Im Dezember wurde Robin Wolfinger zum Mister Germany gekürt. Der 21-Jährige entspricht aber so gar nicht dem Klischee des Schönheitskönigs: Er hat schon früh eine Ausbildung zum Erzieher gemacht und arbeitet in einem Heim für Jugendliche in Problemsituationen. In die Fußstapfen seines Vorgängers, Oliver Sanne, als "Bachelor" will er auf keinen Fall treten.
Robin, Du bist jetzt seit ziemlich genau zwei Monaten Mister Germany. Was kommt denn auf die Miss zu, die am Samstag zur Miss Germany gewählt wird zu? Was geht einem im Moment der Entscheidung durch den Kopf?
Robin Wolfinger: Ich kann mich noch gut an den Moment erinnern. So viel geht einem gar nicht durch den Kopf. Du stehst da auf der Bühne und obwohl es ein freudiger Moment ist, kannst du gar nicht damit umgehen. Das ist wie ein Tunnel, in dem du dann steckst. So geht es den ganzen Abend: Die ganze Zeit wird an dir gezerrt, jeder will ein Foto von dir machen. Das ist ziemlich stressig, aber ein angenehmer Stress. Man hat aber gar keine Möglichkeit, das richtig zu genießen.
Wann kommt man aus dem Tunnel wieder raus?
Der Abend ist so schnell vorbei mit Interviews, Fotos und so weiter. Ich hatte da am Ende gerade mal fünf Minuten Zeit, meine Sachen aus dem Backstagebereich zu holen. Und als ich zurückkam, war die Halle leer, die Lichter aus – und ich dachte mir: Das war jetzt dein Abend. Die nächsten Tage waren auch aufregend, der Presserummel war sehr groß und erst als sich das gelegt hat – etwa eine Woche später – hatte ich Zeit, mich so ein bisschen damit auseinanderzusetzen.
Gegenüber Schönheitskönigen und -königinnen gibt es ja viele Vorurteile – denen Du so gar nicht entsprichst. Du hast Dich schon sehr früh entschieden, dass Du eine Ausbildung zum Kindererzieher machen willst und hast die mit 16 Jahren parallel zum Abitur angefangen. Wie kam es dazu?
So eine grundsoziale Ader muss man mitbringen, um das überhaupt machen zu können. Die hatte ich schon immer. Ich habe das dann als Chance gesehen, weil ich eben das Abitur mit der staatlich anerkannten Ausbildung kombinieren konnte.
Du hast dann mit 19 schon die Ausbildung beendet – bist Du da gleich richtig in diesem Beruf angekommen?
Dadurch, dass ich mit 16 Jahren schon beschlossen und begonnen habe, Verantwortung für andere zu übernehmen, habe ich in der Hinsicht einen Vorsprung gegenüber anderen in meinem Alter. Ich habe mit 16 im Kindergarten angefangen, anschließend in der Grundschule weitergearbeitet und bin heute in der stationären Jugendhilfe. Anfangs muss man sich noch reinfinden, eine Vorbildfunktion für andere zu übernehmen. Mit 16 ist das natürlich ziemlich schwierig. Irgendwann wächst man aber in diese Funktion rein, so dass man wirklich in ihr angekommen ist und sie ausfüllen kann.
Du arbeitest in einem Heim für Problemkinder …
Umgangssprachlich nennt man sie "Problemkinder" oder "schwer erziehbare Kinder" - aber bei uns ist das ein No-Go-Wort, weil das ja zumindest andeutet, dass die Kinder das Problem sind. Ich gehe immer davon aus, dass sie nicht ohne Grund so sind, wie sie sind und selbst wenig dafür können. Das sind Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 16 und 21 Jahren, die aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht bei den Eltern wohnen können oder schon alleine gewohnt haben und auf die schiefe Bahn geraten sind. Ganz grundsätzlich sind das Menschen, die Probleme haben, ihren Alltag selbst zu organisieren. Im besten Falle kann ich sie so weit betreuen, dass wir nach ein paar Jahren sagen können, dass sie es geschafft haben und auf eigenen Beinen stehen können.
Dein Alter kann da ein Vor-, aber auch ein Nachteil sein. Wie reagieren Jugendliche, wenn ihnen jemand vorgesetzt wird, der nicht viel älter ist als sie?
Das Wissen, dass ich teilweise sogar gleich alt bin wie sie, reicht ihnen oft aus, mich nicht als Respektsperson anzusehen, wenn ich mich nicht dementsprechend verhalte. Deshalb muss ich besonders konsequent sein, um mir eine Vorbildrolle zu erarbeiten. Auf der anderen Seite kann ich mein Alter auch zu meinem Vorteil nutzen, indem ich ein viel greifbareres Vorbild für sie sein kann. Ich bin ein viel näheres Etappenziel für sie als ein Karl-Heinz, der 50 Jahre alt ist und Pullunder trägt.
Wie haben die Jugendlichen darauf reagiert, dass Du zum Mister Germany gewählt wurdest?
Das halte ich völlig getrennt. Das sind zwei Welten, die nichts miteinander zu tun haben. Die haben das auch nicht mitbekommen – und sind auch gar nicht so interessiert an meiner persönlichen Situation. Die wollen an sich selbst arbeiten.
Hast Du Dir für Dein Amtsjahr als Mister Germany auch etwas Bestimmtes vorgenommen?
Grundsätzlich denke ich, dass man diesen Titel besser nutzen kann, als nur sein Gesicht für kommerzielle Sachen hinzuhalten. Gerade weil ich aus dem sozialen Bereich komme, ist es mein großes Interesse, mich hier einzusetzen. Ich denke, dass sich hier viel machen ließe, wofür ich dann auch persönlich einstehe.
Dein Vorgänger als Mister Germany,
Nein, auf keinen Fall. Ich habe meinen Beruf, den ich auch weiter ausüben möchte - vielleicht mal in eine andere Richtung, durch eine Weiterbildung zum Therapeuten. Und dafür dürften "Der Bachelor" oder die Sachen, die dann fast zwangsläufig folgen, wie "Dschungelcamp" oder "Let's Dance" kaum hilfreich sein.
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