In "Ich liebe einen Promi" auf RTL II müssen die Kandidaten ihre Freunde und Verwandten zwei Tage lang überzeugen, dass sie einen Star lieben, während der versucht sie immer wieder zu blamieren. Wem das bekannt vorkommt, liegt vollkommen richtig. Christian Ulmen terrorisierte bereits als "Mein neuer Freund" ähnlich gnadenlos seine Mitmenschen.

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Christian ist wohl das, was man im Kosmos von RTL II einen Frauenheld nennt. Gutaussehend, Fitnessstudiodauergast, großspurig und von sich selbst überzeugt, aber trotzdem ein sympathischer Typ. Er sitzt in einer Bar, ihm gegenüber sein bester Freund.

In wenigen Augenblicken soll durch die Tür eine Prominente schreiten, die er in den nächsten zwei Tagen als seine neue Partnerin ausgeben wird. Gelingt ihm das, ohne aus seiner Rolle zu fallen, gewinnt er 10.000 Euro. So das Konzept der neuen Show "Ich liebe einen Promi" von RTL II.

Als der "Star" das Lokal betritt, gibt sich Christian erst einmal alle Mühe, nicht selbst die Fassung verlieren. Es ist natürlich nicht einfach eine schöne Frau, sondern ein Mann: Ex-Dschungelcamper Julian F.M. Stoeckel.

Der tippelt zu seinem Opfer, Küsschen rechts, Küsschen links. Christian hat sich wieder gefangen, legt den Arm um seinen Promi. Ganz im Gegensatz zu seinem besten Freund, der mit erstarrtem Grinsen von einem zum anderen schaut. "Du verarschst mich doch", sagt er.

Promi-Neuauflage von "Mein neuer Freund"

Wem dieses Konzept bekannt vorkommt, liegt richtig. 2005 schlüpfte Christian Ulmen in "Mein neuer Freund" in verschiedene Rollen, um seinen Opfern den letzten Nerv zu rauben. Die waren nach spätestens 48 Stunden seelische Wracks.

Kein Wunder, Ulmens Charaktere loteten gekonnt vor allem Abgründe aus. In einer Rolle schlug er den Eltern seines Opfers vor, sich an seiner Telefonsex-Hotline zu beteiligen. Eine der Protagonistinnen: ihre Tochter, die ihnen ihre neuen Fertigkeiten gleich noch im Restaurant vorführen musste.

Als adliger Schnösel Alexander von Elch bewarf er die Freunde von Kandidatin Franziska immer wieder mit Geldscheinen, wenn sie ihm nicht zu Willen waren.

Das war insofern progressiv, als das "Mein neuer Freund" sich als Versteckte-Kamera-Format ohne die übliche Haudrauf-Comedy inszenierte. Stattdessen stolperte der Zuschauer von einem Fremdschäm-Moment zum nächsten. Eine Fernsehshow, die am besten war, wenn sie beim Zuschauen weh tat. Entsprechend mäßig waren die Quoten.

Sendeplatz am späten Montagabend

Mit "Ich liebe einen Promi" kehrt diese Idee nach zwölf Jahren zurück ins deutsche Fernsehen. Der Mann dahinter ist immer noch Christian Ulmen. Beziehungsweise seine Produktionsgesellschaft Ulmen TV. Viele Hoffnungen scheint RTL II aber nicht in "Ich liebe einen Promi" zu setzen.

Es versendet das Format, in dem in weiteren Folgen noch Jenny Elvers, Micaela Schäfer, Walter Freiwald und Claude-Oliver Rudolph aus dem Schreckenskabinett der C-Promis entlassen werden, am sehr späten Montagabend.

Das könnte natürlich daran liegen, dass "Mein neuer Freund" vor allem von Christian Ulmens Gnadenlosigkeit seinen Opfern gegenüber lebte. Ganz so grausam werden die Prominenten wahrscheinlich nicht sein.

Julian F. M. Stoeckel gibt sich in Folge eins aber zumindest alle Mühe, Christian Ulmen gerecht zu werden. Er steckt seinen Fake-Liebhaber in einen Ganzkörperschlafanzug, lässt ihn mit Clutch einen imaginären Laufsteg auf und abwandern und schleppt ihn in ein Tabledance-Etablissement, um an seinem "Schwulsein" zu arbeiten.

Das ist peinlich, weh tut es allerdings nicht. Dafür ist Kandidat Christian zu abgeklärt.

"Verabschiedet euch richtig, ihr seht euch ja nicht mehr"

Die Momente, in denen Ulmen gnadenlos weiter gestichelt hätte, lässt Stoeckel verstreichen. Etwa, als er der Ex-Freundin Christians erklärt, der finde den Sex mit ihm besser als mit ihr. Und ihr danach entlockt, dass sie immer noch in ihn verliebt ist und die Freundschaft jetzt mehr oder weniger beendet sei.

Oder das Zusammentreffen mit den Fußballkumpels, denen es erfreulicherweise vollkommen egal ist, dass ihr Teamkamerad jetzt schwul ist, es aber gar nicht lustig finden, dass Stoeckl mit seinem Christian nach Berlin ziehen will und ihm verbietet, weiter in ihrem Verein zu spielen.

Der habe Fußball eh nie gemocht, erklärt er den verdutzten Kumpels und ruft ihnen hinterher: "Verabschiedet euch richtig, ihr seht euch ja nicht mehr."

Stoeckel geht in seiner Rolle definitiv auf, sie bis ins Gnadenlose zu überziehen wie einst Ulmen traut er sich aber nicht. Vielleicht weil Julian F. M. Stoeckel selbst schon eine Kunstfigur ist. Trotzdem liegt "Ich liebe einen Promi" qualitativ weit über dem Senderschnitt aus "Frauentausch" und Promi-News.

Allein um zu sehen, wie die Fassade der Teilnehmer bröckelt, bis sie offenbaren, an was ihnen wirklich etwas liegt, ist die Sendezeit wert. Im Fall von Christian aus Offenbach sind es die Ex-Freundin und Fußball. Sehen wird das angesichts des bescheidenen Sendeplatzes kaum jemand. Aber zumindest in dieser Hinsicht ist "Ich liebe einen Promi" wieder ganz nah am Original.


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