Jeder wird mit dem Stress vor der Kamera anders fertig bei "Bauer sucht Frau". Die einen können die Finger nicht voneinander lassen, die anderen stieren minutenlang Kaffeemaschinen an. Peinlich ist das seltsamerweise keinem von ihnen.
Die richtige Musik ist essenziell für einen Film. "Der weiße Hai" wäre nur ein Stück Plastik, das durchs Meer treibt, "Star Wars" bestünde aus nicht viel mehr als lustigen Männchen, die schwerfällig durch Masken atmen. Und "Bauer sucht Frau" - ja, "Bauer sucht Frau" wäre nur eine 60-minütige Show, in der Zwangspärchen peinlich berührt in der Gegend herumstehen.
Nehmen wir zum Beispiel Gunther und Jenny. In der dritten Folge backen sie zusammen Pizza. Natürlich in Herzform. Sie schauen sich für einen flüchtigen Augenblick an. Das Bild erstarrt. Und eine Schnulze der "Spice Girls" setzt ein. So wird aus einem Sekundenbruchteil ein scheinbar ewiger Moment. Schon ist sie da, die vollkommene Fernsehromantik. Wobei dies noch die freundlichste Art und Weise ist, mit der die Redakteure der Show mit ihren Protagonisten umgehen.
Ratlos, aber possierlich
Bauer Rolf etwa grinst seit Folge eins treudoof im Vorspann. Pech nur, dass er gar nicht mehr dabei ist. In der ersten Episode flog er raus, weil seine erste Wahl ihn nicht wollte – und die andere nicht die zweite Wahl sein wollte. Eine Premiere für die Kuppelshow. Und damit das auch ja keiner vergisst, bleibt Rolf treudoof grinsend im Vorspann. Das ist wahrscheinlich das kleinere Übel, denn RTL hat sein Horrorpaar für diese Staffel schon gefunden: Heike und Rolf. Die beiden wirken beständig so, als seien sie dauerbesoffen oder unter Drogen gesetzt worden. Nicht nur die Fernsehshow, auch ein wenig das Leben zieht an ihnen vorbei, so scheint es.
Oder wie käme man sonst auf die Idee, minutenlang eine Kaffeemaschine anzustieren und sich zu fragen, warum da nicht dieser lustige braune Saft rauskommt? Als wäre das nicht peinlich genug, kommentiert Inka Bause in erstaunten Tierdoku-Stimme: "Voller Spannung beobachtet der Schäfer die kuriose Kaffeemaschine. Ratlos stehen sie der modernen Technik gegenüber." Wirklich possierlich, diese Bauern. Als die beiden endlich merken, dass fehlendes Wasser der Grund für das Nichtfunktionieren der Kaffeemaschine ist, ertönt triumphierend die Titelmelodie aus "Star Trek".
Sitzen statt putzen
Aus ihrer Lethargie kann das die beiden nicht reißen. Generell wirkt Folge drei der Bauernkuppelei wie ein Ausflug der Narkoleptiker. Der bayerische daueruntertitelte Landwirt Markus sitzt wie ein verlorenes Michelinmännchen auf der Wiese und dreht einen Grashalm zwischen den Fingern. Die Frage, ob er denn im Haushalt mithilft, hatte ihm schon kurz zuvor jeden Ansatz einer Regung aus dem Gesicht gefegt. Nun erklärt ihm auch noch seine Hofromanze Christina, dass ihr seine Wohnung einfach zu dreckig sei und sie jetzt nach Hause fährt. Er sagt nur: "Schade, dass man da nichts mehr drehen kann." Und bleibt sitzen statt zu putzen.
In "Bauer sucht Frau" hat aber jeder sein Päckchen zu tragen. Bei den einen sind es die RTL-Redakteure, die einem zusetzen, bei den anderen die Eltern der Bauern. Die Mutter von Hühnerwirt Ralf ist so aus dem Häuschen ob der Tatsache, dass der Sohn endlich eine Frau mit nach Hause bringt, sie erklärt der Glücklichen sogleich, wie toll, super und dufte sie sie fände und dass sie nie wieder weggehen dürfe. Und das nur nur, weil sie einen schnöden Pfannkuchen zubereiten kann. Vater Hühnerwirt ist noch erregter. Er klappt quietschend die Sonnenblenden seiner Brille hoch und sagt seinem sich dem Herzinfarkt nähernden Sohn: "Das ist die erste Verliebtheit, das kennst du noch nicht." Ralf ist überzeugt und will "notfalls" mit ihr "auch alt werden".
Dem einzigen Paar, dem wohl alles vollkommen egal ist, sind die dauerspitzen Senioren Karlheinz und Louise. Selbst die albernen Turnübungen auf einer Matte im Hof lässt der Bauer über sich ergehen und schürzt lüstern die Lippen. Ganz am Ende wird es bei den beiden so schaurig romantisch, wie es nur "Bauer sucht Frau" kann. Hand in Hand reiten Karlheinz und Louise durchs Kornfeld. Langsam schwillt der Soundtrack von "Winnetou" an. Und Karlheinz sagt: "Das ist ein Gefühl, das war schon ganz lange nicht mehr da." Hoffen wir, dass es auch so schnell nicht wieder kommt.
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