Kaum wurde im April die 8.000. Folge der Erfolgsserie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" ausgestrahlt, steht schon das nächste Jubiläum in den Startlöchern: Am 11. Mai feiert GZSZ 32. Geburtstag – seit der 185. Episode ist Wolfgang Bahro in der Rolle des Rechtsanwaltes Jo Gerner zu sehen.
Im Interview mit unserer Redaktion erklärt
Herr Bahro, Jo Gerners erster Satz bei GZSZ lautete "Ich habe schon viel von Ihnen gehört" – nach mehr als 30 Jahren kann man eines mit Gewissheit sagen: Wir haben alle schon viel von Jo Gerner gehört! Wie fühlt es sich an, eine Rolle zu spielen, als die man sogar von Menschen erkannt wird, die "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" noch nie gesehen haben?
Wolfgang Bahro: Ich bin immer selbst immer wieder überrascht davon, wie viele Menschen mich kennen, beziehungsweise meinen Rollennamen, ohne "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" je gesehen zu haben. Die Serie hat so eine große Popularität, dass bestimmte Charaktere wie Jo Gerner inzwischen zum Gemeingut gehören. So wie Darth Vader von "Star Wars", den auch jeder Mensch kennt, auch wenn man sich die Filme nie angesehen hat. Und das macht mich natürlich sehr stolz – genauso bekannt wie Darth Vader zu sein – zumindest im deutschsprachigen Raum.
Jo Gerner hat in den vergangenen Jahrzehnten für den einen oder anderen Bösewicht-Coup in der TV-Welt gesorgt. Welche seiner Aktionen war Ihrer Meinung nach die wohl skrupelloseste?
Meiner Meinung nach war Gerners schlimmste Intrige der Versuch, Katrin Flemming glauben zu machen, dass ihre gemeinsame Tochter Johanna entführt und sogar getötet worden wäre. So etwas tut man nicht einmal seinem schlimmsten Feind an. Und das war Katrin auch nicht. Gerner fühlte sich zwar von Katrin hintergangen, aber das rechtfertigt noch lange nicht so eine Tat. Als Katrin merkte, dass sie von Gerner schwanger war, wollte sie zunächst das Kind abtreiben lassen. Aber Gerner bot ihr 2 Millionen an, wenn sie das Kind auf die Welt bringt und er es dann als Vater übernehmen kann. Damit war Katrin einverstanden, sie nahm das Geld, brachte Johanna zur Welt, aber dann kamen die Muttergefühle und sie wollte das Kind nicht mehr fortgeben. Also griff Gerner zu dieser List. Aber das war meiner Meinung nach die skrupelloseste von Jo.
Jo ist aber auch ein Mensch mit Gefühlen – vor allem, wenn es um seine Familie geht. Gibt es einen besonders emotionalen, tragischen oder berührenden Jo-Gerner-Moment, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Natürlich, das war der Tod seines Sohnes Dominik, gespielt von Raùl Richter. Dominik verunglückte mit seinem Motorrad und wurde ins Krankenhaus gebracht. Dort stellte man fest, dass Dominik bereits hirntot war. Die Ärzte legten dann Gerner ans Herz, die Geräte abzuschalten, die Dominik noch am Leben hielten. Aber Gerner wollte es nicht wahrhaben, dass Dominik eigentlich nicht mehr lebte. Im Krankenbett sah sein Sohn aus, als ob er nur schlafen würde und jederzeit wieder aufwachen könnte. Schließlich siegte aber die Vernunft und er gab sein Einverständnis dafür, die Geräte abzuschalten und seinem Sohn Organe zum Spenden zu entnehmen. Doch als die Pfleger mit den entnommenen Organen aus dem OP kamen und Gerner nun endlich einsehen musste, dass sein Sohn tot ist, brach er auf dem Flur des Krankenhauses weinend zusammen. Das war für mich eine der emotionalsten Szenen, die ich je bei GZSZ spielen musste, denn ich stellte mir immer vor, dort würde mein leiblicher Sohn David liegen und ich wäre in der Realität an Gerners Stelle.
Lassen Sie uns über GZSZ im Allgemeinen sprechen. Am 11. Mai feiert die Serie ihren 32. Geburtstag – wie erklären Sie sich die ungebrochene Beliebtheit der Serie nach mehr als 30 Jahren?
Ich denke, der große Erfolg der Serie kommt daher, dass GZSZ nie stagnierte, sondern sich immer weiterentwickelt hat. Es wurden Themen aufgegriffen, die auch die Zuschauer beschäftigten und dadurch das Interesse zum Zuschauen noch verstärkten. Man konnte mit den Charakteren mitleiden, mitlieben und mitlachen. Die Produktion von GZSZ hat sich auch immer wieder hinterfragt: Was können wir noch verbessern? Welche Geschichten berühren die Menschen? Welche Charaktere wollen die Menschen in schwierigen Situationen erleben? GZSZ hat schon lange den sogenannten "Tratsch im Treppenhaus" ersetzt. Unterhielt man sich früher über die Probleme von Hausbewohnern oder Nachbarn, sind es heute die Charaktere von GZSZ. Ob das am Arbeitsplatz, auf dem Schulhof oder in der Yoga-Gruppe ist: Zu GZSZ hat fast jeder eine Meinung und kann mitreden.
Natürlich stehen Sie als Schauspieler auch fern ab vom GZSZ-Kiez immer mal wieder für andere Projekte vor der Kamera, auf der Bühne oder am Mikrofon. Werden Ihnen mit Blick auf Ihre Rolle des Jo Gerners tendenziell eher typische Bösewicht-Rollen angeboten?
