Kurz nach dem TV-Duell zwischen Trump und Harris hat Mega-Star Taylor Swift sich für die demokratische Kandidatin ausgesprochen. Weltweit berichteten Medien über ihr Statement. Könnte es die Wahl entscheiden? Und warum sind die Wahlentscheidungen von Promis in den USA so bedeutend?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Marie Illner sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

67,1 Millionen – so viele Menschen lockte das TV-Duell zwischen Republikaner Donald Trump und der Demokratin Kamala Harris im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen vor die Fernseher. Unter ihnen auch: Mega-Star Taylor Swift. "Wie viele von euch, habe ich heute Abend die Debatte gesehen", schreibt die Sängerin im Nachgang in einem Post bei "Instagram", wo sie 284 Millionen Follower zählt.

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Dann der entscheidende Satz, mit dem Beobachter schon seit Längerem gerechnet hatten: "Ich werde meine Stimme in der Präsidentschaftswahl 2024 für Kamala Harris und Tim Walz geben." Swift erklärt: Sie stimme für Harris, weil sie für die Rechte und Anliegen kämpfe, die ihr auch wichtig seien.

Trump reagiert wütend

"Harris ist eine besonnene, begabte Führungspersönlichkeit und ich glaube, dass wir in diesem Land so viel mehr erreichen können, wenn wir uns von Ruhe und nicht vom Chaos leiten lassen", schreibt Swift weiter und ruft zum Schluss noch Erstwähler zur Registrierung auf. Mehr als 11 Millionen Likes hat der Beitrag inzwischen.

Trump versetzte das Statement in Rage: "Ich hasse Taylor Swift", schrieb er in Großbuchstaben auf der Plattform "Truth Social". Dabei ist Swift nicht der erste Promi, der im US-Wahlkampf Farbe bekennt: Wellen schlug beispielsweise auch das Statement von Tech-Milliardär Elon Musk, bei den Wahlen im November seine Stimme für Donald Trump abzugeben.

"Glamour-Faktor" bei der US-Wahl

"Der Glamour-Faktor spielt bei den US-Wahlen eine große Rolle", sagt Politikwissenschaftler Klaus Schubert. Das liege vor allem daran, dass die Parteien in den USA eine ganz andere Stellung als in Deutschland hätten. Beispielsweise sei der Prozess, Mitglied zu werden, viel informeller. "Die 'Mitgliedschaft' erfolgt schon durch die Wählerregistrierung und die Teilnahme an Vorwahlen", erklärt Schubert.

Weil die Parteien dadurch viel größere Sammelbecken seien, würden einzelne, prominente Stimmen stärker ins Gewicht fallen. Der US-Wahlkampf sei insgesamt stärker als hierzulande von Emotionen, Identität und Persönlichkeiten geprägt. Auch die Rolle, die Promis beispielsweise durch Spenden und Wahlkampf-Finanzierung zukommt, ist eine gänzlich andere als in Deutschland.

Meinung des Vorbilds zählt

Und dann gibt es natürlich noch den offensichtlichen Punkt: Fan von jemandem zu sein bedeutet mitunter auch, dass dessen Meinung besonders ins Gewicht fällt – man identifiziert sich mit dessen Werten und Überzeugungen. Gerade unentschlossene Wählerinnen und Wähler kann das beeinflussen. Auf denen liegt seit jeher ein Fokus bei den US-Wahlen.

"Die Botschaft von Promis wie Taylor Swift erreicht Millionen Menschen – in ihrer Fangemeinschaft sind beispielsweise viele potenzielle Erstwähler und Frauen dabei", sagt Schubert. Durch ein Statement würden möglicherweise Menschen mobilisiert, die sonst nicht wählen gegangen wären.

Diesen Effekt konnte man bereits 2018 beobachten: Als Swift damals zur US-Zwischenwahl eine Stellungnahme abgab, kam es zu einer massiven Zunahme an Wählerregistrierungen junger Menschen. Laut einer Umfrage im Auftrag des Magazins "Newsweek" würden immerhin rund ein Drittel der Unter-35-Jährigen einer Wahlempfehlung von Swift folgen. Bereits 2020 hatte sich die Sängerin für Joe Biden ausgesprochen.

