16 Staffeln lang rettet Frank Rosin schon Restaurants, dazu kommen noch viele weitere Restaurant-Besuche in anderen Shows. Da kann es natürlich passieren, dass man sich nicht mehr an jeden Koch erinnert, der einem dabei über den Weg gelaufen ist. Genau das passiert Rosin in der neuesten Ausgabe von "Rosins Restaurants" am Donnerstagabend. Doch diesmal sind die Rahmenbedingungen ganz andere.
Berlin mag arm, aber sexy sein, vor allem aber ist Berlin eine Stadt, in der man nicht zwingend eine eigene Küche braucht. Denn die Hauptstadt hat mit ihren vielen Bars, Restaurants, Kneipen, Cafés und Gaststätten ein ebenso zahlreiches wie abwechslungsreiches Angebot für alle, die lieber auswärts essen möchten.
Was für die Gäste gut ist, ist für die Gastronomen der Stadt eine große Herausforderung, man könnte auch Wettbewerb sagen. Davon kann Michael Füssel ein Liedchen singen. Der gelernte Koch betreibt im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg das Restaurant "Linas" und weil die Fixkosten die Einnahmen übersteigen, sagt Füssel über seine finanzielle Lage: "Wenn man’s in einem Wort zusammenfassen würde, wie die Situation ist, muss man wortwörtlich sagen, Entschuldigung für den Ausdruck: scheiße."
Frank Rosin: "Jetzt dämmert es so langsam"
Aber wenn sich jemand mit "Scheißsituationen" auskennt, dann ist das
Der möchte, doch als er das "Linas" betritt, begrüßt ihn Koch Michael mit einem "Wir kennen uns aber schon mal." Rosin ist irritiert und so klärt ihn Füssel auf. 2009/2010 sei Rosin schon einmal hier gewesen, doch damals habe alles anders ausgesehen und das "Linas" noch den Namen "Knofel – das Knoblauch-Restaurant" getragen. "Jetzt dämmert es so langsam", fängt Rosin an, sich zu erinnern. Vor ungefähr zehn Jahren habe er dort einmal "Das Fast Food Duell" gedreht.
Leider ging die Nachfrage während der Corona-Pandemie so stark zurück, dass Füssel das "Knofel" schließen musste. Mit dem rundum und frisch erneuerten "Linas" will der Koch nun ein breiteres Publikum ansprechen. Statt Knoblauchspezialitäten gibt es jetzt deutsche Küche "mit einem leichten österreichischen Flair." Doch auch das scheint nicht so anzukommen, wie sich Füssel und seine Frau Diana das wünschen.
Mit Alu-Schwan in die Krise
"Ihr müsst davon ausgehen, dass ihr auf jeden Fall viele Fehler macht. Es ist so: Wenn etwas nicht läuft, muss man die Fehler nicht bei den anderen suchen, sondern bei sich selbst. Der Kunde macht ja keinen Fehler, weil er nicht kommt. Er spürt kein Signal, keinen Grund, hierhin zu kommen", gibt Rosin einen generellen Hinweis und begibt sich dann auf die Detailsuche nach der Signalstörung.
Fündig wird er bei einem Rundgang bei vielen Kleinigkeiten, aber auch bei größeren Problemen. Er erkennt im Interieur viel Liebe, aber keine kulinarische Identität. Viele kleine Dinge wie Trockenblumen oder alte Waffeln am Eisstand vermittelten eine gewisse "Lethargie" ebenso wie die unambitioniert gestaltete Speisekarte. Alles Dinge, die man mit wenig Aufwand beheben kann, eine größere "Baustelle" ist hingegen Inhaber Michael.
Doch nicht etwa, weil er grundsätzlich sein Handwerk nicht beherrsche, sondern weil es an kulinarischem "Sexappeal" fehle und wie sich später herausstellt: auch am nötigen Selbstbewusstsein. Alles zusammen liefert Rosin Hinweise, warum die Kundschaft ausbleibt, die letzte Gewissheit aber bringt das Testessen, das Rosin diesmal heimlich und vorab angesetzt hatte.
Das Ergebnis: "schluderiges" Auftreten des Service, eine "unübersichtliche" Speisekarte, kein "Wohlfühlambiente", verbranntes Essen oder eine unmoderne Anrichteweise, lauten die Kritikpunkte. "Der Alu-Schwan ist für mich die Versinnbildlichung von kreativem Notstand", so Rosins Urteil.
Frank Rosin arbeitet am Selbstbewusstsein
Ein Urteil, das die Belegschaft hart trifft. Aber Rosin ist nicht nur zum Kritisieren da, sondern um die Kritik in einen Erfolg zu verwandeln und der Sternekoch freut sich, dass das Team mitzieht: "Sie lassen sich einfach darauf ein, sich über diese Form der Kritik zu unterhalten, sich damit auseinanderzusetzen. Das ist stark." Da hat Rosin in der Tat schon härteren Widerstand erlebt und so kann er sein obligatorisches Rettungsprogramm beginnen.
Das besteht aus den bekannten Phasen Umgestaltung des Gastraums, Schulung des Services, Kochschule für mehr Kreativität und vor allem mentale Wiederaufbauarbeit: "Was mich wirklich erschüttert hat, ist, dass Michael vor mir zugegeben hat, dass er es eigentlich nicht wert ist, Küchenmeister zu sein", erkennt Rosin hier die Not und will Michaels Leidenschaft neu entfachen.
Und auch, wenn die Restaurant-Rettungen bei "Rosins Restaurants" zwar individuell, aber doch immer nach demselben Schema ablaufen, bleibt eines immer offen: ob die Rettung gelingt – oder zumindest bis zum Ende durchgezogen wird. Den zweiten Fall kann man nach den knapp zwei Stunden "Rosins Restaurants" am Donnerstagabend definitiv mit einem "Ja" beantworten. Und auch die Gäste sind nach einem erneuten Testessen wesentlich zufriedener. Es gibt im "Linas" also berechtigte Hoffnung, dass Frank Rosin Michael Füssel nicht ein drittes Mal über den Weg laufen muss.
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