Was die USA können, kann RTL schon lange: Während jenseits des Atlantiks Joe Biden zum neuen US-Präsidenten ernannt wird, gönnt sich der Kölner Sender ebenfalls eine Amtseinführung. Mit anderen Worten: "Der Bachelor" ist wieder da. Und RTL hat die passenden Frauen mitgebracht. So oder so.

Christian Vock
Eine Kritik
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"Du bist mein Zuhause. Du bist mein Lieblingsgedanke. Möchtest du diese allerletzte Rose annehmen?" Wenn Sie diesen Satz in der jüngeren Vergangenheit gehört haben, dann haben Sie entweder einen sehr serviceorientierten Floristen oder aber Sie sind die neue "Bachelor"-Gewinnerin. Wir gehen einmal davon aus, dass beides nicht zutrifft, aber selbst wenn doch, so verrät RTL in seiner "Bachelor"-Startfolge zwar noch nicht, wen sich der neue Junggeselle ausgesucht hat - aber immerhin, mit welchem Spruch.

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Und damit wären wir auch schon mittendrin, denn so schlimm die Zeiten auch sein mögen, man kann sich darauf verlassen, dass RTL diese mit irgendeinem Trash-TV-Format begleitet. Mit anderen Worten: "Der Bachelor" ist wieder da. Und mit "da" ist diesmal tatsächlich "vor Ort" gemeint, denn wie bei so vielen anderen Shows auch, musste RTL bei der neuen "Bachelor"-Staffel Bonusmeilen Bonusmeilen sein lassen und in Deutschland drehen.

Das ist deshalb interessant, weil RTL mit seinen "Bachelor"-Formaten bisher immer eine perfekte Welt inszeniert hatte und es diese perfekte Welt offenbar nur in Mexiko oder Miami geben kann und keinesfalls in Münster oder Melsungen. Wo sonst der "Bachelor" die Damen in Karibik und Co. um den Verstand bringen soll, heißt es nun also Balzen in Bottrop und Verführen in Vechta.

Klingt schon nur noch halb so sexy und so kann sich offenbar selbst RTL die Lage nicht mehr schönschneiden und greift deshalb zu einem Mittel, das man beim "Bachelor" nur vom Hörensagen kennt: Selbstironie. Statt zum Einstieg die Bachelor-Bauchmuskeln wieder einmal in Zeitlupe in der mexikanischen Sonne schimmern zu lassen, sieht man diesmal den neuen Bachelor irgendwo in der Heide an einer Bushaltestelle warten, während ein Linienbus mit mexikanischen Trompetern an ihm vorbeifährt.

"Der Bachelor": Niko Griesert heißt er. Kommt aus Osnabrück.

Egal, wie niedrigschwellig der eigene Humor auch sein mag, das wird tatsächlich der lustigste Moment des Staffelauftakts gewesen sein, zumindest der freiwillig lustigste. Denn natürlich kann RTL den Bachelor in der Deutschland-Edition nicht einfach zwischen Einbauküche und Wohnlandschaft stellen, sondern muss auch hier der Perfektion huldigen.

Also holt kurz darauf ein Helikopter unseren Bachelor ab, um mit ihm zu hipperen Orten zu fliegen. Zum Beispiel nach Berlin, denn "Berlin ist die Hauptstadt und es passt für Deutschland, dass wir hier den Start für alles machen", erklärt der Bachelor.

Ach ja, der Bachelor! Niko Griesert ist sein Name, 30 Jahre alt ist er und er geht - so weit bekannt - im Gegensatz zu seinem Vorgänger PR-technisch unbelastet in die Show. Zumindest lastet auf ihm nicht der Vorwurf eines Schwanenhandgemenges. Stattdessen lesen sich seine Eckdaten eher gewöhnlich: Er mag Sport, Motorradfahren, Familie und Klavierspielen und sein Papa ist Oberbürgermeister von Osnabrück. Griesert ist IT-Projektmanager und vereint damit die bürgerliche Herkunft mit der digitalen Zukunft dieses Internets, von dem jetzt alle reden.

