Ralf Schumacher schlägt Alarm: Es müssen sich Dinge ändern, damit der Motorsport im Nachwuchsbereich nicht weiter krankt. Denn Geld könne inzwischen Talent schlagen, so der frühere Formel-1-Pilot.

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Michael und Ralf Schumacher haben aus bescheidenen Verhältnissen den Sprung in die Formel 1 geschafft. Das wäre heute so kaum mehr denkbar. Ralf Schumacher mahnt an, dass der Motorsport im Nachwuchsbereich Schnupfen habe. Problematisch wird es, wenn er Husten bekommt.

Der Gedanke überrascht zunächst. Doch lässt man ihn sacken, wirkt er logisch. Denn es wäre heute wohl tatsächlich nie zu einer Formel-1-Karriere von Michael und Ralf Schumacher gekommen. Zumindest ist der Weg in die Motorsport-Königsklasse inzwischen ein komplett anderer.

Ein für Talente mit einem kleinen Geldbeutel und wenig finanzieller Unterstützung kaum zu bewerkstelligender Weg. Die Gefahr, dass man trotz toller Fähigkeiten irgendwann auf diesem Weg liegenbleibt und der Traum von der Formel 1 unerfüllt bleibt, ist groß.

"Ich glaube nicht, dass unser Weg heute so funktionieren würde", sagte Ralf Schumacher bei einem Sky Presse-Event, "weil damals der Andrang auf den Motorsport ein anderer war. Aber vor allem aus deutscher Sicht war da ein Hunger, da war ein Nachholbedarf." Firmen haben Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre viel Geld in den Motorsport investiert, es gab Förderprogramme für Junioren, auch Programme durch die Hersteller.

Und als Michael Schumacher in die Formel 1 kam, erschien RTL auf der Bildfläche, um als TV-Sender den Hype endgültig landesweit anzufachen. "Wenn ich sehe, was dann mit Michael passiert ist - das war unglaublich. Das hat dann auch geholfen, dass ganz viele deutsche Fahrer den Weg geebnet bekommen haben", sagte Ralf Schumacher.

Heute kann Geld sogar Talent schlagen

Damals war es die Regel, dass sich Talent meist auch durchgesetzt hat. Heute ist es möglich, "dass Geld Talent schlagen kann, weil man so viel Zeit im Kart oder auch im Auto hat, dass man das lernen kann". Vor allem in den Nachwuchsklassen mache das einen großen Unterschied.

Deshalb fordert Schumacher, dass es wieder mehr Testtage gibt, auch in der Formel 1. Und dann nicht nur für die aktuellen Fahrer, die zuletzt lediglich eineinhalb Tage hatten, um sich auf die neue Saison vorzubereiten. "Sondern auch, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, dass junge Fahrer wieder eine Chance bekommen", so Schumacher, der auf die beiden letzten Formel-2-Champions verweist.

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Denn der Brasilianer Felipe Drugovich und der Franzose Theo Pourchaire sind Titelträger 2022 und 2023, aber ohne Formel-1-Cockpit. "Und stattdessen fährt der mittlerweile 42-jährige Alonso mit. Nichts gegen Alonso - aber es kann ja auch nicht das Ziel der Formel 1 sein, dass sie immer älter wird", so Schumacher.

Folgen können fatal sein

Denn die Folgen könnten fatal sein. "Wo fängt das an und wo hört das auf? Jetzt hat der Motorsport Schnupfen im Nachwuchs. Und dann wird er Husten bekommen", so Schumacher.

"Wenn die Sponsoren, die Investoren, die Väter nicht mehr daran glauben, den Nachwuchs zu fördern, weil der nachher eh nirgendwo hinkommt. Das halte ich für gefährlich", betont Schumacher.

Denn die Profi-Verhältnisse fangen aus finanzieller Sicht bereits im Kartsport an. Wer dort vorne mitfahren will, muss 200.000 bis 300.000 Euro im Jahr zahlen. Bis hoch zur Formel 1 kann das Ganze über die Jahre zu einem zweistelligen Millionenbetrag anwachsen. Wer wie zum Beispiel Lance Stroll durch seinen schwerreichen Vater einen entsprechenden finanziellen Hintergrund hat, kann auf – für viele Konkurrenten im wahrsten Sinne des Wortes – unbezahlbare Vorteile zurückgreifen.

Aus deutscher Sicht kämpft sich zum Beispiel Tim Tramnitz nach oben, er geht 2024 in der Formel 3 an den Start, als Red-Bull-Junior auch mit Unterstützung durch den Getränkekonzern. "Es ist generell ein extrem schwieriger Weg in die Formel 1. Für mich wäre es ohne Red Bull finanziell wohl nicht möglich gewesen, den Weg nach oben weiterzugehen. Und ich denke, dass ganz viele Familien damit Probleme haben. Motorsport ist leider so teuer. Und das ist das große Problem im deutschen Motorsport im Moment", sagte Tramnitz im Gespräch mit unserer Redaktion.

"Tramnitz wächst hoffentlich mit der Aufgabe"

Ralf Schumacher, ehemaliger Formel 1-Fahrer

Auch die Sponsorensuche ist alles andere als einfach. "Viele Leute denken, dass Motorsport und die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit nicht zusammenpassen", so Tramnitz, bei dem der Papa den Start finanziell stemmen konnte. Sein Ziel 2024 mit Red-Bull-Rückendeckung: "Der beste Rookie zu sein. Und dann auch um Podien und möglicherweise auch um Siege mitzukämpfen."

Das Potenzial dazu hat er, glaubt Schumacher. Die große Frage ist, ob Tramnitz bereit für den nächsten Schritt ist. "Er wächst hoffentlich mit der Aufgabe. Das muss er jetzt zeigen. Aber er hat nun alle Voraussetzungen. Red Bull steckt ihn in ein gutes Team, er kann Simulator fahren, die ganzen Trainings-Geschichten machen. Er hat die besten Chancen."

Verwendete Quelle

  • Online-Presseevent von Sky
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