Von Bruce Springsteen bis Chuck Norris

"Swift ist nicht nur ein Jugendphänomen. Ihre Musik kommt auch bei Menschen im mittleren Alter an – und da sowohl bei Demokraten als auch bei Republikanern", meint Schubert. Immerhin kommt die 34-Jährige aus Tennessee – einem konservativ geprägten Bundesstaat. Mit einem "Knall-Effekt" rechnet der Experte dennoch nicht.

"Es ist gang und gäbe, dass Promis in den USA ihre Wahlentscheidung mitteilen. Selbst Zeitungsredaktionen geben oft Wahlempfehlungen ab", sagt auch Experte David Sirakov. Um ein paar Beispiele zu nennen: Auf die Seiten von demokratischen Kandidaten stellten sich in der Vergangenheit beispielsweise Bruce Springsteen, Oprah Winfrey, Leonardo DiCaprio und Katy Perry. Die Republikaner verbuchen bei sich wiederum Chuck Norris, Clint Eastwood, Kanye West und Kid Rock.

Knappes Rennen

"Wir haben es mit einem sehr knappen und auch in seinem Verlauf sehr überraschenden Wahlkampf zu tun. Am Ende werden schätzungsweise 50.000 bis 80.000 Wählerinnen und Wähler das Zünglein an der Waage sein", sagt Experte Sirakov. In Deutschland gebe es keine "50:50"-Entscheidungen und auch nicht einzelne Stars in diesem Ausmaß und mit dieser weltweiten Bedeutung.

Dennoch meint Sirakov: "Wir haben auch jetzt bei Swift in den Tagen nach ihrem Post einen Anstieg der Registrierungszahlen um das Vier- bis Fünffache gesehen. Ich würde es aber nicht als wahlentscheidend bezeichnen." Man sehe allerdings auch, dass sich solche, die sich erst relativ knapp vor einer Wahl registrieren lassen, mit größerer Wahrscheinlichkeit wirklich am Wahltag wählen gehen.

Frauenrechte und Selbstbestimmung

Sirakov glaubt nicht daran, dass Swifts Statement sattelfeste Republikaner umstimmen könnte. "Die Themen, die sie durch ihre Songs und Auftritte nach vorne stellt, führen ohnehin schon zu einem bestimmten Ausschnitt an Fans", sagt er. Beispielsweise habe sich Swift für Frauenrechte, Selbstbestimmung des eigenen Körpers, künstliche Befruchtungen und die LGBTQ-Community eingesetzt.

Die wütende Reaktion von Trump ist für Sirakov nur ein weiterer Beleg dafür, dass er mit Enttäuschung nicht umgehen kann und befürchtet, welche Auswirkungen ihr Statement haben könnte. "Die Signale, die von konservativer Seite kommen, sind außerdem widersprüchlich: Noch vor wenigen Wochen hieß es, Swift solle in ihrer Unterhaltungsrolle bleiben und sich nicht politisch äußern – später hieß es dann, es sei sowieso nicht so wichtig", sagt Sirakov.

Wohl kaum spontaner Entschluss

Swift haben die Republikaner immer wieder auch für Verschwörungserzählungen genutzt: So soll sie beispielsweise eigentlich Mitarbeiterin des Verteidigungsministeriums sein und vom Pentagon für psychologische Kriegsführung eingesetzt werden – propagiert unter anderem bei Sendern wie "Fox News".

Für Wirbel sorgten dann auch noch ein Like sowie eine Umarmung. Der Like kam von einer von Swifts besten Freundinnen, Brittany Mahomes, unter einem Beitrag von Trump. Die Umarmung zeigte die beiden bei den US Open. Fans reagierten verärgert darauf – und deuteten die Nähe zu Mahomes als Pro-Trump-Verhalten. "Vielleicht hat sich Swift daher besonders dazu gedrängt gesehen, ein Statement abzugeben. Der Zeitpunkt direkt nach der TV-Debatte spricht aber nicht für eine spontane Entscheidung", so Schubert.

Über die Gesprächspartner

  • Prof. Dr. Klaus Schubert ist Politikwissenschaftler an der Universität Münster. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Public Policy, Public Choice und Policy Analysis.
  • Dr. David Sirakov ist Politikwissenschaftler an der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz und forscht unter anderem zur US-Innenpolitik, mit besonderem Schwerpunkt auf die politische und gesellschaftliche Polarisierung.

Verwendete Quellen

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