In der Tat werden mir – vor allem im Bereich Fernsehen – Bösewicht-Rollen angeboten. Und leider auch immer wieder Charaktere, die Jo Gerner wie ein Ei dem anderen ähneln. Das wäre genauso, als würde man Klaus J. Behrendt immer wieder Kommissare anbieten, die so wären wie sein Hauptkommissar Max Ballauf im "Tatort". Solche Angebote lehne ich generell ab. Denn den Jo Gerner spiele ich nur bei GZSZ. Aber ich bin immer begeistert, wenn ich dann Angebote bekomme wie von Christian "Schlecky Silberstein" Brandes, der mir sehr witzige Rollen im "Browser Ballett" angeboten hatte. Dort durfte ich in den wunderbaren Sketchen "Nazikeule" und "Atomkrieg – der Talk" herrlich lustige Rollen spielen, die nichts mit Jo Gerner zu tun haben. Ich hatte einmal in einem Interview gesagt: "Einen Bösewicht spiele ich außer bei GZSZ nur in einem James-Bond-Film als Gegenspieler von 007 und bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg." Letzteren habe ich dann auch im vergangenen Jahr mit sehr viel Freude gespielt: den Santer in "Winnetou I". Aber auf das Angebot für den James-Bond-Bösewicht warte ich noch.
Wie ist die Situation hingegen im Theater?
Im Theater sieht die Situation ganz anders aus. Von dem fantastischen
Warum der Jo-Gerner-Vergleich auch Nachteile mit sich bringen kann
Hat es auch Nachteile, immer wieder mit Jo Gerner assoziiert zu werden?
Es kann durchaus Nachteile bringen, mit der Rolle in Verbindung gebracht zu werden. Allerdings eher in beruflicher als in privater Beziehung. Wenn mich Passanten auf der Straße oder im Supermarkt mit Dr. Gerner ansprechen, meinen sie es entweder lustig oder respektvoll, aber nie negativ. Dr. Gerner ist trotz seiner hinterlistigen Intrigen sehr beliebt bei den Zuschauern. Anders sieht die Sache in beruflicher Hinsicht aus. Ich habe einmal eine Produzentin kennengelernt, die zu mir sagte, dass sie mich niemals für eine Rolle in einem Film oder einer TV-Serie besetzen würde, weil ich ja der "Jo Gerner" bin und dann würden mich die Zuschauer auch immer nur als diesen sehen. So denken leider viele in der deutschen Film- und Fernsehindustrie. Aber der Erfolg, den wir mit den Sketchen beim "Browser Ballett" hatten, zeigt, dass diese Einschätzung von den Zuschauern anscheinend nicht geteilt wird. Im Gegenteil. Sie können durchaus unterscheiden, wen ich da spiele.
Aktuell ist Jo Gerner in Harvard und war aus diesem Grund auch nicht in der 8.000. Jubiläumsfolge zu sehen, die im April ausgestrahlt wurde. Wann kommt er zurück nach Berlin auf den "Kiez" und wie geht es für ihn weiter?
Die Zuschauer müssen sich noch knapp zwei Wochen gedulden, dann ist Jo wieder im Lande. Leider kann ich noch nicht verraten, wie es weitergeht. Nur so viel: Gerner öffnet aus Versehen einen Brief, der nicht für ihn bestimmt ist, erfährt etwas Außergewöhnliches und beschließt, diese Information für sich zu nutzen. Was dann kommt, ist eine gefährliche und clevere Intrige, die Gerner wieder zu Hochform auflaufen lässt und gemeinsam mit Katrin einen Plan entwickelt, der riskant, aber auch sehr spannend sein wird.
"Let's Dance" statt Dschungelcamp
Ihre GZSZ-Kollegen Felix von Jascheroff, Jörn Schlönvoigt oder Felix van Deventer haben in den vergangenen Jahren das Experiment gewagt und sind in den RTL-Dschungel gezogen. Wurden Sie bereits als Kandidat für das Dschungelcamp angefragt und können Sie sich eine Teilnahme an dem Format vorstellen?
Bisher wurde ich noch nicht für dieses Format angefragt. Und um ehrlich zu sein, reizt es mich auch in keiner Weise, bei diesem Format mitzumachen.
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Würden Sie sich demnach eher bei Ihren ehemaligen GZSZ-Kollegen Susan Sideropoulos, Sila Sahin oder Eric Stehfest einreihen und bei "Let's Dance" übers Parkett fegen?
Also, "Let´s Dance" könnte ich mir schon weitaus eher als ein Format vorstellen, an dem ich teilnehmen würde, als beim Dschungelcamp. Allerdings haben mir die Kolleginnen und Kollegen auch bestätigt, dass es wirklich ein hartes Training und sehr viel Schweiß beinhaltet. Doch das Wunderbare an dieser Herausforderung wäre natürlich, dass man großartige Tänze lernt und seinem Körper sehr viel Gutes tut. Für die Karl-May-Spiele im letzten Jahr habe ich auch extra das Reiten gelernt. Das war eine super Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Ich bin zwar als Jugendlicher mal in einer Tanzschule gewesen – um damals Mädchen kennenzulernen –, aber meine Partnerin war einen Kopf größer als ich und hat ständig geführt, sodass ich gar nichts gelernt habe. Somit wäre "Let´s Dance" auch eine neue Erfahrung.
Das Fernsehen hat sich in den vergangenen Jahren sehr verändert – vor allem Reality- und Dating-Formate verschiedenster Art sind beim Publikum sehr gefragt. Wie blicken Sie auf diese Formate?
Ehrlich gesagt, gar nicht. Ich schaue sie mir nicht an und sie interessieren mich auch überhaupt nicht. Tut mir sehr leid. (lacht)
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