• Patrick Esume ist als Moderator und Experte von ran das Gesicht des deutschen American Football.
  • Im Interview spricht der ehemalige Trainer über den Super Bowl sowie die Situation im deutschen Football.
  • Besonders spannend ist das Duell zwischen den Quarterback-Stars Tom Brady und Patrick Mahomes.
Ein Interview

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Der Super Bowl wird am Sonntag ab 22:40 Uhr auf ProSieben übertragen. Bereits ab 20:15 Uhr beginnt auf ProSieben MAXX der Countdown zum Super Bowl.

Herr Esume, warum sollten die deutschen Sportinteressierten die Nacht durchmachen und sich den Super Bowl ansehen?

Patrick Esume: Weil die beiden größten Quarterback-Persönlichkeiten unserer Zeit im größten Spiel der Welt aufeinandertreffen: Tom Brady von den Tampa Bay Buccaneers und Patrick Mahomes von den Kansas City Chiefs. Das sollte man nicht verpassen. In Zeiten von Home Office und Gleitzeit haben viele ja auch die Gelegenheit, am Montag etwas später mit der Arbeit zu beginnen.

Sprechen wir über die Quarterbacks: Tom Brady gewann sechs Mal den Super Bowl, gilt als der beste Footballspieler aller Zeiten und steht nun im Alter von 43 Jahren erneut im Finale. Wie ist das überhaupt möglich?

Das hat mehrere Gründe. Tom Brady hat ein Verständnis dafür, wie er seinen Körper zu pflegen hat. Bei ihm kommt vieles zusammen: Ernährung, genügend Schlaf, Physiotherapie und ein spezialisiertes Training. Zudem hat er ein großes Spielverständnis und ist immer top vorbereitet. Das zeichnet ihn aus.

Könnte der Super Bowl das letzte Spiel von Tom Brady sein?

Nein. Er hat noch ein Jahr Vertrag und möchte diesen sicherlich auch erfüllen. Selbst wenn er zum siebten Mal den Super Bowl gewinnt, wird er alles daran setzen, diesen im kommenden Jahr zum achten Mal zu gewinnen. Er ist zu gut, um aufzuhören.

Patrick Mahomes, der Quarterback der Chiefs, ist 18 Jahre jünger. Inwiefern unterscheiden sich die beiden Spielmacher?

Zwischen Brady und Mahomes bestehen große Unterschiede. Mahomes ist der moderne Quarterback, weil er schnell und beweglich ist. Er kann also nicht nur werfen, sondern auch läuferisch für Raumgewinn sorgen.

Brady ist mit seinen 43 Jahren nicht mehr dazu in der Lage und war auch früher nicht für seine Schnelligkeit bekannt. Mahomes hat auch den etwas stärkeren Wurfarm und feuert die Bälle aus sämtlichen Situationen ab, notfalls sogar mit dem linken Arm. Das kann Brady nicht. Dafür aber ist Brady erfahrener und mental stärker.

Nun ist Football ein Mannschaftssport. Welche Mannschaft ist insgesamt stärker besetzt?

In der Offense verfügen beide Teams über gute Running Backs und viele gute Passempfänger. Hier sehe ich die Mannschaften ausgeglichen. Die Tampa Bay Buccaneers haben allerdings die bessere Defense. Die Verteidigung spielt sehr aggressiv und ist auch statistisch besser als Kansas City. Allerdings hat auch die Defense der Chiefs bewiesen, dass sie in den großen Spielen funktioniert.

Was ist für Sie das Schlüsselduell im Super Bowl?

Die große Frage ist, ob die Defense der Buccaneers eine Strategie gegen die vielseitige Offense der Chiefs findet. Als die beiden Mannschaften Ende November aufeinandertrafen, gelang das nicht. Deshalb gewannen damals die Chiefs.

Vor allem der Wide Receiver Tyreek Hill und der Tight End Travis Kelce sind normalerweise kaum zu stoppen und werden von Mahomes sehr oft angespielt. Aber wie gesagt: Auch die Buccaneers haben viele gute Spieler in der Offense. Das ist ein Duell der Extraklasse.

