Nach der schwierigsten Phase seiner Karriere meldet sich Mario Götze endlich zurück. Was aber ist zu erwarten vom Weltmeister? Wie sollte Borussia Dortmund mit dem Spieler umgehen? Und braucht ihn der Klub überhaupt noch?

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Selbst in der langen Krankenakte von Mario Götze war diese Leidenszeit besonders dramatisch. 135 Tage hat der Dortmunder seinem Klub nicht zur Verfügung gestanden, eine Stoffwechselkrankheit setzte Götze seit Ende Februar außer Gefecht.

Eine bedrohliche Situation war das, einige wollten sogar die Karriere des erst 25-Jährigen gefährdet sehen. Jetzt hat sich Götze aber zurückgemeldet. "Ich bin echt auf einem sehr guten Weg", ließ er seine Fans bei Facebook wissen. "Ich freue mich unendlich, wieder auf dem Platz zu stehen und bald in unserem Tempel wieder Fußball spielen zu können."

Die erste Saison nach seiner Rückkehr zum BVB war beinahe komplett zum Vergessen. Vier Verletzungen und am Ende die Krankheit bremsten Götze immer wieder aus, auf jedes sportliche Highlight folgte mit schöner Regelmäßigkeit ein gesundheitlicher Rückschlag.

Damit setzte er auch in Dortmund seine bei den Bayern begonnene Malaise unvermindert fort und wurde zum Dauerpatienten, statt zum großen Hoffnungsträger.

Der will er jetzt wieder werden, wenn er zum Trainingsauftakt gewissermaßen als Neuzugang zur Mannschaft stößt. Es hat sich einiges getan in Götzes Abwesenheit, der Bombenanschlag auf den BVB-Mannschaftsbus, das Durcheinander um Trainer Thomas Tuchel samt dessen Entlassung, der Pokalsieg.

Welches Leistungsvermögen hat Götze?

In den Fokus der meisten Fans hat es Götze in der abgelaufenen Saison nicht so richtig geschafft, bei den großen Spielen und den tragischen Momenten war er außen vor, weit weg von der Mannschaft und dem Trubel drumherum.

Also hat er es in der wichtigen ersten Saison nach seiner Rückkehr auch nicht in die Herzen der Anhänger schaffen können - was angesichts seiner Vorgeschichte keine unerhebliche Sache gewesen wäre.

Bald soll er aber wieder da sein, austrainierter und robuster denn je. So lautet zumindest der Plan.

Man kann derzeit erahnen, dass Götze die Zeit seiner Abstinenz nicht nur zum Überwinden der Krankheit genutzt hat, sondern auch um seinen Körper wieder auf ein Höchstmaß an Leistungsfähigkeit zu trimmen.

Der Spieler wirkte auf einigen Fotos zuletzt deutlich austrainierter als in seinen letzten Spielen der abgelaufenen Saison, vielleicht so fit wie seit seinen ersten Jahren im Profibereich nicht mehr.

Götze hat seine Hausaufgaben offenbar gemacht, am Wochenende stehen die ersten Belastungstests im Rahmen des Mannschaftstrainings an.

Nach handelsüblichen Fußballerverletzungen wie sie auch Götze schon zu Hauf hatte, kann man eine ungefähre Erwartungshaltung an den Spieler hegen. Nach einer sehr diffusen Krankheit wie der von Götze aber fällt eine Einordnung des Leistungsvermögens schwer.

Wie genau die Krankheit den Spieler beeinträchtigt, wissen nur Götze und die behandelnden Ärzte. Und wie schnell der Weltmeister nun beim BVB wieder Fuß fassen kann, weiß nicht mal Götze selbst.

Watzke nimmt den Druck raus

"Ich freue mich sehr für Mario und natürlich auch für unseren BVB. Angesichts der schweren Monate, die hinter ihm liegen, sollten wir alle eine realistische Erwartungshaltung an den Tag legen", sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke deshalb auch am Donnerstag.

Der BVB-Boss baut Götze mal wieder eine Brücke und versucht sofort, den Druck aus der Sache zu nehmen. Aber Götze ist nun mal kein gewöhnlicher Spieler, sondern von Watzke persönlich zurückgeholt worden, um beim Aufbau des neuen BVB eine zentrale Rolle einzunehmen. Wie diese Rolle aber aussehen könnte, steht derzeit in den Sternen.

Götzes Rückholaktion hatte der Klub weiträumig angelegt, Monate im Vorfeld der finalen Entscheidung schon erste zaghafte Informationen durchsickern lassen, um das heikle Thema dann so unspektakulär wie möglich zu moderieren.

Da hatten der Verein und der Spieler genügend Zeit, um den richtigen Weg der Zusammenkunft zu wählen.

Nun aber drängt die Zeit ein wenig. Und derzeit ist noch nicht so recht klar, welche Rolle und auf welcher Position innerhalb der Mannschaft Götze demnächst auflaufen soll.

Mit dem neuen Trainer Peter Bosz hält auch eine neue Herangehensweise Einzug. Der Niederländer dürfte die von Vorgänger Tuchel ziemlich variabel gehandhabten Grundordnungen auf eine oder zwei grundlegende Varianten reduzieren.

Geduld ist gefragt

Bosz benötigt wie Götze auch in den ersten Pflichtspielen der Saison Sicherheit, er muss sich auf eine Basis verlassen können, die funktioniert. Das gilt für die Spielausrichtung ebenso wie für das Personal. Nach über vier Monaten ohne Fußball dürfte Götze eine gewisse Zeit benötigen, um wieder voll angreifen zu können.

Dazu hat sich der Konkurrenzdruck durch den Zukauf von Mahmoud Dahoud und Maximilian Philipp in Götzes Einsatzgebieten nochmals verschärft. Die langwierige Verletzung von Marco Reus suggeriert zwar eine offene Planstelle.

Spieler wie Ousmane Dembélé, Shinji Kagawa oder Christian Pulisic haben aber eine starke Rückrunde hinter sich und gezeigt, dass sie auf der Halbposition in der Offensive auf Topniveau spielen können.

Der BVB und Mario Götze werden tatsächlich etwas mitbringen müssen, das es in der Bundesliga kaum noch gibt: Geduld.

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