Der Turn-Skandal sorgt weiter für Aufsehen und Empörung. Die Olympia-Vierte Janine Berger erzählt, wie sie wegen ihres Gewichts beleidigt wurde und sich ständig übergab.

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Nach den Berichten um Missbrauch im deutschen Turnen fordert die ehemalige Weltklasse-Athletin Janine Berger Kontrollmechanismen von außerhalb des Verbandes.

"Es bringt mir nichts, irgendwelche unabhängigen Personen in Verbänden anzustellen, weil die auch wieder in dieser Struktur verwurzelt sind", sagte die Olympia-Vierte von 2012 bei RTL/ntv. "Wir brauchen jemanden, der komplett von draußen drauf schaut."

Schilderungen über "systematischen körperlichen und mentalen Missbrauch"

Seit Ende Dezember gibt es eine Debatte über den Umgang mit Turnerinnen in Deutschland. Angeführt von den früheren Auswahl-Sportlerinnen Tabea Alt und Michelle Timm machten mehrere Athletinnen Missstände am Stützpunkt in Stuttgart öffentlich. Angeprangert wurden unter anderem "systematischer körperlicher und mentaler Missbrauch".

Der DTB und der Schwäbische Turnerbund kündigten eine Untersuchung an. Zwei Übungsleiter wurden in Stuttgart vorläufig freigestellt. Dies sei ein "Schritt in die richtige Richtung", sagte Alt dem "Spiegel" und ergänzte: "Es ist zumindest ein Zeichen, dass man die Vorwürfe ernst nimmt. Wenn sich allerdings auch jetzt nichts ändert – also, da kann ich gar nicht weiterreden. Es muss sich einfach etwas ändern."

"Es wurde geraten, nichts mehr zu essen. Teils wurde mir meine finanzielle Förderung gestrichen aufgrund meines Gewichts."

Ex-Turnerin Janine Berger

Auch Berger (28) erzählte eindrücklich, wie sie vor mehr als einem Jahrzehnt rund um die Sommerspiele von London, wo sie Bronze im Sprung nur knapp und unglücklich verpasste, behandelt wurde. Verbandsleute hätte sie nach den Spielen nicht unterstützt, sondern stattdessen nachgetreten. Ihr sei gesagt worden, dass sie aufgrund ihres Gewichts nur Vierte wurde – obwohl sie damals nur acht Prozent Körperfett hatte. "Wie kann so was sein?", fragte sie.

"Es ging in Richtung Erniedrigungen, dass man im Training ständig gehört bekam, dass man zu fett sei, bis hin, dass man verboten bekam, Wasser zu trinken, weil sich das auch wieder auf das Körpergewicht auswirkt. Es wurde geraten, nichts mehr zu essen. Teils wurde mir meine finanzielle Förderung gestrichen aufgrund meines Gewichts."

Berger: "Alltag bestand aus Essen, Trainieren und Kotzen"

Berger schilderte: "Es war dann wirklich so weit, dass mein Alltag aus Essen, Trainieren und Kotzen bestand. Das darf für die zukünftige Generation einfach nicht mehr sein."

Jeder Leistungssportler trainiere gerne hart. "Aber zwischen hartem Training und Machtdemonstration und psychischem Missbrauch liegen gewaltige Unterschiede. Da gibt es keinen schmalen Grat, das ist eine klare Grenze."

Alt fordert Eltern, Athleten, Trainer und Ärzte auf Augenhöhe

Tabea Alt sprach von einem "enormen" Vertrauensbruch durch die Trainer, die für junge Sportlerinnen oft so etwas wie Ersatzeltern seien. "Das ist ein Punkt, der mich auch im Leben beschäftigt. Ich musste mir das erst wieder mühsam aufbauen, dass es Menschen auch außerhalb der Familie gibt, denen man vertrauen kann und die es gut mit einem meinen. Das hatte ich weitgehend eingebüßt."

Die WM-Dritte von 2017 am Schwebebalken fordert, dass das System Frauenturnen in Deutschland grundlegend erneuert wird. "Es muss ein Konzept her, in dem Eltern, Athleten, Ärzte und Trainer auf einer Ebene reden und handeln." Sie habe erlebt, dass ihre Gesundheit und ihre Schmerzen in Gesprächen von Trainern mit Medizinern oft "beschönigt oder gar nicht erst erwähnt" wurden. "So etwas darf es nicht mehr geben." (dpa/bearbeitet von ms)

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