Das schlägt sich auch optisch nieder. Seine Frisur bewegt sich im Rahmen dessen, was man so in den Herrenfrisur-Heften findet, die beim Warten beim Frisör herumliegen und sein Outfit findet man im Otto-Katalog auf den Seiten zwischen "Junger Mode" und Herrenanzügen mit Wollanteil: ein grauer Hoodie unter einem camelfarbenen Kurzmantel. Wie man sich eben außerhalb der Großstadt urbane Mode so vorstellt.

Vorsichtig hip mit Osnabrück-Hintergrund – es scheint mit Niko Griesert also dem ersten Eindruck nach erst einmal alles okay zu sein. Aber was ist das? "Ich musste versuchen, ihr das zu erklären, was ich für ein Chaos bin. Ich habe Angst, dass ich dich nie wieder sehe", stammelt Griesert vorausblickend in Minute zwei und teasert damit schon einmal mögliche Komplikationen bei der Partnerschaftssturzgeburt im RTL-Kreißsaal an.

Kandidatin Maria kann Namen schmecken

Bis Griesert sein noch zu hinterlassendes Chaos erklären kann, ist es aber noch ein langer Weg und den, so suggeriert es die Vorschau, werden auch die Damen nicht ohne Sperenzien gehen. Auch in diesem Jahr hat RTL wieder eine illustre Reisegruppe zusammengestellt. Sie heißen Denise, Karina oder Vivien und begleiten beruflich Flüge, Nägel oder Kinder. Detailliertere Unterschiede wird der Bachelor ebenso wie der Zuschauer erst mit zunehmender Bildschirmpräsenz wahrnehmen.

Trotzdem klopft RTL bereits in der ersten Folge ein paar Eckpersönlichkeiten aus der Masse heraus. Zum Beispiel Stefanie Desiree, die in ihrer Freizeit gerne Chilis kaut ("die war crazyyy"), oder Maria, die Namen schmecken kann ("Niko schmeckt wirklich sehr lecker"). Das klingt doch schon einmal vielversprechend. Auch Grieserts Ersturteil fällt entsprechend aus: "Die Frauen sind ja verrückt. Aber mega sympathisch."

Und so werden die 17 Damen wie üblich in Zweiergrüppchen per Limousine zum Ort der Übergabe geliefert. Moment! 17? RTL hatte doch 22 Kandidatinnen versprochen und keine weniger! Doch kein Grund für den Bachelor, gleich die ganze Bestellung zu stornieren, denn Corona war's mal wieder. Fünf Kandidatinnen mussten nämlich kurzfristig noch eine Quarantäne-Ehrenrunde drehen, weil sie laut RTL Kontakt mit einer infizierten Person hatten und sagen nur per Video kurz Hallo.

Zwei Kandidatinnen müssen bereits nach Folge 1 gehen

Also vergewissert sich das zwangsreduzierte Personal beim Erstkontakt erst einmal nur zu achtzehnt, wie aufgeregt man doch sei. Danach haben die anderen Damen ausreichend Gelegenheit, sich gegenseitig unsympathisch zu finden. Oder wie es Kandidatin Mimi formuliert: "Irgendwann hab' ich mir gedacht: Jetzt langt's mal!" Au contraire, es fängt gerade erst an.

Zumindest für den Großteil der Damen. Denn auch, wenn Grieserts Ansprüche an seine Traumfrau eher pauschaler Natur sind ("Es muss zu mir passen."), konnten Stefanie Desiree und Vivien diese Hürde nicht überspringen. Für Stefanie Desiree kein Problem, denn der Bachelor "ist mehr so ein Boring-Typ". Und so entlässt Niko Griesert die beiden Damen bereits in Folge eins in die Berliner Nacht. Wenigstens hatten sie in diesem Jahr eine kurze Anreise.

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