Die Head Coaches sind Andy Reid von den Chiefs und Bruce Arians von den Buccaneers. Was sind das für Trainertypen?

Ich würde sagen, dass Bruce Arians der bessere Motivator ist, Andy Reid und sein Trainerteam allerdings innovativer sind und oft den besseren Gameplan haben.

Es ist das erste Mal überhaupt, dass ein Team den Super Bowl im eigenen Stadion bestreitet. Wie groß ist der Heimvorteil für die Tampa Bay Buccaneers, wenn aufgrund von Corona nur 22.000 Zuschauer im Stadion sein dürfen?

Das ist noch immer ein großer Vorteil. Allein schon, weil die Buccaneers sich in der gewohnten Umgebung auf das Spiel vorbereiten können. Man schläft im eigenen Bett, frühstückt mit der Familie und fährt dann zum Spiel. Die Chiefs müssen erst einmal dorthin reisen und im Hotel übernachten.

Themawechsel: In dieser Saison hatten wir mit Jakob Johnson von den New England Patriots, Mark Nzeocha von den San Francisco 49ers und Equanimeous St. Brown von den Green Bay Packers drei Deutsche in der NFL. Wie gut ist der deutsche Football momentan aufgestellt?

Es gab Zeiten, in denen wir mehr Deutsche in der NFL hatten. Allerdings gibt es immer mehr junge deutsche Talente, die in die USA gehen und dort für eine High School oder ein College spielen. Das ist der beste Weg, um es in die NFL zu schaffen. Daher glaube ich, dass wir in den nächsten drei bis fünf Jahren mehr NFL-Spieler mit deutschem Pass haben werden.

In der NBA hatte Deutschland mit Dirk Nowitzki einen der besten Basketballspieler der Welt. In der NHL verfügt Deutschland in Leon Draisaitl über den besten Eishockeyspieler der Welt. Werden wir auch bald einen deutschen NFL-Spieler haben, der zu den Top-Stars der Liga zählt?

Ich glaube, das ist eher unwahrscheinlich. Eishockey und Basketball sind olympische Sportarten, die in Deutschland eine lange Geschichte haben. Das trifft auf American Football nicht zu. Daher ist die Diskrepanz zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten sehr groß.

Aber wer weiß: Vielleicht wird der deutsche Quarterback Alexander Honig nun bei der College-Mannschaft von TCU Horned Frogs richtig durchstarten, in einigen Jahren in die NFL gelangen und den Super Bowl gewinnen. Ich würde ihm das gönnen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber gering.

In diesem Jahr startet mit der European League of Football eine neue Football-Profiliga mit sechs Teams aus Deutschland sowie jeweils einem Team aus Polen und Spanien. Sie sind als Commissioner dafür verantwortlich. Könnte diese Liga ein Sprungbrett in die NFL sein?

Wir hoffen natürlich, dass einige über unsere Liga den Sprung in das International Pathway Program der NFL (Förderprogramm für junge internationale Spieler, Anm.d.Red.) schaffen. Denn nicht jeder hat die Möglichkeit, auf ein amerikanisches College zu gehen und sich dann beim Draft auswählen zu lassen.

Trotzdem: Der beste Weg in die NFL besteht weiterhin darin, auf ein College zu gehen und beim Draft von einem Team ausgewählt zu werden.

Über den Experten: Der ehemalige Footballspieler Patrick Esume hat als Trainer Erfahrungen in der NFL Europe und in der NFL gesammelt, war zudem Nationaltrainer von Frankreich und gewann 2018 die Europameisterschaft. Seit 2015 arbeitet er als Experte und Kommentator für ran Football auf ProSieben und ProSieben MAXX, betreibt darüber hinaus den Youtube-Channel „Football Bromance – TV“ und ist Commissioner der neugegründeten European League of Football.


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