• Zuletzt in Spielberg sorgten Berichte über rassistische und sexistische Fan-Vorfälle für Entsetzen.
  • Aber nicht nur deshalb haben die Fahrer Probleme mit einem Teil der Zuschauer auf den Tribünen.
  • Denn Buhrufe während Interviews oder Jubel bei Unfällen sorgen ebenfalls für Missstimmungen.

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Als Lewis Hamilton in Spielberg im Qualifying in den Reifenstapel rauschte, brandete auf der mit Fans von Max Verstappen voll bepackten Tribüne Jubel auf. Zu dem Zeitpunkt wusste niemand, wie hart der Aufprall, ob der Brite möglicherweise verletzt war – die Freude unter den Oranje-Fans war trotzdem groß. Ein Foulspiel der Fans, keine Frage, und eine weitere Episode im schwelenden Zoff zwischen den Fahrern der Königsklasse und einem Teil der Anhänger. Mit Spielberg als vorläufigem Tiefpunkt.

Der Eklat um angeblich rassistische Beleidigungen oder sexuelle Übergriffe bestimmte die Schlagzeilen rund um das Wochenende, Sebastian Vettel forderte zum Beispiel lebenslange Sperren für die Übeltäter. Dabei ist dieser Skandal nur ein Teil des Problems. Denn davor gab es in Silverstone zum Beispiel Buhrufe gegen Max Verstappen, die für Missstimmungen sorgten. "Ich denke, wir sind besser als das. Ich würde sagen, das Buhen braucht es nicht. Wir haben doch so tolle und auch so sportliche Fans“, sagte Hamilton. "Sie fühlen Emotionen, Höhen und Tiefen, aber das Buhen kann ich definitiv nicht gutheißen. Das sollten wir nicht tun."

Verstappen nimmt es locker

Verstappen selbst nahm die Schmähungen gewohnt locker. "Wer buhen will, der soll buhen. Vielleicht mögen mich hier ein paar Leute nicht, aber das ist schon in Ordnung. Da hat halt jeder seine eigene Meinung, sagte der Niederländer. Und bekräftigte: "Mir ist das egal“. Trotzdem: Was im Fußball heutzutage müde belächelt wird und nicht einmal mehr groß als Beleidigung empfunden wird, kommt in der Formel 1 überhaupt nicht gut an. Doch Buhrufe sind das eine – Jubelschreie bei einem Crash sind ein absolutes No-go.

"Ich denke, wir müssen mehr mit den Fans darüber sprechen“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. "Das Jubeln, wenn ein Auto in der Wand gelandet ist, oder die Buhrufe, wenn ein Fahrer ein Interview gibt, ist nicht das, was wir mit unseren Gegnern machen, auch wenn man annehmen könnte, dass dort draußen eine Feindseligkeit zwischen uns herrscht", sagte der Österreicher.

Die Formel 1 hat seit dem vergangenen Jahr mit dem Duell Verstappen versus Hamilton nach langer Zeit mal wieder eine klassische Rivalität, die Stoff für jede Menge Geschichten liefert, 2022 aber nur auf Sparflamme köchelt, weil Mercedes in diesem Jahr nicht titelreif ist. Doch die jüngsten Szenen zeigen, wie tief der Stachel in beiden Fanlagern noch sitzt.

Einigkeit unter den Fahrern

Unter den Fahrern herrscht Einigkeit. Denn unpassend war auch der Zeitpunkt, nur eine Woche nach dem heftigen Crash des Chinesen Guanyu Zhou in Silverstone. "Ich denke, wenn man auf der anderen Seite der Absperrung steht, egal ob im Fußball oder im Motorsport, vergessen die Leute manchmal, dass da ein menschliches Wesen dahintersteckt", sagte Hamiltons Teamkollege George Russell.

Es gebe keine Rechtfertigung, jemanden auszubuhen oder zu bejubeln, egal aus welchem Grund, sagte der Brite: "Wir alle riskieren unser Leben und wissen, welche Gefahren der Motorsport birgt. Wenn du mit 300 Stundenkilometer durch die Gegend fährst und jemand jubelt dir zu, wenn du in die Mauer krachst ... Ich weiß nicht, wie man das formulieren soll", so Russell.

Daniel Ricciardo findet die Rivalität der beiden Ausnahmefahrer "großartig“. Es gebe wie in jedem Sport ein Für und Wider, so der Australier. "Ich denke, dass es cool ist, auf der Strecke zu kämpfen und bejubelt zu werden oder dergleichen. Aber ich war noch nie ein Fan von Buhrufen, also dulde ich keine Buhrufe“, sagte er. Und Jubel bei einem Unfall erst recht nicht.

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Gehört zum Leben dazu

"Das ist nicht das, was man gerne sieht, vor allem, wenn es ein ziemlich großer Unfall war", sagte sein McLaren-Teamkollege Lando Norris. Er wisse nicht, was man dagegen tun könne, sagte er. "Es ist nicht schön, aber es fühlt sich leider auch ein bisschen so an, als gehöre es zum Leben, weil Fans das eben manchmal tun."

Hamilton will sich damit nicht abfinden, vor allem nicht im Hinblick auf die Übergriffe in Spielberg. Er nimmt Formel 1 und Fahrer gleichermaßen in die Pflicht. Dabei kritisierte er die 2020 von der Königsklasse eingeführte Kampagne "We Race as One“, die mehr Vielfalt und Inklusion erreichen will. "'We Race as One' war gut und schön, aber es waren nur Worte. Es wurde nichts getan; es gab keine Finanzierung für irgendetwas Es gab kein Programm, um tatsächlich einen Wandel herbeizuführen“, kritisierte Hamilton.

Er will Taten sehen. Konsequenzen. Aktionen. "Wir müssen unsere Plattformen nutzen, wir müssen wirklich einen Schritt weitergehen und einige der Dinge, die wir sagen, auch in die Tat umsetzen“, so der siebenmalige Weltmeister. "Einfach nur reden... das reicht nicht. Es ist inakzeptabel. Es ist nicht genug.“ Denn eine erfolgreiche Kampagne würde möglicherweise auch ein Umdenken auf den Tribünen herbeiführen. Und zwar in jeglicher Hinsicht.

Verwendete Quellen:

  • Pressekonferenzen
  • TV-Übertragung Sky
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