- Alexandra Burghardt befindet sich noch im olympischen Precamp in Japan und wird bald in Tokio eintreffen.
- Das größte Ziel der deutschen Sprinterin ist eine Medaille über die 4x100-Meter-Staffel.
- Für unsere Redaktion schreibt Burghardt exklusiv über ihre Erfahrung bei Olympia 2021. Dieses Mal: So sind die Bedingungen in Japan, warum sie sich wie in einer Parallelwelt fühlt und wie groß die Angst vor einer Coronainfektion ist.
Ich melde mich hier aus unserem Precamp in Miyazaki. Die Anreise war sehr anstrengend, wir waren 30 Stunden unterwegs. In meiner ersten Nacht habe ich geschlafen wie ein Baby. Wir haben hier hervorragende Bedingungen, ein sehr gutes Vorbereitungscamp bisher, und das Essen schmeckt uns auch. Die Mission Olympiamedaille ist damit schon mal erfolgreich gestartet.
Das Kleid ist ein bisschen kurz
Die Gefühle bei der Eröffnungsfeier waren gemischt. Wir hätten natürlich alle gerne Zuschauer gesehen, aber das war ja schon einige Zeit klar, dass das nicht passieren wird. Als Leichtathletin bin ich es gewohnt, dass man selbst nicht bei der Eröffnungsfeier mitläuft, weil unsere Wettbewerbe immer erst in der zweiten Woche starten, deshalb haben wir die Eröffnung zusammen im TV verfolgt – einige von uns sogar im vorgesehenen Outfit.
Da gibt es für Frauen zwei Optionen, ein Kleid oder eine Kombination aus T-Shirt und Hose. Das Kleid ist, was die Größen betrifft, tatsächlich ein bisschen schwierig zu tragen. Das gilt vor allem, wenn man etwas größer ist. Das Kleid ist sehr kurz und sitzt oberhalb eng. Aber wenn die Outfits dann in der Gemeinschaft getragen werden, schaut das schon immer ganz cool aus.
Mir hat die Eröffnungsfeier sehr gut gefallen. Ich fand es schön, dass man ein bisschen was über die japanische Geschichte gelernt hat. Ich bin allerdings schon relativ bald nach dem Einmarsch der deutschen Mannschaft ins Bett gegangen und habe die Eröffnungsfeier nicht ganz angeschaut. Durch die hohen Temperaturen hier brauche ich viel Schlaf. Das ist schon energieraubend. Ich schlafe sehr gut, aber auch sehr viel.
Irgendwann ist eh alles nass
Ich habe mich auf die Temperaturen nicht speziell vorbereitet. Glücklicherweise bin ich schon öfter in die Richtung geflogen, also Japan, China, Südkorea. Daher wusste ich ungefähr, was mich erwartet. Im Training achten wir darauf, dass wir viele Elektrolytgetränke zu uns nehmen. Kalte Handtücher liegen herum, und ein Eisbad steht immer bereit, damit man da schnell reinhüpfen kann. Heute war es extrem heiß beim Staffeltraining, da macht man dann das Handtuch einfach immer wieder nass. Und irgendwann ist dann eh alles nass. Die Luftfeuchtigkeit ist hier auch noch sehr hoch. Ob Schweiß oder Regen, das ist fast schon egal. Wir haben aber ein sehr gutes medizinisches Team dabei, das uns perfekt unterstützt.
Überhaupt sind die Bedingungen super. Die Leute sind bemüht. Und trotz der ganzen Restriktionen haben wir hier noch recht viel Freiraum. Wir sind direkt am Strand, es ist nicht so städtisch. Wir haben die Möglichkeit, in den Olympic Garden zu gehen. Den haben sie extra für uns eingezäunt. Es tut sehr gut, das Hotel auch mal zu verlassen.
Auch die Trainingsanlagen sind super in Schuss. Uns fehlt es an nichts. Und wenn wir mal was nicht haben, dann haben wir es am nächsten Tag. Direkt am Trainingsgelände gibt es außerdem noch einen Meditationsgarten. Dort kann man auch mal am Nachmittag spazieren gehen, ein Buch lesen oder einfach mal für sich sein. Ich glaube, da haben wir sehr viel mehr Freiheiten als sehr viele Sportlerinnen und Sportler, die in der City sind. Die können ja gar nicht raus.
Die Angst ist immer dabei
Nachdem es jetzt mit Simon Geschke den ersten Coronafall im deutschen Team gegeben hat, denkt man da natürlich auch nochmal intensiver darüber nach. Die Angst ist immer dabei, dass man sich doch irgendwo infiziert – aber das ist das ganze Jahr schon so. Der größte Teil von uns ist aber geimpft und wir haben hier sehr gute Sicherheitskonzepte. Wir machen jeden Morgen vor dem Frühstück einen PCR-Test, desinfizieren die Hände bei jeder Gelegenheit, wir haben eigene Wege im Hotel, eigene Aufzüge, eigene Essensräume. Es ist, als würden wir in einer Parallelwelt leben.
Die fünf Minuten, die wir mit dem Bus zum Training fahren, das ist unser Sightseeing. Wir sind sehr abgeschottet. Daher habe ich auch keine Bedenken, dass das Virus von außen an uns rankommt. Wenn, dann müsste es ein Sportler oder eine Sportlerin schon von daheim mitgebracht oder sich durch Kontakt im Dorf infiziert haben. Aber wir fühlen uns alle sehr sicher hier und tragen auch rund um die Uhr Masken – außer beim Schlafen, Essen und im Training.
Wenn ich im Olympischen Dorf oder auch beim Wettkampf jemanden ohne Maske sehen würde, dann würde ich proaktiv versuchen, die Situation zu lösen und für mich selbst sicherer zu machen. Ich würde die- oder denjenigen ansprechen und den Abstand vergrößern, ein paar Meter weiter weggehen, wenn das möglich ist. Es ist jeder dafür verantwortlich, sich selbst, aber auch andere zu schützen. Auch, wenn es bei den Temperaturen mit den FFP2-Masken anstrengend ist, glaube ich, dass das zusätzlich ein großer Schutz ist, wenn man mal den Abstand nicht einhalten kann. Daher finde ich, dass es wichtig und gerechtfertigt ist, dass wir das alle machen.
Protokoll von Sabrina Schäfer
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