Für Ryan Reynolds und Rob McElhenney bleibt der AFC Wrexham eine Erfolgsgeschichte. Zwar haben die beiden Hollywood-Stars viel Geld in den walisischen Traditionsklub gesteckt. Doch in diesem Jahr winkt der dritte Aufstieg in Folge.

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Ryan Reynolds und Rob McElhenney verstehen ihr Handwerk. Die beiden Besitzer des Fußball-Klubs AFC Wrexham wissen daher, wie sie in die Kamera schauen müssen, um Aufmerksamkeit und Mitleid zu erregen. Denn die Hollywood-Schauspieler leiden unter den finanziellen Belastungen ihres Investments in den walisischen Traditionsklub. Zumindest wollen sie das den Zuschauern in dem Clip glauben lassen – um den Verkauf von reduzierten Trikots anzukurbeln.

"Einen Fußballverein zu leiten, ist, als würde man Geld verbrennen", sagt Reynolds im Video: "Nur dass es einen nicht warm hält." McElhenney beschreibt es so: "Stellen Sie sich ein schwarzes Loch vor. Werfen Sie jetzt Ihren Geldbeutel hinein." Und Reynolds scherzt: "Sie mögen denken, dass das alles nur Spaß und Spiel ist, aber Sie haben noch keinen Anruf von Rob McElhenney um 3 Uhr morgens erhalten, der wie am Spieß schreit: 'Dieses Ding saugt mich jede einzelne verdammte Woche aus!'" Das Video erzielt die gewünschte Wirkung, denn rund um die Veröffentlichung ging der Online-Shop in die Knie.

Zweistellige Millionenverluste

Das Interessante dabei: Der Clip ist humorvoll aufgezogen, mit einem Augenzwinkern. Es steckt aber auch Wahrheit in den Aussagen der beiden, die den 1864 gegründeten Klub 2020 für rund 2,4 Millionen Euro kauften. Im vergangenen Jahr veröffentlichte der Verein die Zahlen für das Geschäftsjahr 2023 und bestätigte, dass man Reynolds und McElhenney insgesamt rund 10,5 Millionen Euro schulde.

Kieran Maguire, Dozent der Universität Liverpool, rechnete im Podcast "Price of Football" sogar noch weiter: "Was die Investitionen in den Klub angeht, kann man das Geld wahrscheinlich mindestens verdoppeln, sodass sie insgesamt wahrscheinlich irgendwo zwischen 18 und 20 Millionen Pfund liegen." Also zwischen 21,3 und 23,7 Millionen Euro. Was die nächtlichen Anrufe von McElhenney ganz gut erklären würde.

Gut investiertes Geld

Man muss aber dazu sagen, dass eigentlich kein Grund zur Sorge besteht, denn auch die Einnahmen wurden auf rund zwölf Millionen Euro gesteigert, was ein Plus von 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutete. Außerdem wurde das Geld der Hollywood-Stars nicht sinnlos in den Klub gepumpt, sondern gut angelegt. Der Racecourse Ground, das älteste internationale Fußballstadion der Welt, wurde aufgekauft und mit einer neuen, temporären Tribüne versehen, die in Zukunft einer moderneren Version weichen soll.

Die langfristige und extrem ambitionierte Vision der Besitzer: Eine Kapazität von 45.000 bis 55.000 Zuschauern. Aktuell sind es knapp 13.000, die Auslastung liegt bei fast 100 Prozent. Dazu wurden die Logen modernisiert, elektronische Werbetafeln installiert und ein neues, hochmodernes Fitnessstudio eingerichtet.

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Der sportliche Kurs stimmt

Fast noch wichtiger: Mit den sinnvollen Investitionen in die Infrastruktur ging auch der sportliche Erfolg einher, weil der Kader personell klug verstärkt wurde. 2022/23 schaffte der damalige Fünftligist den Sprung in die vierte Liga (League Two) und damit in den Profi-Fußball. 2023/24 folgte der Aufstieg in die League One.

Das hat seinen Preis: In dieser Saison steckte der Verein fünf Millionen Euro in neue Spieler, nur zwei Vereine gaben mehr aus. Und klar ist auch, dass sich Spieler aus höheren Ligen den Wechsel in die Provinz entsprechend gut bezahlen lassen. Laut "Transfermarkt" belegt Wrexham beim Marktwert mit 13,3 Millionen Euro Platz drei hinter Huddersfield Town (18,58) und Birmingham City (44,65), übrigens der Klub von Ex-NFL-Star Tom Brady.

Und in dieser Saison winkt Wrexham prompt der nächste Schritt: Nach 37 von 46 Spieltagen belegt der Aufsteiger hinter Tabellenführer Birmingham (83 Punkte) mit 71 Zählern Platz drei, punktgleich mit dem Zweiten Wycombe Wanderers, bei dem am vergangenen Wochenende ein 1:0-Sieg gelang. Die ersten beiden Teams steigen direkt auf, die Plätze drei bis sechs spielen in Playoffs einen dritten Aufsteiger aus. Der Vorsprung auf Rang sieben beträgt elf Punkte.

Trainer warnt vor dem Endspurt

"Wir dürfen das auf keinen Fall überbewerten", sagte Erfolgstrainer Phil Parkinson, der seit 2021 im Klub ist, über den Erfolg gegen den direkten Konkurrenten aus Wycombe. "Es ist ein großer Sieg. Aber es sind nur drei Punkte." Das Restprogramm ist machbar. Zwar warten in den letzten neun Spielen noch der Vierte und Fünfte, aber auch fünf Teams aus der zweiten Tabellenhälfte.

Klar ist: Der aktuelle Durchmarsch durch die Ligen macht die Cinderella-Story um den walisischen Traditionsklub nur noch märchenhafter und anziehender. Dadurch performt auch die dazugehörige Doku "Welcome to Wrexham", die bislang acht Emmys gewinnen konnte und den Verein auch über englische Grenzen hinaus bekannt und attraktiv für Sponsoren macht. Im Frühjahr startet die vierte Staffel. Und sollte tatsächlich der Aufstieg in die Championship gelingen, also in die zweite Liga, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten, auch finanzielle.

Der sportliche Erfolg ist die Grundlage

Für Reynolds und McElhenney stimmt dadurch trotz der Verluste der Ertrag, weil diese Art der Erfolgsgeschichte im Fußball eher eine Seltenheit ist. Oft hört man von verpulverten Millionen- und gar Milliardenbeträgen, Unmut unter den Fans aufgrund unsinniger Veränderungen rund um den Verein oder aufgrund sportlicher Bedeutungslosigkeit, kombiniert mit wachsender Unlust des Investors und einem am Ende bösen Erwachen.

Im Fall des AFC Wrexham gab es zuletzt hingegen eine freudige Überraschung, denn dass die milliardenschwere Familie Allyn aus New York Anteile an dem Klub gekauft hat, laut Wrexham "mehr als zehn Prozent", hat Folgen: Laut Bloomberg ist der Klub dadurch inzwischen umgerechnet rund 119 Millionen Euro wert! Eine Steigerung vom Kaufpreis um gut 4.900 Prozent. Eine weitere wahrscheinliche Folge: Keine nächtlichen Anrufe für Ryan Reynolds mehr.

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