Die SPD-Basis stimmt ab Dienstag über den Koalitionsvertrag mit der Union ab. Vom Parteinachwuchs hagelt es vorab Kritik. In zwei Bundesländern rufen die Jusos dazu auf, bei der Abstimmung gegen die Koalition zu stimmen.
In der Parteijugend der SPD formiert sich Widerstand gegen den Koalitionsvertrag von Union und SPD im Bund. Die Jusos aus Bayern und aus Schleswig-Holstein lehnten die Vorhaben ab und riefen zu einem Nein beim Mitgliederentscheid ihrer Partei auf.
Auch Jusos aus anderen Bundesländern äußerten Kritik an den Plänen der möglichen schwarz-roten Regierung. Die Befragung der gut 358.000 SPD-Mitglieder zum Koalitionsvertrag beginnt am Dienstag und soll zwei Wochen dauern.
Kritik an Migrationsplänen
Die Vorsitzende des größten Juso-Landesverbands in Nordrhein-Westfalen, Nina Gaedike, sagte dem "Handelsblatt", die Pläne von Union und SPD gingen in eine Richtung, "die wir nicht gutheißen können". Die Juso-Chefin aus Niedersachsen, Ronja Laemmerhirt, sprach von "Dealbreakern" im Koalitionsvertrag. Für die Berliner Jusos steht schon fest, dass sie die Vereinbarung von Union und SPD ablehnen werden.
Die Jusos aus Bayern und Schleswig-Holstein fassten bereits Beschlüsse dazu. Der Koalitionsvertrag sei "nicht geeignet, um die zentralen politischen Fragen und die enorme Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft anzugehen", argumentierte die bayerische SPD-Jugend. Die Jusos aus Schleswig-Holstein sprachen von "unsolidarischen migrations-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorhaben".
In mehreren Bundesländern übten Jusos Kritik unter anderem an der geplanten Abkehr vom Bürgergeld, einer Aufweichung der Rechte von Arbeitnehmern im Bereich der Arbeitszeit und den Plänen zur Migration. Außerdem fehlten eine Vermögensteuer und eine Erbschaftssteuerreform.
"Zu viel geht gegen die Ideen der Sozialdemokratie!", argumentierten sie. Bei Menschenrechten und grundlegenden Idealen der Sozialdemokratie dürften keine Kompromisse gemacht werden.
SPD-Mitglieder sollen über Zustimmung zu Koalition abstimmen
Die SPD will sich über eine Mitgliederbefragung den Koalitionsvertrag innerparteilich absegnen lassen. Alle Mitglieder werden per Post angeschrieben, die Abstimmung soll dann aber rein digital erfolgen. Gültig ist das Votum nur, wenn sich mindestens 20 Prozent der Mitglieder beteiligen. Ab Dienstag soll die Abstimmung unter den 358.000 Mitglieder der SPD beginnen.
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hatte die Parteimitglieder in dieser Woche um Zustimmung zu dem 144 Seiten starken Vertragswerk gebeten. "Ich werbe für ein starkes Ja der SPD-Basis, damit wir gemeinsam Verantwortung übernehmen können. Wir haben viel herausgeholt: massive Investitionen in die Zukunft und den sozialen Zusammenhalt, in sichere Arbeitsplätze, bezahlbares Wohnen und einen handlungsfähigen Staat."
Die SPD hatte die Mitglieder auch 2013 und 2018 über die Koalitionsverträge mit der Union abstimmen lassen. Beide Male gab es große Zustimmung. Zur Ampel-Regierung mit Grünen und FDP gab es 2021 dagegen keine Entscheidung der Mitglieder. (dpa/bearbeitet von thp)