"Der war abrufbar!" Wenn Andreas so über sein bestes Stück spricht, dann meint er die Zeit vor seinem Bandscheibenvorfall. Jetzt liegt seine Standfestigkeit bei 50 Prozent, wie er sagt. Eine Belastung für ihn und seine Beziehung. Höchste Zeit also für Sexologin Ann-Marlene Henning und "Make Love – Liebe machen kann man lernen". Denn ein bisschen was geht immer.

Mehr News über TV-Shows

Es wurde viel geredet über "Make Love". Das ist auf der einen Seite nicht verwunderlich, denn Sendungen wie diese haben Seltenheitswert im deutschen Fernsehen. Nicht nur inhaltlich. Über Probleme wie Leistungsstress im Bett, Lustlosigkeit oder Erektionsprobleme informiert man sich wohl eher heimlich im Internet als im Fernsehen.

Dass "Make Love – Liebe machen kann man lernen" etwas Besonderes ist, liegt aber vor allem daran, wie die ganze Sache angegangen wurde. Nämlich höchst seriös, behutsam und gleichzeitig humorvoll. Einen großen Anteil hat dabei Sexologin Ann-Marlene Henning. Ebenso fachkundig wie unverkrampft begleitet sie immer ein Paar durch die Sendung und strickt um dessen konkretes Problem reichlich Zusatzinformationen.

Volkskrankheit sexuelle Funktionsstörung

Verwunderlich ist hingegen, wie über "Make Love" berichtet wurde. Da konnte so manchem Journalisten das Niveau seiner Wortwahl gar nicht niedrig genug sein. Vom "Popo-Sex-Unterricht im ZDF!" schrieb die Bild-Zeitung über die Dokumentation wie ein aufgeregter Teenager und ihr Chefredakteur brach das seriöse Ansinnen der Sendung auf Fünftklässler-Niveau herunter. Unter dem Hashtag #fickenlernenimzdf konnte Kai Diekmann beim Kurznachrichtendienst Twitter gar nicht oft genug nach Aufmerksamkeit rufen.

Will man dem ganzen Gerede - und dabei selbst dem ordinärsten Beitrag - etwas Positives abgewinnen, dann die Tatsache, dass es leichter fällt über etwas zu sprechen, wenn alle es tun - oder zumindest viele. Und dass es gerade beim Thema Sexualität noch Gesprächsbedarf gibt, zeigt die gestrige Folge. Thema dort waren sexuelle Funktionsstörungen, wenn es untenrum also nicht mehr so läuft, wie man es mal gewohnt war.

Was sich nach platten Viagra-Witzen anhört, ist für die Betroffenen gar nicht lustig. Denn wenn es mit dem Liebesleben nicht mehr so klappt, leidet oft auch die Beziehung. Und: Sexuelle Funktionsstörungen sind inzwischen eine regelrechte Volkskrankheit. Jede dritte Frau und jeder dritte Mann sind davon betroffen. Doch was tun, wenn die Standfestigkeit im entscheidenden Moment versagt?

Liebe nach Stoppuhr

Diese Frage haben sich auch Andreas und Beate aus Hamburg gestellt. Nach einem Bandscheibenvorfall und anschließender Behandlung war Andreas teilweise gelähmt und versucht seitdem, sich wieder ein Stück Normalität zurück zu erkämpfen. Und zu Normalität in einer Beziehung gehört eben auch Sex. Doch genau hier liegt das Problem, denn unter dem Bandscheibenvorfall hat auch Andreas' Erektionsfähigkeit gelitten. Bei etwa 50 Prozent ordnet er selbst sie ein.

Für die Beziehung ist das eine Belastung, denn Sex funktioniert nur noch mit Medikamenten und muss vor allem genau geplant werden. Spontaneität Fehlanzeige. Kein Wunder, dass bei Sex nach Stoppuhr irgendwann die Lust sinkt und der Frust steigt. Doch soll es das tatsächlich gewesen sein für Andreas und Beate?

Ein bisschen was geht immer

Nein, meint Sexologin Henning und macht sich mit dem Paar auf die Suche nach Alternativen. Denn wenn es so nicht mehr klappt, dann muss es eben anders gehen und da gibt es eine Menge Möglichkeiten. Glaubte man bis Anfang der 1990er Jahre noch, dass Erektionsprobleme vor allem Kopfsache sind, weiß man inzwischen, dass viel häufiger körperliche Ursachen das Problem sind.

Und die geht Henning in ihrer gewohnt einfühlsamen und unkomplizierten Art an. Stichwort Beckenbodenmuskulatur. Über die Details sei an dieser Stelle nur erwähnt, dass es sowohl für Mann als auch für Frau Übungen gibt, die nicht nur gesundheits-, sondern auch lustfördernd sind. So kann durch gezieltes Beckenbodentraining die Erektionsfähigkeit um 80 Prozent gesteigert werden, bei Pillen, so Henning, liege der Wert nur bei 74 Prozent.

Kurzum, es gibt viel zu lernen, auch und gerade bei einem Thema, bei dem die meisten glauben dürften, schon alles zu wissen. Gut also, dass wir darüber geredet haben. Dann kann sich ja jetzt auch Herr Diekmann wieder beruhigen. #niveaulernen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.