"Spieler der Saison": Mit 30 Jahren ist Franck Ribéry endgültig auf dem Fußball-Thron angekommen- weil er sich gerne auch Szenenapplaus für Defensivaktionen abholt. Das Denkmal, das sich der kleine Flügelflitzer in München gebaut hat, könnte noch größer werden: Erst will er das Triple holen, um dann seine Vertragsverlängerung mit den Fans am Sonntag zu feiern. Jetzt fehlt nur noch der Ballon d'Or.

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Die 38. Minute läuft. Ein langer Ball von Barcelona ans Strafraumeck der Münchner. Linksverteidiger Alaba ist weit und breit nicht zu sehen. Aber das macht nichts, denn da kommt Franck Ribéry angeflogen. Klar, sein Kopfball sieht nicht so souverän aus wie bei Dante. Und statt den Ball ins sichere Seitenaus zu köpfen, landet er dann auch im eigenen Strafraum. Dennoch setzt es Szenenapplaus für den Münchner Flügelflitzer, der die Situation mehr oder minder souverän klären kann.

Der Fußball-Kaiser und Sky-Experte Franz Beckenbauer wird diese Situation in der Halbzeit mit einer seiner berühmt-berüchtigten und ebenso abgedroschenen Weisheiten kommentieren: "Stürmer im eigenen Strafraum sind immer gefährlich". Aber die 70er Jahre sind halt schon lange vorbei. Und heute müssen eben auch die Stürmer mit nach hinten arbeiten.

Das weiß auch Ribéry. Nach der 4:0 Hinspiel-Demontage gegen den FC Barcelona tritt er stolz vor die Presse: "Isch war heute Linksverteidiger", franzoselt der Monsieur ins Mikro. Ein breites Sieger-Grinsen liegt dabei auf seinem Gesicht.

Nach hinten arbeiten, nach vorne zaubern

Später wird Vize-Kapitän Bastian Schweinsteiger von einem Zwei-Augen-Gespräch mit dem Bayern-Star berichten. Wann und wo es stattfand ist nicht überliefert, aber es hat seine Wirkung wohl nicht verfehlt. "Franck", so Schweinsteiger, "wenn du hinten einen Ball abgrätscht, applaudieren die Zuschauer. Wenn Philipp das macht, klatscht keiner. Das wird von ihm erwartet."

Von Ribéry mittlerweile aber auch. "Er wird immer daran gemessen, was er in der Offensive macht. Für mich ist er am wertvollsten, wenn er auch nach hinten arbeitet. Und das macht er sehr gut", sagt Schweinsteiger.

Sport-Vorstand Matthias Sammer hält ihn aus demselben Grund für unverzichtbar für das Team: "Die größte Anerkennung von ihren Mitspielern in dieser Saison bekommt er wie auch Arjen Robben nicht, weil sie spektakulär nach vorne spielen, sondern weil sie sehr diszipliniert gegen den Ball arbeiten."

Robben trifft, aber Ribery ist der Strippenzieher

Ganz so stimmt das aber dann doch nicht: 89 Minuten sind im Champions-League-Finale gegen Borussia Dortmund gespielt. Vielleicht noch ein, maximal zwei Angriffe sind drin. Sonst geht es in die Verlängerung. Und daran haben die Münchner seit der Finalniederlage "dahoam" ein Jahr zuvor gegen Chelsea keine gute Erinnerung.

Ribéry bekommt einen langen Ball am Strafraum. In seinem Rücken startet Robben, dem er den Ball per Hacke in den Lauf legt. Robben trifft, aber Ribéry war der Strippenzieher – wie schon die ganze Saison. Auch beim 1:0 gegen Dortmund war es Ribéry, der Robben freigespielt hat und so das Tor von Mandzukic überhaupt erst eingeleitet hat. In 42 Pflichtspielen, die der Franzose für die Münchner in dieser Saison absolviert hat, war er damit an 35 (!) Toren beteiligt.

Weil er einerseits gelernt hat, sich in der Defensive in den Dienst der Mannschaft zu stellen, und andererseits in dieser Saison in der Offensive so effektiv wie noch nie ist, war es die "wahrscheinlich besten Saison seines Lebens" (Trainer Jupp Heynckes über Ribéry).

Ribéry: Spieler der Saison – auf ewig in München?

Mit dem so lange ersehnten Champions-League-Titel hat sich der 30-Jährige in München endgültig ein Denkmal gebaut. Es scheint fast egal, ob er auch beim DFB-Pokalfinale gegen Stuttgart am Samstag den Titel mit den Münchnern holt. Dennoch, nun soll das Triple her: "Wenn wir dort verlieren, fehlt etwas", gibt Ribéry zu.

Aber schon jetzt steht fest, dass der kleine Franzose der Spieler der Saison ist. Vom "kicker" bekam er die Durchschnittsnote 2,10 und liegt damit unangefochten auf Platz eins vor Mario Götze (2,46) und Thomas Müller (2,74). Auch die "Sport Bild" hat ihn mit einer Durchschnittsnote von 2,24 vor Götze (2,52) und Müller (2,60) auf den Thron gehoben. Sein Ex-Trainer Ottmar Hitzfeld räumt ihm auch "gute Chancen" für den Ballon d’Or ein.

So verwundert es nicht, dass der FC Bayern Ribéry eine Vertragsverlängerung bis 2017 angeboten hat. Und der 30-Jährige möchte seine Karriere am liebsten in München beenden. Laut "kicker" könnte das schon bei der möglichen Triple-Feier am Sonntag bekannt gegeben werden: "Warum nicht, da müssen Sie Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß fragen. Ich bin bereit dafür", so Ribéry.

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