Es war ein Mord, der für Schlagzeilen und einen Aufschrei gesorgt hat: Im Jahr 2005 wurde in Berlin eine junge Frau von ihrem Bruder erschossen, weil sie ein selbstbestimmtes Leben führen wollte. Ihr Name war Hatun Sürücü - und der Film, der ihre Geschichte erzählt, läuft jetzt im Kino.
Ihr Leben endet an einer Berliner Bushaltestelle. Hatun Sürücü wird 2005 mit drei Schüssen getötet. Von ihrem jüngsten Brüder. Der Fall erschüttert viele Menschen - und löst Debatten über Integration aus.
Seit dem 9. Mai läuft der Film über die Geschichte der jungen Frau, der in New York auf dem Tribeca-Festival Premiere feierte, in den Kinos. "Nur eine Frau" ist alles andere als leichte Kost - aber umso wichtiger.
Produzentin
Viele kennen die Darstellerin aus der Serie "4Blocks" oder dem "Tatort". Sie spielt Hatun Sürücü, deren Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Man sieht Rückblenden: Wie sie als Teenager mit Kopftuch durch Berlin läuft, über Kopfhörer Hip-Hop hört und in der Türkei mit einem Cousin verheiratet wird. (Alle würden sich freuen, dass sie "den Besitzer" wechsle, heißt es.)
Gerichtsakten und Gespräche als Vorlage
Als sie schwanger zurück nach Berlin flieht, behandeln sie die Brüder wie einen Menschen zweiter Klasse. So zumindest zeigt es der Film. Das Filmteam hat nach eigenen Angaben Gerichtsakten, Gespräche und Recherchen von rbb-Journalisten genutzt. Immer wieder fließen Originalaufnahmen ein, aber am Ende ist "Nur eine Frau" ein Spielfilm geworden. Einer, der durchaus Fragezeichen setzt.
Etwa wenn es darum geht, wer von den Mordplänen wusste. Im Laufe der Geschichte holt sich Hatun Hilfe beim Amt, sie zieht mit ihrem Sohn von zu Hause aus und beginnt eine Lehre zur Elektroinstallateurin. Spätestens als die Deutsch-Türkin das Kopftuch ablegt und sich in einen anderen Mann verliebt, bricht die Familie mit ihr. Sie bekommt Drohanrufe und wird schließlich erschossen, mit 23 Jahren.
In der Realität folgen lange Gerichtsprozesse. Verurteilt wird der jüngste Bruder. Er gibt damals an, den westlichen Lebensstil seiner Schwester zu verachten. Zwei anderen Brüdern kann eine Tatbeteiligung vor Gericht nicht nachgewiesen werden. Sie setzen sich in die Türkei ab und werden auch dort von einem Gericht 2018 freigesprochen. Der Film geht einen Teil des Gerichtswegs noch mit.
Sandra Maischberger produzierte das Drama
Der Mord selbst - begangen vermeintlich im Name der Ehre - führte in Deutschland zu vielen Diskussionen. Wie steht es um Frauenrechte in manchen Familien? Welche Wertesysteme existieren nebeneinander? Der Spielfilm "Nur eine Frau" findet einen Ton, der gut zum Drehort Kreuzberg passt. Ehrlich und hart, schnoddrig und nicht weinerlich. Das liegt auch an der Schauspielerin Bagriacik.
Sie zeigt Hatun Sürücü, die auch Aynur ("Mondschein") genannt wurde, als sympathische und lebenshungrige Frau. Und als Frau, die erst vergleichsweise spät ihre eigene Identität und ihre Bedürfnisse erkundet. Zum Beispiel, wenn sie vor dem Spiegel das Kopftuch ablegt oder anfängt, knappere Kleidung zu tragen.
Geschichte aus der Opfer-Perspektive
Dass der Film die Ich-Perspektive wählt, ist ungewöhnlich, gerade weil Hatun Sürücü selbst nicht mitreden kann. Produzentin Maischberger erklärt, sie hätten ihr damit eine Stimme geben wollen. In Dokumentationen seien natürlich immer die zu Wort gekommen, die überlebt hätten. "Und das sind die Brüder und der verurteilte Täter. Aber sie selbst hatte bisher keine Stimme."
Man kann über die Art der Erzählung streiten, aber der Film bleibt noch eine Weile im Gedächtnis. Auch wenn man das Kino längst verlassen hat. (dpa/dh)
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