Die Einzelrennen im Biathlon bei Olympia 2018 in Pyeongchang sind Geschichte. Wir haben mit Erik Lesser exklusiv über seine bisherigen Eindrücke in Südkorea gesprochen.

Ein Interview

Biathlet Erik Lesser schrammte im Massenstart knapp an einer Medaille vorbei, nun will er mit dem Team in der Mixed-Staffel erneut angreifen.

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Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt er, wie groß er die weiteren Medaillenchancen im Biathlon einschätzt und ob er schon über ein Karriereende nachdenkt.

Herr Lesser, erst einmal herzlichen Glückwunsch zu einem überragenden Rennen im Massenstart, auch wenn es am Ende nur zu Platz vier gereicht hat. Ist man nach so einem Rennen sehr enttäuscht, dass es nicht mit einer Medaille geklappt hat oder sind Sie mit ihrer Leistung trotzdem zufrieden?

Erik Lesser: Klar bin ich etwas enttäuscht, da ich mit einem Fehler weniger um Gold hätte sprinten können oder anders gesagt, die Bronzemedaille war mir "fast" sicher. Aber leider fiel die letzte Scheibe nicht und so muss ich damit leben. Im letzten Jahr war ich bei der WM auch schon Vierter, aber ich kann das gut wegstecken.

Die letzten Rennen liefen leider überhaupt nicht, wie ich es mir vorgestellt habe. Der Einzel war, gelinde gesagt, sehr bescheiden, da es läuferisch nicht meinem Niveau entsprach. Aber am Sonntag war ich voll dabei im Renngeschehen und konnte dem Rennen auch hier und da meinen Stempel aufdrücken. Daher bin ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Sie sind bis zum letzten Schießen mit Simon Schempp und Martin Fourcade in der Spitzengruppe gelaufen. Was ging Ihnen da durch den Kopf? Denkt man da schon an eine mögliche Medaille?

Ich war mir der Lage schon bewusst, dass wir auf Medaillenkurs sind. Aber Fourcade hat auf der vierten Runde ordentlich Gas gegeben, sodass die Gedanken nicht lange im Kopf geisterten.

Arnd Peiffer, Benedikt Doll und Simon Schempp haben allesamt Einzel-Medaillen abgeräumt. Sie sind als einziger um Haaresbreite gescheitert. Muss man sich da den einen oder anderen blöden Spruch anhören?

Im Team ist das zum Glück nicht der Fall. Vor vier Jahren war ich der Glückliche mit einer Einzelmedaille, die anderen hatten keine. Jetzt ist es genau andersherum. Damit kann ich wirklich sehr gut leben.

Ich muss bei der Gelegenheit auch festhalten: Das deutsche Männerteam ist das einzige, in dem alle vier Stammkräfte eine Einzelmedaille bei Olympia gewonnen und obendrein noch jeweils eine Einzelmedaille bei einer WM gewonnen haben. Das macht uns so schnell keiner nach.

Zwischen Mixed- und Herren-Staffel haben sie ein bisschen Zeit. Wie verbringen Sie die Pause? Die Skispringer spielen anscheinend immer in der Tiefgarage Fußball … Wäre das auch was für Sie?

Ich hatte eigentlich gedacht, ich hätte sogar etwas länger Pause bis zur Herren-Staffel, aber es kam dann doch die Nominierung für die Mixed-Staffel dazwischen. Also wird das mit "Urlaub" erstmal nichts.

Die Eishallen wären allerdings meine erste Anlaufstelle gewesen. Das Gangjong-Village konnte ich schon besuchen. Dort hat mich ein Kamerad der Eisschnellläufer rumgeführt. Sonst hatte ich eher weniger Zeit.

Obwohl abends nach dem Abendessen ein Abstecher in das Game-Center nicht so verkehrt ist. Ein wenig Billard oder Kicker ... ein Traum.

Sie sind ja bekanntermaßen großer Fan von Erzgebirge Aue. Am Wochenende steigt der Abstiegsgipfel gegen Kaiserslautern. Wie werden Sie das Spiel aus tausenden Kilometern Entfernung verfolgen?

Am Samstag werde ich mir wohl Zeit freischaufeln müssen. Das Spiel kommt dann gegen 21 Uhr Ortszeit.

Das sollte machbar sein, aber wenn im deutschen Haus eine Medaille gefeiert werden sollte, müssen Köpke und Co. die Buden ohne mich netzen.

Mark Kirchner hat gewitzelt: "Wenn die Staffel rum ist und gut läuft, machen wir alle Schluss." Bei Laura Dahlmeier wird immer wieder über ein mögliches Karriereende spekuliert. Gibt es solche Gedanken bei Ihnen auch manchmal oder ist die Freude am Sport immer noch genauso da wie am Anfang der Karriere?

Wenn ich keinen Spaß hätte, würde ich schon längst das Handtuch werfen. Aber mir macht das alles richtig Spaß.

Unser Männerteam ist seit Jahren weltklasse aufgestellt. Durchweg von den Technikern, Physios, unseren Teamärzten, Trainern und natürlich den Sportlern. Das passt einfach.

Auch Abgänge von Andi Birnbacher, Daniel Böhm und Christoph Stephan haben der Stimmung nichts angetan. Vielleicht wird die Staffel am Freitag mein letztes Rennen bei Olympia sein, das kann ich aber noch nicht sagen.

Wie schätzen Sie die weiteren Medaillen-Chancen der Biathlon-Staffeln ein?

Ich denke, Gold ist bei beiden Staffeln drin, aber mit der Medaille an sich können wir zufrieden sein. Die Mixed-Staffel ist ein besonderer Wettkampf, dort geht es immer heiß her.

Die "große" Staffel wird der Knaller. Über viele Jahre laufen wir geile Staffeln und werden uns hoffentlich mit Gold belohnen. Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Frankreich und Norwegen sind zwei starke Gegner, die man auch erstmal schaffen muss.

Die Spiele biegen langsam auf die Zielgerade ein. Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie wieder zurückreisen?

Das eigene Bett! Die eigenen vier Wände. Alles wieder sauber und selbst gekochtes Essen. Natürlich auch ein paar schöne Tage mit meiner Lebensgefährtin verbringen, bevor es dann wieder weiter nach Finnland geht.

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