• Gegen den FC Barcelona laufen Ermittlungen wegen des Vorwurfes der Korruption durch die Staatsanwaltschaft.
  • Die Katalanen sollen Zahlungen in Millionenhöhe an einen spanischen Ex-Schiedsrichter gezahlt haben.
  • Beide Parteien weisen die Vorwürfe entschieden von sich und betonen, dass die Zahlungen lediglich für Beratertätigkeiten geflossen sind.
  • Neben der Staatsanwaltschaft ermittelt mittlerweile offenbar auch der spanische Fußballverband gegen die Katalanen.

Mehr News zum Thema Fußball

Der FC Barcelona steht unter dem Verdacht, jahrelang Schiedsrichter durch Geldzahlungen beeinflusst zu haben. Der spanische Fußballklub soll einem Unternehmen des damaligen Vizepräsidenten des Schiedsrichterausschusses CTA, José Maria Enríquez Negreira, zwischen den Jahren 2016 und 2018 insgesamt knapp 1,4 Millionen Euro offiziell für Beraterdienste gezahlt haben. Je nach Medium wird sogar von deutlich höheren Zahlungen berichtet, die Barcelona getätigt haben soll. Die "Marca" spricht etwa von bis zu 7 Millionen Euro.

Wie mehrere spanische Medien übereinstimmend berichten, ermittelt die Staatsanwaltschaft bereits seit einigen Monaten wegen des Verdachts der "Korruption zwischen Privatpersonen" gegen beide Parteien. Demnach sollen sowohl Vertreter von Barcelona als auch von Enríquez Negreira bei jeweiligen Anhörungen die getätigten Zahlungen bestätigt haben, den Vorwurf der Korruption bestritten beide Seiten aber.

In einer offiziellen Stellungnahme zerstreuten die Katalanen den Verdacht der unerlaubten Einflussnahme auf Unparteiische. Bei den Zahlungen sei es einzig um den Erwerb von Berichten über Spieler und Schiedsrichter gegangen, "um die eigenen Informationen zu ergänzen". Vorgänge wie diese seien "gängige Praxis in professionellen Fußballvereinen".

Hat der FC Barcelona jahrelang Schiedsrichter gekauft?

Enríquez Negreira war zwischen 1977 und 1992 Schiedsrichter in der ersten spanischen Liga und in der Folge zwischen 1994 und 2018 Vizepräsident des CTA. Gegenüber dem Madrider Radiosender "Cadena Ser" erklärte der 77-Jährige, er habe den FC Barcelona als CTA-Vizepräsident bei keiner Entscheidung oder Schiedsrichterernennung bevorzugt behandelt.

Seine Firma Dasniel 95 SL habe den Klub lediglich mündlich beraten und Informationen dazu gegeben, wie sich die Spieler je nach Schiedsrichter auf dem Platz verhalten sollten. Laut den übereinstimmenden Medienberichten liegen der Staatsanwaltschaft entsprechend keinerlei Belege vor, ob die von beiden Seiten beschriebenen Beratungstätigkeiten überhaupt stattgefunden haben.

Als Enríquez Negreira 2018 aus dem Schiedsrichterausschuss ausschied, stellte der Klub die Zahlungen umgehend ein. Barcelonas Ex-Präsident Josep Maria Bartomeu, der den Klub von 2014 bis 2020 leitete, erklärte bei "Cadena SER", dass die beendete Dienstleistung mit einer eingeführten Sparpolitik der Katalanen zusammengehangen habe. Den Klub drückten zwischenzeitlich Schulden in Milliardenhöhe.

Die Staatsanwaltschaft untersuche den Medienberichten zufolge auch mögliche steuerliche Vergehen von Enríquez Negreira, da keine Belege existieren, dass er für die Zahlungen überhaupt eine Gegenleistung erbracht habe.

