In der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten und auch trotz weiterer Vorwürfe stehen die Freien Wähler in Bayern geschlossen zu ihrem Vorsitzenden Hubert Aiwanger. Das sagten mehrere Mitglieder des Partei- und Fraktionsvorstandes am Mittwoch nach gemeinsamen Beratungen im Landtag in München. Aiwanger, der ebenfalls mit dabei war, äußerte sich allerdings selbst nicht.

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"Wir stehen als Freie Wähler hundertprozentig hinter Hubert Aiwanger. Und das werden wir auch weiter tun", sagte Generalsekretärin Susann Enders. Es gebe eine "geschlossene Rückendeckung". Enders kritisierte Teile der medialen Berichterstattung, Rücktrittsforderungen der Opposition und sprach wörtlich von einer "üblen Schmutzkampagne".

Fraktionschef Florian Streibl betonte ebenfalls, man stehe geschlossen hinter Aiwanger. "Wir sind mit ihm solidarisch", sagte er.

Streibl fügte in Reaktion auf Äußerungen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vom Dienstag hinzu: "Eine Botschaft müssen wir senden: Eine Koalition in Zukunft wird es auch nur mit Hubert Aiwanger geben." Auf Spekulationen, Aiwanger könnte in einer Art Rochade aus dem Ministeramt an die Spitze der Freie-Wähler-Fraktion wechseln, ging Streibl nicht ein. "Aiwanger wird immer irgendwie dabei sein", betonte er lediglich. "Ohne wird's nicht gehen." Auch Fraktionsvize Bernhard Pohl sagte: "Für mich ist es völlig unvorstellbar, dass wir ohne Hubert Aiwanger weitermarschieren."

Söder hatte am Dienstag gesagt, er wolle die Koalition fortsetzen. Koalitionen hingen aber "nicht an einer einzigen Person", sagte Söder. "Es geht mit oder ohne eine Person im Staatsamt ganz genauso."

Streibl kritisierte, dass jetzt das Leben eines 16-Jährigen "fein säuberlich in der Öffentlichkeit seziert" werde. "Der Hubert Aiwanger, den ich kenne, ist nicht dieser 16-Jährige, der heute durch die Gazetten gezogen wird." Er nannte es auch gewagt, wenn Menschen nun, nach 35 oder 40 Jahren, Aiwanger anschwärzten. "Man hätte mit dieser Geschichte auch wesentlich früher kommen können, wenn sie denn so stimmt." Nun werde das Schicksal von Millionen Juden dazu instrumentalisiert, einen Politiker fertigzumachen, sagte Streibl.

Umweltminister Thorsten Glauber machte deutlich, dass er keine Grundlage für Söder sieht, Aiwanger aus dem Ministeramt zu entlassen. "Explizit ist hier nichts bewiesen." Und was nicht bewiesen sei, sei nicht justiziabel. Es gelte die Unschuldsvermutung, betonte er.

Aiwanger hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten in den 1980er Jahren ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien "ein oder wenige Exemplare" in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben.

Aiwanger muss Söder nun "zeitnah" 25 Fragen beantworten. Zudem gibt es neue Vorwürfe: Der heute 52-Jährige soll beim Betreten des schon besetzten Klassenzimmers früher ab und zu "einen Hitlergruß gezeigt" haben, wie ein Mitschüler dem ARD-Magazin "Report München" sagte. Aiwanger und seine Sprecher reagierten auf Anfragen dazu nicht.  © dpa

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