Conchita Wurst, soweit das Auge reicht: Nach ihrem Sieg beim Eurovision Song Contest 2014 dreht sich fast alles um die bärtige Sängerin. Ob neues Album, großer Werbedeal oder Botschafter-Auftrag - Conchita ist stets dafür zu haben. Nun leiht die österreichische Dragqueen im Animationsfilm "Die Pinguine aus Madagascar" der kleinen Schneeeule Eva ihre Stimme.
Im Interview mit unserem Portal spricht
Conchita Wurst tauscht die große Bühne gegen ein kleines dunkles Studio-Kämmerchen. Wie kam es dazu, dass du im Film "Die Pinguine aus Madagascar" die Synchronrolle der Schneeeule Eva übernehmen durftest?
Conchita Wurst: Mein allererster Einsatz war in Wien in einem kleinen Tonstudio, in das ich zur Audition eingeladen war. Der Einsatz war sehr schön und das Interesse hat mich sehr gefreut. Allerdings musste das Ganze ja auch für beide Seiten stimmig sein - im wahrsten Sinne des Wortes. Ich habe ein wenig versucht und ein paar Textzeilen eingesprochen - bei mir herrschte totale Euphorie und glücklicherweise auch bei den Regisseuren. Einige Wochen später stand in dann in Berlin und habe diese Rolle eingesprochen. Es war wahnsinnig witzig und in vielerlei Hinsicht auch so, wie ich mir das vorgestellt habe: spannend und lehrreich.
Was magst du an deiner Rolle Eva besonders gern? Gibt es womöglich sogar Gemeinsamkeiten zwischen euch?
Ich finde zum einen, dass eine Schneeeule etwas ganz Elegantes ist. Außerdem mag ich, dass Eva ein bisschen arrogant ist, aber nie unsympathisch. Dass sie bestimmt ist, aber nicht herrisch. Ich würde behaupten, dass sie sehr in sich ruht. Das beeindruckt mich. So wäre ich gerne, das bin ich auch in vielen Situationen, aber oftmals eben auch nicht. Das sind die kleinen Parallelen bei denen ich mich freue, dass die Menschen sie sehen. Auch dieses Divenhafte und den Augenaufschlag, von dem ich nicht wusste, dass Eva und ich den gemeinsam haben. Ein witziges Detail, das mir erst aufgefallen ist, als ich es bei ihr gesehen habe, ist die Augenbrauen-Akrobatik, die ich auch stets einsetze. Ich mag es sehr, mit meinem Gesicht zu sprechen und nicht nur mit dem Mund. Das sind ganz viele Dinge, die mich mit der Figur verbinden und mich an ihr faszinieren.
Im Film sprichst du eine Schneeeule. Aber welches Tier wärst du gern, wenn du es dir aussuchen könntest?
Ich weiß nicht, ob ich zwingend eine Schneeeule wäre, denn ich habe Höhenangst. Ich glaube aber zu wissen, dass Vögel nicht mit Höhenangst geboren werden. Ich denke wohl, dass ich irgendwas Katzenartiges wäre - ob das jetzt eine Hauskatze ist oder ein Löwe, überlasse ich wem auch immer. Aber ich glaube, so was würde mir gefallen.
So richtig angefangen hat der Rummel um dich mit deinem Sieg beim ESC 2014. Hast du dieses Highlight eigentlich inzwischen verarbeitet?
Nein, ich habe es noch gar nicht verarbeitet und es fällt mir immer wieder in bestimmten Situationen ein, was da eigentlich passiert ist. Ich sehe Berichte oder schaue mir selbst die Show noch mal. Dann sage ich mir: Du hast den Eurovision Song Contest gewonnen - und das ist einfach unfassbar. Ich kenne die Show, ich habe sie immer mit meinen Eltern geschaut, und das Letzte, woran man denkt, ist, dass man selbst mal da oben auf der Bühne steht und das Ding gewinnt. Das ist so unfassbar. Ich habe viele Dinge, die danach passiert sind, viel realistischer wahrgenommen als diesen einen Moment.
Gibt es denn einen Moment von dem du sagst: "Das ist der schönste Moment, der mir passiert ist"?
Ja, solche Momente gibt es. Meine Großmutter war toll, als sie vor lauter Freudentränen nicht mit mir sprechen konnte. Aber ich glaube einer der innigsten Momente, die umgehend nach dem Sieg passiert sind - und da ist in kurzer Zeit wirklich wahnsinnig viel und schnell passiert - ist etwas, das mein Vater zu mir gesagt hat. Das klingt für Zuhörer vermutlich banal, aber es ist etwas ganz Besonderes für mich: "Du weißt ja gar nicht, wie viel Arbeit wir haben. Das Haus in knackevoll, seit Wochen." Meine Eltern haben ein eigenes kleines Hotel. Mich hat das so gefreut, weil meine Eltern mir diese Leidenschaft mitgegeben haben, eine Selbstaufgabe zu vollziehen für das, was man so liebt und an das man glaubt. Ich habe mich so gefreut, dass meine Eltern das miterleben durften. Das war wohl einer meiner schönsten Momente.
Neben den vielen schönen Momenten hat das Ganze ja aber sicherlich auch eine Schattenseite mit sich gebracht.
Es gibt definitiv eine Kehrseite. Ich habe mir bewusst ein Leben gewählt, das sowohl Privates als auch Öffentliches beinhaltet. Und ich finde es immer sehr schade, wenn Menschen das nicht respektieren. Vor allem, wenn ich ungeschminkt auf der Straße bin und einfach nur mit meinen Freunden Kaffee trinke oder meine Besorgungen mache. Ich habe kein Problem damit, wenn man mich anspricht und um ein Foto bittet. Aber wenn ich dann erkläre "Tut mir leid, aber ohne Make-up mache ich kein Foto" und dann Unverständnis kommt, finde ich das wahnsinnig unverschämt und ich verstehe das gar nicht. Das sind die Momente, in denen ich mich in meiner Freiheit eingeschränkt fühle.
Bringen wir in die Schattenseiten ein wenig Helligkeit: Mit "My Lights" hast du deinen Beitrag zur diesjährigen "Licht ins Dunkel"-Kampagne beigesteuert. Wie kam es zu diesem sozialen Engagement?
"Licht ins Dunkel" gibt es ja schon seit vielen Jahren in Österreich. Ich habe im vergangenen Jahr erstmals bewusst daran teilgenommen und mein Song war auf dieser Compilation. Ich habe auch zu Weihnachten am Spendentelefon gesessen. In dem Jahr gab es eben erstmals diesen Song "My Lights", den jedes Jahr ein anderer Künstler aus Österreich performt. Und ich habe schon damals gesagt: "Ich möchte nächstes Jahr drankommen" und habe das selbstbewusst wie ich bin eingefordert. Dann wurde darauf sehr glücklich zurückgegriffen (lacht).
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