Langes Haar, ein traumhafter Körper, große Augen, in denen man versinken möchte. So manch eine Kandidatin in der TV-Show "RuPaul's Drag Race" steht Angelina Jolie in nichts nach - doch sie sind alle Männer. In der US-Fernsehshow kämpfen sie um den Titel "Next Drag Superstar". Jetzt soll die Dragqueen-Show auch nach Deutschland kommen.

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Moderator RuPaul beschreibt seine Reality-Show so: "Um die Show zu gewinnen, müssen die Kandidaten Modedesigner, 'American Idol' und 'Topmodel' zusammen sein." In "RuPaul's Drag Race" gibt es viele Herausforderungen für die Kandidaten: schauspielern, das Publikum zum Lachen bringen und Kleider aus Materialien wie Haaren und Geldscheinen schneidern. "Es geht um eine Show, in der wir Drama, Comedy, Kunst und Aufklärung haben", sagt Tac Romey, Geschäftsführer der Produktionsfirma Phantomfilm, die sich die deutschen Rechte an der Show gesichert hat.

Mit knallharten Aufgaben soll dem Publikum die Thematik "Drag" nähergebracht werden. Nach und nach fliegen dabei Kandidatinnen aus der Show, in der man in einer Woche einen Film-Trailer dreht und in der anderen einen durchtrainierten Sportler in eine feminine Frau verwandeln soll - man muss sich also auf jedem Themengebiet der Unterhaltung beweisen. "Entertainment steht bei uns an erster Stelle", sagt Romey.

Das wichtigste Element einer Reality-Show sind jedoch nicht die Aufgaben, sagt Dirk Engel, Trendforscher und Dozent an der Akademie für Marketing-Kommunikation in Frankfurt: "Der Wettbewerb ist nur der äußere Anlass, das Interessante sind die echten, ungekünstelten Menschen und wie sie mit der Herausforderung umgehen. Solange der Alltag übersteigert in gewisser Art widergespiegelt wird, ist das interessant."

"Es kommt immer auf die Hauptdarsteller an"

Engel denkt nicht, dass sich die Show an eine Randgruppe richtet. Das Wichtige an Reality-TV sei es, authentisch und nachvollziehbar zu bleiben - trotz der Ausnahmesituation, in der sich die Kandidaten befinden. "Bei 'Germany's next Topmodel' funktioniert das, im Dschungel funktioniert das. Ich könnte mir vorstellen, dass das auch bei Dragqueens funktioniert", so Engel. Das habe einfach etwas Exotisches.

Die von Dirk Engel beschriebene Authentizität komme bei den Charakteren von "RuPaul's Drag Race" ganz automatisch, denn "Dragqueens haben einfach Geschichten zu erzählen", behauptet Romey. In der Tat gibt es im US-Original der Show viel - natürlich auch von den Produzenten provoziertes - Drama. "Das sind einfach sehr starke Persönlichkeiten, so etwas sieht man sich gerne an", so der Phantomfilm-Geschäftsführer.

Wer macht die Show?

Ein potenzielles Problem hat "RuPaul's Drag Race Germany" auf jeden Fall: die Moderation. In den USA gibt es RuPaul, neben Dame Edna die wohl berühmteste Dragqueen der Welt. Als Mann geht er freundlich und hilfsbereit mit den Kandidaten um, als Drag-Persona ist er kritisch und ernst. Wer könnte das in einer deutschen Version der Show übernehmen?

Als erstes denkt man selbstverständlich an Olivia Jones. Das mehr als zwei Meter große Showgirl ist unterhaltsam, in Deutschland beliebt und hat Erfahrung mit Dragqueen-Wettbewerben. Sie selbst gewann 1997 in Miami den Titel "Miss Drag Queen of the World". Doch hat sie die Klasse einer RuPaul? Die Berliner Dragqueen und Partyveranstalterin Nina Queer bezeichnete Jones 2013 im Interview mit Radio Energy überspitzt als "bunt angemalte[n] Mann ohne jegliche Feminität".

Tatsächlich sieht man Jones im Gegensatz zum Großteil der Kandidatinnen etwas offensichtlich den Mann an. Und auch RuPauls Weiblichkeit erreicht sie kaum. Auf der Facebook-Seite des deutschen Formats wünschen sich Fans Georg Preuße, alias Mary Morgan - einen Travestiekünstler, der die Kunstform in den 80er- und 90er-Jahren mainstreamfähig machte.

Sender mit passender Zielgruppe gesucht

Die Geschäftsführer der Produktions-Firma Phantomfilm, Tac Romey und Rob von van Binsbergen, sind eigenen Aussagen nach mit mehreren Sendern im Gespräch. Sie sind zuversichtlich, einen davon zu überzeugen, das Experiment zu wagen. Laut Dirk Engel wäre die Show bei einem Sender mit jungem Publikum wie RTL II oder ProSieben am besten aufgehoben.

Laut Romey ist die Zeit in Deutschland auf jeden Fall reif für Dragqueens. "Dazu hat auch Olivia Jones beigetragen. Dabei ist sie nur ein einziger Aspekt dieser Kunstform", sagt Romey. Seiner Meinung nach gehören Dragqueens längst zur Popkultur. Ob das für eine erfolgreiche TV-Show ausreicht, wird sich bald zeigen.

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