Es geht um Liebe, Leidenschaft und Intrigen. Nein, die Rede ist nicht von einem Drama des Sturm und Drang, sondern von der TV-Show "Der Bachelor". RTL schickt seit Mittwoch wieder 22 bürgerliche Damen vor der Kulisse Südafrikas auf die Balz. Objekt der Begierde: Christian Tews alias "Der Bachelor". Mit dieser Inszenierung macht der Sender klassischen Werken Konkurrenz - zumindest, was die Motive und das Frauenbild betrifft.

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Prolog

Christian Tews – kurz Chris – ist eine klassische Besetzung für den RTL-Kavalier: sportlich, intelligent, charmant, attraktiv - und mit 33 Jahren noch keinem Weib versprochen. Höchste Zeit, den grünäugigen Pep-Guardiola-Doppelgänger zu verkuppeln. Dafür steht ein Harem mit insgesamt 22 heiratswilligen Damen parat. Unter stetigem Zurechtrücken des in feinsten Glamour-Zwirn gehüllten Busens kann die Buhlerei schließlich beginnen.

1. Akt: Die Brautschau

Auftritt "Der Bachelor": Wie in den Staffeln zuvor nimmt auch Christian Tews die Anwärterinnen vor der Villa in Empfang und präsentiert sich dabei als echter Rosenkavalier. Da wird sich nach dem werten Befinden erkundigt, werden Bussis verteilt oder Komplimente für schöne Augen gemacht und auch mal ein Jackett angeboten, wenn das schwache Geschlecht eine Gänsehaut bekommt. Nicht nur dem Zuschauer, auch dem "Bachelor" muss es so vorgekommen sein, als würde der Strom verzückter Damen niemals abreißen. Namen kann er sich kaum merken, dafür hinterlässt offenbar das eine oder andere Gesäß bleibenden Eindruck. Auch ein "Bachelor" ist eben nur ein Mann - und die biologische Mitgift muss natürlich in Augenschein genommen werden.

2. Akt: Die Balz

Doch nicht nur Chris, auch die Damen haben einen ersten Eindruck. Die Irritation über die Glatze ist groß. Doch nach dem ersten Glas Champagner scheinen sich alle wieder gewahr, was man Männern mit lichtem Haar nachsagt. Jessica hat sich nach der Begrüßung "schon verliebt", Nadesh wird Chris "umbringen", sollte er sie verschmähen, und Angelina kann sich mit dem "Bachelor" offenbar schon Nachwuchs vorstellen – denn mit ihren 21-Jahren muss sie sich diesbezüglich auch "ranhalten". Insgesamt legt der RTL-Harem also ein normales Verhalten an den Tag – zumindest für Frauenfiguren eines Dramas aus dem 18. Jahrhundert. Und gemäß der Dramaturgie nimmt die Missgunst unter den Kandidatinnen in der ersten "Nacht der Rosen" ihren Lauf, die Fläschchen mit Arsen für unliebsame Widersacherinnen scheinen schon befüllt.

3. Akt: Die Ersten werden verschmäht

Abgang "Der Bachelor". Natürlich kann Chris nicht alle 22 Damen ehelichen, weshalb noch am selben Abend die erste Auslese bevorsteht. Wie einst Mephisto zieht sich der Junggeselle auf die Kanzel zurück, um von oben herab über das Schicksal der Anwärterinnen zu entscheiden. Auch wenn es ihm zunächst schwerfällt, die Entscheidung ist am Ende ganz einfach: Keine Rose bekommen die sechs Damen, an die sich auch der Zuschauer nach einer Stunde nicht mehr erinnern kann (Kim? Lena? Saskia? Stefanie? Victoria? Yvonne?). Gedrückte Stimmung, Tränen - mit dieser Tragödie hat das Drama seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht.

Epilog

Der gesellschaftliche Dauerbrenner Liebe, verpackt in einfache Unterhaltung für jedermann – diesem Anspruch wird das Drama "Der Bachelor" gerecht. RTL hat aus dieser Sicht alles richtig gemacht: Nicht nur mit Christian Tews, auch mit einigen Damen ist dem Sender eine vortreffliche Besetzung gelungen. Von der trügerischen Sirene (Ela?) bis zur blütenreinen Iphigenie (Katja?) ist alles dabei. Doch so klischeebeladen und vorhersehbar "Der Bachelor" auch daherkommen mag: Irgendwie will man doch wissen, ob das Fläschchen Arsen noch zum Einsatz kommt.

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