Als erster Deutscher hat der Dresdner Alexander Wolfe einen Titel in der WWE gewonnen. Wir haben uns kurz nach der Wrestling-Sensation mit dem Champion backstage getroffen. Der konnte seinen Erfolg kaum fassen.
Sein Triumph ist bereits rund eine halbe Stunde her, Alexander Wolfe (30) ist aber immer noch aufgewühlt.
Bei einem Wrestling-Event in New York hat er sich gerade vor rund 16.000 Zuschauern zum ersten deutschen Champion bei NXT gekrönt - einer Liga, die zum Marktführer WWE (World Wrestling Entertainment) gehört.
Nun steht der gebürtige Dresdner im Backstagebereich des "Barclays Center" in New York, der Halle seines bisher größten Erfolges. Axel Tischer, wie Wolfe mit bürgerlichem Namen heißt, trägt noch immer sein Ringoutfit. Schwarze Stiefel mit weißen Schnürsenkeln, eine zerfledderte Hose und eine schwarze Lederjacke mit Totenkopf-Symbol.
Bedrohlich soll er damit wirken, weil er einen Bösewicht darstellt. Im Ring funktioniert das. In diesem Moment wirkt er aber nicht bedrohlich. Muss er auch nicht. Die Show ist vorbei. Und Wolfe ist viel zu stolz, es endlich geschafft zu haben. Hinter ihm liegt viel Arbeit. Jahrelange harte Arbeit.
Sein wichtigstes Utensil trägt er noch immer mit sich herum: den Tag-Team-Titel, den er zusammen mit seinem Partner der Gruppierung "SAnitY" gewonnen hat.
Die erste Frage bekommt Alexander Wolfe gar nicht mit
Unser Interview findet in einer großen, fast menschenleeren Halle im Backstagebereich statt. Ein paar Tische und zwei schwarze Sessel stehen darin. Wolfe lässt sich in den linken fallen. Mit einem langgezogenen "Uaaaah" versinkt er geradezu darin. Die erste Frage bekommt er gar nicht mit.
Er schwitzt noch immer, als wäre er gerade erst aus dem Ring gestiegen. Auf seinem Schoß liegt der goldene Gürtel, seine rechte Hand darauf.
Man könnte meinen, nun fährt er kurz runter. Er sitzt und könnte das Geschehene erstmals sacken lassen.
Doch davon ist Wolfe weit entfernt. Unsere Nachfrage bekommt er mit. Und antwortet dann ausführlich, auf manche Fragen zum Teil minutenlang.
Es wirkt, als ob er nicht nur unserer Redaktion den größten Moment seiner Karriere schildert. Er scheint es sich selbst zu erzählen. Weil er noch nicht verarbeitet hat, dass nicht irgendwer den Titel gewonnen hat, sondern er selbst.
Ganz langsam beginnt er: "Der erste deutsche Champion bei NXT."
Dann kommt er in Fahrt: "Ich habe es noch nicht realisiert. Ich bin noch vollgepumpt mit Adrenalin. Es ist einfach zu schön, um wahr zu sein."
Alexander Wolfe: "Ich habe Dreck gefressen"
Wolfe versucht die letzte Stunde zu rekonstruieren. Dafür holt er weit aus. Er ist von Dresden nach Orlando gezogen. Seit etwa zwei Jahren steht er bei der WWE unter Vertrag. "Ich habe mir den Hintern abgearbeitet, um bei NXT Fuß zu fassen."
Im Alter von 13 Jahren hat er mit dem Wrestling begonnen. Seitdem hat er in mehreren Ligen in Europa gearbeitet. 15 Jahre später gelang ihm dann der Sprung zum Marktführer aus den USA.
Im Wrestling-Geschäft heißt es martialisch, dass man für den Erfolg Blut, Schweiß und Tränen opfern müsse. Das sieht auch Wolfe so: "Ich habe Dreck gefressen. Nun habe ich endlich die Früchte geerntet, die ich gesät habe."
Damit ist Wolfe in seiner Erzählung in der Gegenwart angekommen. Beziehungsweise in den Minuten nach seinem Triumph, als er die Halle verlassen hat. NXT-Boss Triple H ist als Erster auf ihn zugekommen: "Er hat mir die Hand gegeben und gratuliert. Er hat gesagt: gute Arbeit."
Der letzte Satz wirkt nach bei Wolfe. Schließlich ist Triple H 14-facher WWE-Schwergewichtschampion und einer der erfolgreichsten Wrestler, der immer noch aktiv ist. "Wenn dir der Chef sagt: gute Arbeit. Er sieht dir dabei ins Gesicht und freut sich darüber. Das ist besonders", sagt Wolfe.
Vier Stunden Schlaf, eine kleine Pause – dann geht’s weiter
Am Ziel ist der Deutsche aber noch nicht angekommen. Einen Schritt sei er weiter, sagt er. Die Erfolgsleiter hat noch viele Stufen nach oben: im WWE-Hauptkader ankommen, sich dort etablieren, einen Titel gewinnen, vielleicht sogar einen Einzeltitel. Einen Schwergewichtsgürtel. Wer weiß?
Wolfe steht auf. Der Kampf ist vorbei, die offiziellen Fotos mit dem Titel sind geknipst und auch das Interview ist zu Ende. Feierabend!
Er wolle nur noch raus aus den Klamotten und freue sich jetzt auf "vielleicht vier Stunden Schlaf" und auf ein freies Wochenende. Mehr nicht. Danach schuftet er wieder im Fitnessstudio und im Ring vor den Kameras. Der nächste Schritt muss gemacht werden. Den bisher größten hat er heute schon getan.
Als erster Deutscher bei NXT hat er die Halle betreten. Als erster deutscher NXT-Champion verlässt er sie.
Unser Redakteur Andreas Maciejewski ist in New York vor Ort und berichtet alles rund um den "SummerSlam". Er berichtet über seine Reise auch auf Twitter und auf Facebook.
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