• Die Infektionszahlen steigen, doch in Deutschland werden Quarantäneregeln gelockert und ein Lockdown ist vom Tisch.
  • Eine Studie zeigt jedoch, dass die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung hierzulande bisher sehr strikt waren.
  • Es bleibt die Frage: Beginnt nun ein neuer, entspannterer Umgang mit der Pandemie?

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Die Infektionszahlen ziehen aufgrund der Omikron-Variante rapide an. Parallel aber geht die Impfquote in Deutschland weiter nach oben - rund drei Viertel der Menschen hierzulande ist mindestens einmal geimpft, fast 44 Prozent haben sogar schon ihre Boosterimpfung erhalten. Und die Politik: Lockert die Quarantäneregeln und ein Lockdown scheint auch vom Tisch zu sein.

Auch wenn Gesundheitsminister Karl Lauterbach weiter pflichtbewusst warnt und mahnt, stellt sich die Frage: Beginnt in Deutschland derzeit ein neuer Umgang mit COVID-19 und all seinen Mutationen?

Dafür wirbt nicht erst seit gestern der Bonner Virologe Hendrik Streeck. Via "Bild" wünscht er sich einen "pragmatischen Umgang mit der Pandemie", "um mit dem Virus leben zu lernen". Der dauerhafte Alarmzustand ist laut Streeck "ermüdend und nicht erfolgreich".

Also alles fein, zumindest weitgehend? So weit will nicht einmal Streeck gehen. Wie sein Pandemieerklärer-Kollege Christian Drosten und auch Lauterbach mahnt er an, die Belastung in den Krankenhäusern "weiterhin aufmerksam zu beobachten und notfalls mit Maßnahmen zu reagieren". Aber, so Streeck: Dazu gehöre auch, die "Hospitalisierungsinzidenz valide zu erfassen".

Omikron-Welle trifft Deutschland später als andere Länder

Die Corona-Zahlen steigen derweil in Deutschland deutlich, doch verglichen mit den schon hohen Omikron-Mauern benachbarter Länder baut sich die Infektionswelle später auf - warum? Die größte Rolle spielen wahrscheinlich die Schutzmaßnahmen, wie der Immunologe Carsten Watzl der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte. Die Delta-Welle sei gerade gebrochen, die ihretwegen verschärften Maßnahmen aber noch gültig und weiter wirksam gewesen, als Omikron im November gekommen sei.

Generell spiele die Reaktion der Menschen eine sehr große Rolle, erklärte Christine Falk von der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Bevölkerung hierzulande habe ihr Verhalten offensichtlich rasch an Omikron angepasst und sich vorsichtiger verhalten - und damit zum bisherigen Ausbleiben der Wand beigetragen. "Das Handeln jedes Einzelnen fließt in die Gesamtlage ein", betonte die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI).

Falk hofft, dass die Menschen weiter mit großer Vorsicht agieren und sich die Wand zumindest zur Welle reduzieren lässt. "Wir haben Omikron besser unter Kontrolle als andere, es ist machbar, dass uns die Zahlen nicht so sehr entgleiten wie anderen Ländern." Im öffentlichen Raum eine FFP2-Maske zu tragen, sei eine der wirksamen Maßnahmen dafür.

"Der einzige Vorteil der verzögerten Omikron-Welle bei uns ist, dass wir mehr Zeit für die Impfungen haben", erklärte Watzl. Denn auch wenn die Impfquote für die Ausbreitung nicht entscheidend ist - für die Belastung der Kliniken ist sie das. "Wenn Omikron auch bei uns zu 70 Prozent weniger Krankenhauseinweisungen im Vergleich zu Delta führen würde, hätten wir bei einer Inzidenz von 1.500 wieder die gleiche Belastung wie bei der vierten Welle."

Studie: Deutschland hat strikteste Corona-Maßnahmen weltweit erlassen

Bleibt die Frage nach den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung: Sind die in Deutschland tatsächlich so lax im Vergleich zu den europäischen Nachbarn? Mitnichten, hat die University of Oxford herausgefunden. Ihre Untersuchung zeigt sogar: Bis zum 10. Januar 2022 hat Deutschland nicht nur europa-, sondern sogar weltweit die striktesten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus erlassen.

In ihre Betrachtung einfließen lassen haben die Forscher 23 Indikatoren, etwa Schulschließungen, Reisebeschränkungen und Impfpolitik. Im Vergleich von 180 Nationen liegt die Bundesrepublik mit 84,26 von 100 Indexpunkten ganz vorne. Laut "Statista" zeigt der Wert, "wie viele der relevanten Indikatoren eine Regierung umgesetzt hat und in welchem Umfang". Was der Index allerdings laut der Auswertung nicht aussagt: "ob die Politik einer Regierung wirksam umgesetzt wurde". Die Nachbarn Italien und Frankreich liegen übrigens mit deutlichem Abstand auf den Rängen drei und vier. (dpa/mko)

Piks gegen Omikron: Wie gut schützt die Impfung?

Deutschland setzt gegen Omikron auf den ersten, zweiten und dritten Piks. Die Corona-Impfung soll es der vorpreschenden Virusvariante schwer machen. Doch wie gut wirkt sie gegen Omikron noch? Fotocredit: imago-images
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