Aufregung auf Schalke: Der Siegtreffer in letzter Sekunde zählt nicht, weil der Ball zuvor im Aus gewesen sein soll. Das lässt sich weder beweisen noch widerlegen. In Mainz fällt ein regelgerechtes Hand-Tor, und das Spitzenspiel hat auch einen Spitzenschiedsrichter.

Alex Feuerherdt, Schiedsrichter
Meine Meinung
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Obwohl es für fast alle Klubs um sehr viel ging, standen die Schiedsrichter am vorletzten Spieltag dieser Bundesliga-Saison kaum in der Kritik. In fast allen wichtigen Situationen lagen sie ganz richtig oder trafen doch zumindest vertretbare Entscheidungen.

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Schalke gegen HSV: War der Ball im Aus?

Manche jedoch ließen sich nicht aufklären. So wie eine in der Nachspielzeit der Begegnung zwischen dem FC Schalke 04 und Hamburger SV (1:1). Da köpfte Sead Kolasinac den Ball nach einem Eckstoß zum vermeintlichen 2:1 ins Tor der Gäste. Doch Thorsten Schiffner, der Assistent des guten Schiedsrichters Markus Schmidt, hatte zuvor die Fahne gehoben.

Denn die Kugel hatte aus seiner Sicht nach der Ausführung des Eckballs die Torauslinie in der Luft vollständig überschritten. Ob das stimmte oder nicht, konnte keine Zeitlupe zweifelsfrei zeigen.

Schiffner hatte allerdings einen guten Blick auf die Szene, auch wenn er nicht unmittelbar auf der Torauslinie stand - was ihm eine noch günstigere Perspektive ermöglicht hätte -, sondern knapp daneben. Besser als er dürfte es jedenfalls niemand gesehen haben.

Torkamera erfasst nur den Strafraum

Ohnehin müsse man den Helfern an der Linie in solchen Fällen vertrauen, sagt Hellmut Krug, der Schiedsrichter-Manager der DFL: "Darauf zu achten, ob die Flugbahn eines Eckballs die Torauslinie überschreitet, das sind Basics für die Assistenten." Schiffner sei außerdem "einer unserer erfahrensten".

Der Videobeweis, der mit Beginn der kommenden Saison in der Bundesliga eingeführt wird, hätte in dieser Situation übrigens nicht helfen können. Denn "auf Höhe der Torlinien ist nur die Kamera des Hawkeye-Systems angebracht, die überwacht, ob der Ball im Tor ist oder nicht", wie Krug erklärt. "Und die ist so fokussiert, dass sie nur den Bereich im Strafraum erfasst."

Anders als das menschliche Auge des Schiedsrichter-Assistenten. So blieb es in der Schalker Arena beim 1:1 und damit beim Punktgewinn für den HSV, was für den FC Ingolstadt 04 den Abstieg bedeutete.

Tor mit der Hand - trotzdem regulär

Beim Spiel der ebenfalls abstiegsgefährdeten Mainzer gegen Eintracht Frankfurt (4:2) bekamen die Hausherren derweil vor Augen geführt, dass ausnahmsweise auch ein Tor, das mit der Hand erzielt wurde, regulär sein kann.

Denn als Haris Seferovic mit eben diesem Körperteil für die 2:0-Führung seines Teams sorgte, konnte man ihm ganz gewiss keine Absicht unterstellen. Schließlich war er vom Mainzer Torwart Jannik Huth aus kürzester Distanz angeschossen worden und hatte seine Hand und seinen Arm dabei völlig normal gehalten.

Für Schiedsrichter Marco Fritz gab es deshalb keinen Grund, den Treffer zu annullieren. So, wie er keinen Grund hatte, auf Elfmeter für Mainz zu entscheiden, als dem Frankfurter David Abraham der Ball in der 36. Minute an den normal und locker herabhängenden Oberarm sprang.

In der Nachspielzeit hingegen sprach der Unparteiische den Gastgebern einen Strafstoß zu, als Yoshinori Muto von Michael Hector regelwidrig gestoppt wurde. Auch diese Entscheidung war korrekt. Lediglich beim Mainzer Anschlusstreffer zum 1:2 lag das Schiedsrichterteam daneben, denn der Torschütze Jhon Codoba befand sich im Abseits.

Topspiel mit Topschiedsrichter

Die meiste Arbeit an diesem Spieltag aber hatte der Referee der Partie zwischen dem bereits für die Champions League qualifizierten Aufsteiger RB Leipzig und dem schon als Meister feststehenden FC Bayern München (4:5).

Obwohl dieses Spitzenspiel rein sportlich nicht mehr von großem Belang war, bekam Tobias Stieler sehr viel zu tun - weil es beiden Mannschaften ums Prestige ging und sie gleichzeitig mit offenem Visier agierten. Ein äußerst torreicher Spielverlauf mit spektakulären und für den Referee manchmal kniffligen Szenen war die Folge.

Stieler zeigte dabei einmal mehr, warum er hierzulande zu den Topschiedsrichtern gehört und nicht zufällig zu Topspielen herangezogen wird. Mit seiner konsequenten und gleichzeitig empathischen Art sicherte er sich die Akzeptanz der Spieler auch in kritischen Situationen.

Eine davon führte schließlich zum 1:1-Ausgleich der Münchner: Der Leipziger Verteidiger Bernardo hatte den Ball im eigenen Strafraum nach Einschätzung des Unparteiischen absichtlich mit dem Arm gespielt, weshalb es Elfmeter gab. Tatsächlich war es wohl eher die Brust - doch allzu lange hielten sich die Ostdeutschen nicht mit der Entscheidung auf.

Bayern: Weniger Fouls, trotzdem mehr Gelbe Karten

Sogar völlig unstrittig war der Strafstoß auf der anderen Seite nach einem Foul von Xabi Alonso an Emil Forsberg. Auch die beiden Freistöße, die in die Münchner Tore Nummer drei und vier mündeten, waren vollauf berechtigt.

Erstaunlich könnte man finden, dass die Gastgeber zwar mehr Fouls begingen, die Gäste aber deutlich mehr Gelbe Karten erhielten - fünf zu eins lautete das Verhältnis am Schluss.

Geschuldet war es der Tatsache, dass der Rekordmeister gegen den Herausforderer lange Zeit immer wieder zu spät kam und darauf manchmal gereizt und undiszipliniert reagierte. Der Referee ahndete das richtigerweise mit Verwarnungen.

Die Vergehen der Leipziger dagegen bewegten sich mit einer Ausnahme nicht im gelbwürdigen Bereich, das Ungleichgewicht hatte also nachvollziehbare Gründe. Die Bayern akzeptierten es schließlich - und kamen mit fairen Mitteln doch noch zum Sieg.

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