - und fegten die Zuhörer von den Sitzen. Für ihre A-cappella-Version von "Wenn Du schläfst" holten Tobias Künzel und Sebastian Krumbiegel ihre beiden anderen Band-Kollegen auf die Bühne. Und die schienen ihnen Flügel zu verleihen. Am Ende zauberten die vier Leipziger einen derart emotionalen und stimmigen Auftritte hin, dass man ihnen am liebsten zugerufen hätte: "Vergesst doch bitte diesen ganzen Prinzen-Kram, den ihr macht und schließt euch den Söhnen Mannheims an. Vier mehr oder weniger sind bei der Riesen-Truppe auch egal!"

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