Präsident des FC Barcelona wittert Verschwörung

Der Zeitpunkt für das Bekanntwerden der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und die Verbreitung durch die Medien kommt für Barcelonas Klubpräsident Joan Laporta nicht überraschend. "Es ist kein Zufall, dass diese Informationen gerade jetzt veröffentlicht werden, wo es bei Barça gut läuft", wird der 60-Jährige zitiert. Die "Blaugrana" sind nach einem großen personellen Umbruch im Sommer derzeit mit komfortablem Vorsprung auf Erzrivale Real Madrid souveräner Spitzenreiter in der spanischen La Liga.

Auch Trainer Xavi zeigte sich angesprochen auf die Anschuldigungen erbost. "Wir analysieren intern immer die Schiedsrichter, die uns zugelost werden", erklärte der Coach gegenüber Medienvertretern. "Das machen wir, klar, aber das machen wir schon seit vielen Jahren, das ist keine Neuigkeit."

Welche Sanktionen drohen dem FC Barcelona?

In Hinblick auf mögliche Sanktionen für "Barca" unterscheiden sich die Meinungen in den spanischen Medien je nach Herkunftsort. Katalanische Medien wie "El Mundo Deportivo" und "Sport" berichten nicht über den Korruptionsverdacht und mögliche Strafen gegen den Klub. Hauptstadtnahe Quellen wie die "Marca" kritisieren dieses Vorgehen, werfen der Konkurrenz Beeinflussung in der Berichterstattung vor und berufen sich auf die Grundsätze des spanischen Verbandes RFEF.

Artikel 22 aus der Satzung, der sich um Werte wie Loyalität und Integrität in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Fairplay dreht, könnte laut "Kicker" zum Knackpunkt für Barcelona werden. Dem Bericht zufolge ermittle nun auch die Rechtsabteilung des Verbands wegen Verstößen gegen die Grundsätze der Liga gegen Enríquez Negreira sowie den Klub und werde dabei von der CTA unterstützt.

Darüber hinaus könnte das Vorgehen der Katalanen auch in die Belange des "Königlichen Erlasses über Disziplin im Sport" (Real Decreto sobre Disciplina Deportiva) von 1992 fallen. Im Dekret des "Consejo Superior de Deportes" geht es in Artikel 14 um Handlungen, "die darauf abzielen, durch Geld, Einschüchterung oder einfache Absprachen das Ergebnis eines Wettbewerbs vorauszubestimmen".

Wie die "Marca" berichtet, sollen RFEF und Consejo Superior de Deportes zunächst jedoch auf ein Urteil eines ordentlichen Gerichts warten, ehe sie selbst über mögliche Strafen entscheiden würden. Je nach Verlauf der Ermittlungen könnten "Barca" dann Sanktionen im Bereich von Geldstrafen bis hin zum Zwangsabstieg drohen.

Auch Enríquez Negreira könnte für seine Beteiligung dann zur Rechenschaft gezogen werden. Diesbezüglich kommt nun aber Bewegung in die Ermittlungen. Laut "El Español" legte der Anwalt des Ex-Schiedsrichters der Kriminalpolizei kürzlich einen medizinischen Bericht vor, der belegen soll, dass sein Klient unter einer beginnenden Alzheimer-Erkrankung leide.

Weiterhin heißt es, dass der ehemalige Vizepräsident des Schiedsrichterausschusses nun von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch gemacht haben soll und je nach dem Grad seiner Krankheit strafrechtlich nicht belangt werden könne, sollte Barcelona für die dubiosen Zahlungen zur Rechenschaft gezogen werden.

Verwendete Quellen:

  • Kicker: 1,4 Millionen für einen Schiedsrichter-Boss? Korruptionsvorwürfe gegen Barça
  • Spiegel: FC Barcelona unter Korruptionsverdacht
  • ZDF: FC Barcelona unter Korruptionsverdacht
  • Pressemitteilung des FC Barcelona: Comunicado del FC Barcelona
  • Marca: La defensa de Enríquez Negreira alega alzhéimer para evitar responsabilidad penal por los pagos del Barcelona
Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "So arbeitet die Redaktion" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen. Unsere Berichterstattung findet in Übereinstimmung mit der Journalism Trust Initiative statt.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.