• Sebastian Vettel wird der Formel 1 nach der Saison den Rücken kehren.
  • Überraschend ist das nicht, sondern vor allem konsequent.
  • An seiner Art, sein Standing zu nutzen, sollten sich mehr Sportler ein Beispiel nehmen.
Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzung des Autors einfließt. Hier finden Sie Informationen über die verschiedenen journalistischen Textarten.

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Sebastian Vettel hatte es in gewisser Weise angekündigt. In Frankreich war er gefragt worden, wer bei den wichtigen und kontroversen Themen die Stimme in der Formel 1 erheben würde, wenn er und Lewis Hamilton aufhören würden. "Instagram", war Vettels Antwort. Seit Donnerstag ist klar, wie Vettel das gemeint hat.

Dass er seinen Rücktritt auf Instagram durch einen kürzlich eingerichteten Account verkündete, zeigt, warum er der Formel 1 fehlen wird. Der jahrelange strikte Social-Media-Verweigerer nutzt die von ihm stets gemiedene Plattform, um die aus seiner Sicht wichtigste sportliche Nachricht der letzten Jahre rauszuhauen – Humor à la Vettel. Und wohl auch die Vorbereitung auf die Zeit, wenn die Königsklasse nicht mehr sein Hauptkanal sein wird. Heißt: Vettel wird wohl nach seinem endgültigen Abschied am 20. November nicht schweigen.

Zum Glück, denn Vettel ist alte Schule, eine ehrliche Haut, mit klaren Prinzipien und ungeschöntem Klartext. Mit deutlichen Ansagen, ohne Schnickschnack, Plattitüden oder Phrasen. Eine echte Rarität in der oberflächlichen Glitzerwelt der Formel 1.

Das schlechte Gewissen der Formel 1

Ob nun aus sportlicher Sicht, sei es bei unsinnigen Regeln, Ungerechtigkeiten oder bei den sterbenden Traditionsstrecken, oder aber gesellschaftspolitisch, wenn er nicht nur der Formel 1 den Spiegel vorhält – Vettel agiert als schlechtes Gewissen der Königsklasse, als Mahner, als Kritiker, setzt sich für mehr Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Diversität und gegen Rassismus ein. Stets offen, oft launig, meist pointiert.

"Formel-1-Fahrer zu sein, bringt Dinge mit sich, die mir nicht mehr gefallen", sagte der 35-Jährige im Rahmen seines angekündigten Abschieds zum Saisonende, "vielleicht werden diese irgendwann gelöst. Aber der Wille, diese Veränderung umzusetzen, muss viel stärker werden und schon heute zum Handeln führen. Reden reicht nicht mehr aus, und wir können es uns nicht leisten zu warten. Es gibt keine Alternative."

Nicht wenigen Fans ist er mit seiner Art, den Finger andauernd in die Wunde zu legen und unbequeme Dinge offen anzusprechen, auf den Geist gegangen, doch Vettel hat das gemacht, was viel mehr Sportler tun sollten: Ihre Reichweite, ihr Standing und ihre Möglichkeiten nutzen, um auf Missstände hinzuweisen. Die Fußball-WM in Katar grüßt schon, man darf gespannt sein, wie viele Fußballer und Funktionäre auf die Missstände in dem Wüstenstaat hinweisen, um tatsächliche Veränderungen anzustoßen. Die Chance dazu liegt auf dem Silbertablett, Vettel hat sie stets für sich und sein Anliegen genutzt.

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Vettel in den letzten Jahren sportlich wenig erfolgreich

Sportlich war Vettel in den letzten Jahren leider nicht mehr so erfolgreich wie mit seinem Engagement für eine bessere Welt, und auch davon abgesehen setzt er nun andere Prioritäten, will endlich mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Mit seinem Rücktritt zum Saisonende bleibt sich Vettel also treu, er bleibt vor allem konsequent. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Denn Besserung war mit Aston Martin wohl nicht in Sicht. Und an den Start zu gehen, um dabei zu sein und noch etwas Geld einzustreichen oder die Formel 1 weiter als Plattform zu nutzen, kommt für ihn nicht infrage.

Sein früherer Red-Bull-Teamchef Christian Horner, mit dem Vettel zwischen 2010 und 2013 seine vier WM-Titel gewann, hat es mit einem Satz ziemlich genau auf den Punkt getroffen. Vettel sei "in vielerlei Hinsicht Old School, blitzschnell, engagiert, schlagfertig und immer ein Gentleman". Genau deshalb wird er nicht nur der Formel 1 fehlen.

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