Ein Nackt-Shooting gehört bei "Germany's next Topmodel" zur Gaga-Grundausstattung. Doch in Folge vier zeigt sich Heidi Klum innovationsfreudig und macht daraus einen Nackt-Walk. Das ist zwar genauso dusselig, am Ende entscheidet aber nicht die Nackt-Performance über das Schicksal einer Kandidatin, sondern ein einfaches Missverständnis.
Kennen Sie das Gefühl, wenn irgendetwas passiert und Sie sich denken: "Mensch, das hätte jetzt echt nicht sein müssen"? Zum Beispiel die letzte Bemerkung einer Kollegin bei einem Streit. Oder der Hundehaufen auf dem Weg zum Vorstellungsgespräch, den Sie einfach nicht gesehen haben. Oder natürlich der Klassiker mit dem Toast und der Butterseite.
Nun ist es nicht so, dass es bei "Germany's next Topmodel" zu viele Dinge gibt, bei denen man denkt: Ach, das musste jetzt sein. Models dürfte man zum Beispiel auch finden ohne, dass die sich von Kränen abseilen, als Schachfiguren verkleidet durch die Gegend hüpfen oder als Meerjungfrauen Unterwasser-Shootings machen. Wahrscheinlich ist das sogar eher unüblich.
Nein,
Die Model-Azubis sollen in die Rolle einer "Fashion-Diva" schlüpfen, was auch immer das sein soll – die mit Einkaufstüten und Hunden aus dem Adlon läuft. Aber nicht einfach so, sondern auf Rollschuhen – warum auch immer.
Eine Fashion-Diva läuft nicht, sie rollt – oder doch nicht?
Die Frage mit der "Fashion-Diva" konnte nicht so recht geklärt werden, aber immerhin die Frage nach dem Warum: Weil es mit Sicherheit Kandidatinnen gibt, die noch niemals in ihrem Leben einen Rollschuh angezogen haben, wie Liliana wenig überraschend bestätigt: "Ich hab' niemals in meinen Leben einen Rollschuh angezogen."
Ein Rollschuh steht hier also nur stellvertretend für Dinge, bei denen manche Damen mit Sicherheit eine schlechte Figur machen werden. Aber halt! Soll GNTM die Mädchen nicht auf ihre Arbeit als Model vorbereiten, wie die Klum gerne betont? Es kann ja gut sein, dass die Damen mal bei einem Shooting Rollschuhfahren müssen.
Das ist natürlich die perfekte Ausrede, die Kandidatinnen alles machen zu lassen, was einem in den Sinn kommt, schließlich kann in dieser ach so verrückten Model-Welt ja alles passieren. Wer weiß, vielleicht müssen die Kandidatinnen ja das nächste Mal auf einem Käselaib durch ein Nutella-Glas reiten, falls das mal bei einem echten Shooting verlangt werden sollte.
Dann sind sie mit Sicherheit froh, das schon mal gemacht zu haben. Vor der Sache mit dem Nutella-Glas müssen die jungen Damen aber erst einmal Rollschuhfahren lernen, was im Nachhinein wieder die Frage nach dem Sinn aufwirft.
Denn vor dem Adlon können die Models dann mit den Rollschuhen überhaupt nicht rollen, sondern nur über einen Teppich laufen. Oder wie es Yasmin erklärt: "Auch wenn man rutschen will – kann man nicht."
GNTM: Gleiches Recht für alle?
Also wird eben nicht gerollt, Anlass zu Kritik findet die Klum dennoch, wie Mareike lernen muss. "Ich finde, Mareike könnte ein bisschen mehr Spaß haben", erklärt die Klum beim Fotoshooting. Ja, Spaß ist ein launischer Geselle. Man hat ihn eben nur, wenn man Spaß hat.
Das stellen die Mädchen auch beim zweiten Programmpunkt der Folge fest, der ebenfalls unter dem Motto "Mensch, das hätte jetzt echt nicht sein müssen" steht. Heidi Klum kann nämlich auch in dieser Staffel nicht von ihrem Faible lassen, dass sich ihre Schutzbefohlenen ausziehen wollen müssen.
"Dieses Jahr gibt es einen Nackt-Walk", berichtet die Klum von ihrem Ideenreichtum und wird dann sogar noch eine Spur pfiffiger. Dass Klum und Fotografin
Klum hätte allerdings auch sagen können: "Und natürlich gilt: Gleiches Recht für alle - also bleiben wir eben alle angezogen. Die Nummer mit dem Nackt-Walk ergibt ja aus Modelausbildungszwecken sowieso keinen Sinn, sondern dient nur der Fernsehunterhaltung. Ich dachte immer, die Zuschauer finden es superlustig, wenn ihr anfangt zu heulen, nur weil ihr euch vor einem Millionenpublikum ausziehen sollt. Aber lassen wir das lieber. War 'ne dumme Idee. Sorry."
Hat sie aber nicht.
Will Mareike wirklich Germany's next Topmodel werden?
Und so folgt, was immer bei den von Klum erwünschten Nackedeiereien folgt: Einige Damen haben überhaupt kein Problem damit, andere aber schon. Wie zum Beispiel Amira, Ana und Soulin. Die Gründe sind verschieden, das Unbehagen nicht.
Doch zwischen all den Tränen und Brustwarzenbedeckungsaufklebern verschafft sich Mira kurz Gehör. Sie sieht bei einer Fortführung ihrer Modelausbildungstätigkeit eine Gefahr für ihre mentale Gesundheit: "Ich habe gemerkt, dass mir das nicht so gut tut hier zu sein", erklärt Mira und haut in den Sack.
Die Klum nimmt's zur Kenntnis und ist dann bereit für ihren Nackt-Walk, für den sie sogar noch einen Grund aus dem Hut zaubert: "Ich möchte einfach mal sehen, wie wohl ihr euch in eurer Haut fühlt." Gut, sie hätte auch einfach fragen können, aber hat sich eben für diese Lösung entschieden.
Und selbstverständlich gibt es auch für den Hautwohlfühltest ein Motto, bei dessen Vorstellung man aber nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll: "Heute werden meine Mädchen als Femme fatale laufen und das wohl weiblichste aller Outfits tragen, nämlich gar nichts."
Wie auch immer man sich entscheidet, die Damen laufen mit Aufklebern und Schaum bekleidet hin und her und stellen sich danach dem Urteil von Klum und von Unwerth. Hier hat die Klum bei Mareike Zweifel an deren Absichten: "Machst du das nur zum Spaß? Machst du das nur um mehr Instagram-Follower zu bekommen oder willst du wirklich Germany's next Topmodel werden?"
Mareike beteuert, reinen Model-Herzens zu sein, doch man hätte sich so sehr gewünscht, dass sie antwortet: "Gegenfrage, Klum: Machst du die Show nur, um Geld zu verdienen oder willst du wirklich Germany's next Topmodel finden?"
Anders die Situation bei Sarah. Als die junge Dame erfährt, dass ihr Fotoshooting wohl nicht so überzeugend war, ist sie völlig überrascht. Offenbar hat sie die dortigen Aussagen von Unwerths wie "ja, schön, ja, supersüß" irgendwie missinterpretiert und gedacht, von Unwerth meine damit "ja, schön, ja, supersüß".
Offenbar ist Modeln und Modelbeurteilen keine exakte Wissenschaft. Das weiß jetzt auch Sarah und darf mit diesem Wissenszuwachs im Gepäck die Heimreise antreten.
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