Die Weltelite des alpinen Skirennsports macht in Deutschland Halt. Und das gleich auf der risikoreichen Traditionsabfahrt Kandahar in Garmisch. Vergangenes Jahr forderte die anspruchsvolle Strecke mehrere Verletzte. Von Skisportgrößen hagelte es Kritik. Wir erklären, weshalb die Kandahar so speziell ist und wie es um die deutschen Chancen steht.
3.300 Meter Strecke. 920 Meter Höhenunterschied. Bis zu 92 Prozent Gefälle. Die Kandahar gehört zu den spektakulärsten und risikoreichsten Rennstrecken im Alpinen Skiweltcup.
An diesem Samstag ab 11:45 Uhr geht der spektakuläre Wahnsinn wieder in den freien Fall über.
Lindsey Vonn: "Das ist verrückt!"
Im vergangenen Jahr forderte die Abfahrt mehrere Verletzte: Der Franzose Valentin Giraud Moine verlor auf dem Zielhang "Freier Fall" die Kontrolle und verletzte sich beim Einschlag im Fangnetz schwer.
Der US-Amerikaner Steve Nyman flog beim Kramersprung ab und zog sich eine schwere Bänderverletzung zu. Beide wurden mit dem Hubschrauber ausgeflogen.
Erik Guay aus Kanada konnte nach seinem Sturz über den Seilbahnstadelsprung immerhin noch selbst ins Ziel fahren.
Mehrfach musste das Rennen vergangenes Jahr unterbrochen werden. Ski-Superstar
Und der italienische Skirennläufer Peter Fill meinte: "Der Kramersprung ist einfach zu brutal."
Für Damen- und Herrenweltcup gibt es unterschiedliche Streckenverläufe: Die Herren, deren Rennen an diesem Wochenende stattfindet, fahren die Kandahar 2, die sich über 3.300 Meter erstreckt.
Die Damen, die nach dem tödlichen Sturz von Ulrike Maier 1994 bis 2008 nicht mehr auf der Kandahar starteten, fahren die Kandahar 1.
Tröglhang, Kramersprung und "Freier Fall"
Drei Stellen sind besonders risikoreich: Tröglhang, Kramersprung und der "Freie Fall", die steilste Passage im Alpinen Skiweltcup.
Nach den Stürzen 2017 wurde der Kramersprung etwas abgetragen, "um ihn mehr unter Kontrolle zu haben", wie Renndirektor Markus Waldner im vergangenen Jahr erläuterte.
Auch der "Freie Fall" wurde präpariert, allerdings machen die Veranstalter nicht die Piste für die Stürze verantwortlich.
"Der 'Freie Fall' ist schon präpariert worden, eine Spur für die Abfahrt, eine für den Riesentorlauf. Dort sind aber keine Stürze passiert. Die Stürze waren alle Folge von Fahrfehlern", sagte der Chef des Organisationskomitees Peter Fischer.
Hinzu kamen die schwierigen Wetterverhältnisse im Januar 2017: Aufgrund des warmen Wetters wurde die Strecke an einigen Stellen mit Wasser geflutet; durch die vereisten Abschnitte wurde die Strecke um einiges tückischer.
Zuletzt wurden immer wieder einzelne Streckenabschnitte aufgrund des Wetters gesperrt. 2012 und 2016 etwa fand die Abfahrt auf der Kandahar 1 statt. 2013 und 2015 auf einer verkürzten Version der Kandahar 2, wodurch der Sieger Travis Ganong im vergangenen Jahr den bisherigen Streckenrekord gar um vier Sekunden unterbot.
Auch in diesem Jahr kämpfen die Veranstalter bei der Vorbereitung auf das Rennen mit den ständig wechselnden Wetterverhältnissen. Doch der internationale Skiverband FIS gab vor einigen Tagen grünes Licht für die Kandahar-Abfahrt.
Letzter deutscher Sieg auf der Kandahar 1992
So könnte nun der Überraschungssieger der Streif,
Im Heimrennen – Dreßen wuchs im 20 Kilometer entfernten Mittenwald auf – zählt der 24-Jährige nach seinem ersten Platz in Kitzbühel zum erweiterten Favoritenkreis. Im Training am Donnerstag, das kaum aussagekräftig ist, belegte Dreßen den siebten Platz.
Von einer Favoritenrolle will der DSV-Profi aber nichts wissen. "Ich bezeichne mich immer noch als Außenseiter. Ich bin noch relativ jung und habe noch nicht die Erfahrung", sagte er vor dem Rennen auf dem Berg Kreuzeck in Garmisch-Patenkirchen.
Trainingsschnellster am Donnerstag war der Italiener Christof Innerhofer. Topfavoriten auf den Sieg sind Aksel Lund Svindal aus Norwegen und der Schweizer Beat Feuz, welche die Plätze eins und zwei im Abfahrtsweltcup belegen. Auf Rang drei folgt Dreßen, der allerdings schon knapp 200 Punkte hinter den beiden liegt.
Der letzte deutsche Sieger auf der Kandahar war 1992 Markus Wasmeier. Nun könnte Dreßen die Sensation schaffen. Auf der Streif gelang ihm das. Als erstem Deutschen seit 1979.
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