Nach Philipp Lahm und Miroslav Klose hat auch Per Mertesacker seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärt. Ganz schön traurig, finden wir, denn der lange Verteidiger hat sich - vor allem während der WM 2014 in Brasilien - mit seiner großartigen Art zu unserem Lieblingsspieler gemausert. Eine Hommage, abseits seiner sportlichen Leistung.
Jedes Turnier, jede Mannschaft braucht diesen einen Spieler. Den Spieler, der uneigennützig nicht auf Einsätze pocht und dennoch - selbst von der Bank aus - eine Führungsposition einnimmt. Beim Sommermärchen 2006 war das
Obwohl "the big fucking German", wie er von den Arsenal-Fans genannt wird, seinen Stammplatz nach dem Achtelfinale gegen Algerien verloren hatte, war er das ganze Turnier über so präsent wie kaum ein zweiter Spieler. Wenn es seine Kollegen in der sengenden Hitze Brasiliens dürstete, war Mertesacker mit Wasserflaschen und aufmunternden Worten zur Stelle. Immer antreibend, immer da. Bei deutschen Treffern strahlte seine Freude aus jeder Pore. Egal, ob er selbst auf dem Feld stand, oder nicht. Wie selbstverständlich führte er seine "Weltmeister-WG" auch beim Feiern auf der Berliner Fanmeile an. Oder um es mit den Worten von Bundestrainer Jogi Löw zu sagen: "Per ist die Zuverlässigkeit in Person, auf ihn konnte ich mich in den zehn Jahren, in denen er für die Nationalmannschaft spielte, immer verlassen. Er hat sich in den letzten Jahren noch einmal unglaublich weiterentwickelt, in Brasilien war er einer unserer wichtigsten Führungsspieler, der die Mannschaft mitgerissen und die Richtung vorgegeben hat."
Nie daneben, nie langweilig
Trotz seiner gerade mal 29 Jahre wirkt Mertesacker reifer und authentischer als viele andere Spieler in seinem Alter. Nie würde er in eine Hotellobby pinkeln oder Schmähgesänge gegen Rivalen schmettern. Und trotzdem ist der Spieler vom FC Arsenal kein Stückchen langweilig. Wenn ihn etwas aufregt, wird das schonungslos mitgeteilt. Mertesackers wunderschöne "Eistonnen"-Rede nach dem Spiel gegen Algerien wird uns wohl auf ewig in den Ohren klingen. Und das ist auch gut so. Macht sie uns doch klar, dass man sich manchmal auch nach einem beschwerlichen Weg einfach über das erreichte Ziel freuen darf. Ein schlechtes 1:0 ist eben immer noch ein Sieg.
Mit dem WM-Titel hat Mertesacker sein größtes Ziel erreicht. Der selbstbestimmte Rücktritt aus der Nationalmannschaft war eigentlich absehbar. Im Interview mit dem Magazin "11Freunde" hatte er bereits 2013 angekündigt, "irgendwann möchte ich aus diesem Strudel herauskommen und endlich mal unbeschwert leben." Einen besseren Zeitpunkt, um einen ersten Schritt in diese Richtung zu machen, kann es nicht geben. Denn immerhin ist Mertesacker vor Kurzem zum zweiten Mal Vater geworden. In seinem Rücktritts-Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" sagte er: "Wenn du um fünf oder sechs Uhr morgens von deinem zweiten Baby aus dem Bett geschrien wirst, ist der WM-Titel so weit weg wie der Mond von der Erde."
Und wenn einer nach dem größten Erfolg seiner laufenden Karriere einen derart geerdeten Satz herausbekommt, dann hat er ohnehin alles richtig gemacht.
Danke, Per Mertesackert, für 10 Jahre Nationalmannschaft, 104 Spiele und natürlich den Weltmeistertitel!
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