- Die Impf-Diskussion um Nationalspieler Joshua Kimmich ist über die vergangenen Wochen sehr emotional geworden.
- Nun hat sich der 26-Jährige zu einer Impfung gegen das Coronavirus entschlossen.
- Er berichtet von seinen Erfahrungen und sagt, zuletzt seien "Grenzen überschritten" worden.
- Außerdem spricht er eine eindringliche Warnung aus.
Joshua Kimmich hält die heftige Debatte um seine Impfbedenken für völlig überzogen - und teils gefährlich. "Da wurden einfach Grenzen überschritten, wo manche aufgesprungen sind, auf diesen Zug, um sich da zu profilieren, um die ganze Diskussion für sich selbst zu nutzen, und das verurteile ich absolut", sagte der Nationalspieler vom FC Bayern München dem ZDF.
Seit Wochen ist der 26-Jährige das wohl prominenteste Beispiel in der scharfen gesellschaftlichen Diskussion um das Impfen und den Umgang mit der Corona-Pandemie. "Wir sprechen immer von Respekt, Toleranz, Offenheit, und das sind genau Werte, die mir in meiner Diskussion extrem gefehlt haben", sagte
"Wenn wir jetzt sagen, wir haben genug aufgeklärt, jetzt müssen wir Druck ausüben, bin ich mir nicht sicher, ob das der richtige Weg ist, und ich glaube, das wird dann zu einer noch größeren Spaltung in unserer Gesellschaft führen", sagte Kimmich. Er selbst hatte am Sonntag angekündigt, sich nach längerem Zögern selbst impfen lassen zu wollen.
Nagelsmann: Kimmich "hat das Heft des Handelns in die Hand genommen"
Bayern-Trainer
Kimmich musste als ungeimpfte Kontaktperson zuletzt zweimal in Quarantäne. Nach einer anschließenden Infektion mit dem Virus verzögert sich aktuell sein Comeback beim deutschen Meister wegen Lungenproblemen nach der COVID-Erkrankung. Frühestens im neuen Jahr kann der Mittelfeldspieler wieder zum Einsatz kommen. Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidzic hieß das Impf-Umdenken des Nationalspielers gut. "Wir haben die Corona-Thematik so gut wie durch", sagte er am Montag.
Auch der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) äußerte sich am Sonntagabend auf Twitter: "Die Entscheidung für die Impfung von Joshua Kimmich verdient Respekt. Er war nie ein Querdenker und hat nur zu lange gezögert". Er plädierte anscheinend auch für mehr Aufklärung als Druck: "So geht es leider vielen, auf den Intensivstationen bereuen viele ihr Zögern. Die Zögernden müssen wir gezielter ansprechen."
Joshua Kimmich: "Auch nur ein Mensch"
Das "Ja" von Kimmich und seine Impfwende könnten auch eine öffentliche Signalwirkung in der Impffrage zur Folge haben. Rund 70 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind bislang vollständig geimpft. "Als Fußballprofi und Nationalspieler ist er für viele Menschen Vorbild. Mehr Impfungen sind der Weg aus der Pandemie", sagte die neue Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP).
Kimmich selbst erklärte, dass er sich der "Vorbildfunktion" bewusst sei. "Ich bin Nationalspieler, ich bin Spieler vom FC Bayern München – und trotzdem bin ich irgendwo auch nur ein Mensch, der eben auch Ängste und Bedenken hat", warb der Schlüsselspieler bei Verein und Nationalteam um Verständnis. Jeder müsse für sich entscheiden.
Wie für die Politik sei es in der Pandemie für ihn schwer, immer die richtige Entscheidung zu treffen. "Auch deshalb verstehe ich es nicht ganz, wieso dann einem Menschen wie mir dieser Fehler nicht zugestanden wird und man da dann wirklich fast aus allen Richtungen mit dem Finger zeigt und auch urteilt", sagte Kimmich.
Auch enge Familien-Mitglieder von Kimmich geraten ins Visier
Sachliche Kritik könne er verstehen und müsse er "auch irgendwo aushalten", versicherte Kimmich. Er beklagte jedoch, dass "sehr viele persönliche Informationen an die Öffentlichkeit" geraten seien. Im Oktober hatte zunächst die "Bild"-Zeitung berichtet, dass Kimmich und vier weitere Bayern-Profis ungeimpft seien.
Kimmich räumte dies dann in einem Interview des TV-Senders Sky ein und nannte Sorgen wegen angeblicher Langzeitfolgen einer Impfung als Beweggrund. Viele Experten schließen solche langfristigen Wirkungen aber aus.
Im Zuge der stürmischen Debatte um den Nationalspieler seien auch enge Familien-Mitglieder ins Visier geraten. "Es war sogar so, dass bei der Beerdigung meines Opas Presse vor Ort war, und da stelle ich mir schon die Frage, wo ist da die Grenze, wie wollen wir miteinander umgehen in unserer Gesellschaft", sagte Kimmich. (ff/dpa)
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