Das Ergebnis scheint klar: Laut den Separatisten im Osten der Ukraine hat eine deutliche Mehrheit der Menschen bei den Referenden in den Gebieten Donezk und Luhansk für eine Unabhängigkeit der Region gestimmt. Wie geht es nun weiter? Eskaliert der Konflikt? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen im Überblick.

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Was wollen die Separatisten?

Die prorussischen Aufständischen im Osten der Ukraine erkennen die als proeuropäisch geltende Übergangsregierung in Kiew nicht an. Sie nennen sie "faschistische Junta" – und wollen sich von ihr loslösen. Unklar ist allerdings, wie genau diese Unabhängigkeit aussehen soll. Bislang haben die Separatisten "Volksrepubliken" in Donezk und Luhansk ausgerufen, den zwei Regionen, wo auch die Referenden abgehalten wurden. Mit den Abstimmungen wollen sie zeigen, dass hinter ihrem Vorhaben der "Volkswille" steht. Ein führendes Mitglied der Separatisten erklärte, dass sich nach der Abstimmung Donezk und Luhansk zusammenschließen wollen. Weitere Regionen sollen folgen. Ihr Ziel: In Anlehnung an die historische russische Provinz Neurussland einen Staat "Novorossija" bilden.

Welche Auswirkungen haben die Abstimmungen?

Die Separatisten kündigten an, nach dem Referendum eigene staatliche und militärische Strukturen bilden zu wollen. Was genau mit der Region geschieht, bleibt unklar. Die Frage im Referendum war nicht eindeutig gestellt: "Unterstützen Sie den Akt der staatlichen Eigenständigkeit der Volksrepublik Donezk?", hieß es. Ein Anschluss an Russland wie nach dem Vorbild der Krim war zunächst nicht geplant.

International wird das Referendum nicht anerkannt. Wahlbeobachter waren nicht vor Ort, Medien zur Auszählung nicht zugelassen. Es gab verschiedene Hinweise auf Wahlfälschungen. Doch auch ohne Anerkennung tragen die Abstimmungen zu einer weiteren Destabilisation der Ukraine bei. Die Übergangsregierung hat nach eigenen Angaben die Kontrolle über die Region im Osten des Landes verloren. Die Separatisten wollen sich ihr weiter entziehen und stellen die Präsidentschaftswahlen am 25. Mai in Frage. In Luhansk erklärten sie bereits, nicht an der Wahl teilnehmen zu wollen. Stattdessen würden sie ein neues Referendum planen: über den Beitritt zu Russland.

Wie reagieren die Ukraine und der Westen?

Viele Menschen im Osten der Ukraine sympathisieren mit den Separatisten, sie fühlen sich von der pro-europäischen Übergangsregierung in Kiew nicht vertreten. Sie erhoffen sich von einer Annäherung an Russland eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage.

Der Übergangspräsident Alexander Turtschinow dagegen bezeichnete die Abstimmungen als Farce, für ihn sei das Referendum rechtlich bedeutungslos. Die Organisatoren wolle er vor Gericht stellen. Das ukrainische Außenministerium warf Russland vor, die Abstimmung "inspiriert, organisiert und finanziert" zu haben.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte die Referenden "illegal". Sie dürften nicht ernst genommen werden. Auch eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton erklärte, die Europäische Union erkenne die Referenden nicht an.

Welche Rolle spielt Putin?

Vergangene Woche hatte der russische Präsident Wladimir Putin noch von den Separatisten verlangt, das Referendum zu verschieben. Nun unterstützt er die Abstimmungen. "Moskau respektiert den Ausdruck des Willens der Bevölkerung der Regionen Donezk und Luhansk", erklärte der Kreml am Montag. Russland forderte Kiew auf, die Ergebnisse politisch umzusetzen. Damit bleibt fraglich, ob Putin tatsächlich an einer Entspannung der Lage interessiert ist. Einige Beobachter vermuten, dass ihm weiteres Chaos in der Ukraine gelegen kommt, um den Einfluss auf das Land ausbauen zu können. Dazu passt: Neue internationale Ukraine-Gespräche seien nach dem Referendum nicht geplant, wie der russische Außenminister Sergej Lawrow betonte.

Wie geht es weiter?

In Europa wird daran gearbeitet, eine weitere Eskalation zu verhindern. Der Chef der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) will den EU-Außenministern einen Plan erläutern, mit der die Krise gelöst werden soll. Sie treffen sich heute in Brüssel, um über weitere Sanktionen gegen Russland zu beraten. Es geht um Einreiseverbote und Kontosperrungen.

Wie es weiter geht, hängt zudem vom Verhalten Putins ab, da sich die Separatisten klar Richtung Russland orientieren. Sie sind wirtschaftlich und politisch auf seine Unterstützung angewiesen. Die Frage ist, ob und inwieweit Putin ihnen diese gewähren wird.

Viel wird auch davon abhängen, ob es gelingt, die Präsidentschaftswahlen am 25. Mai zu ermöglichen. Nur wenn in allen Landesteilen gewählt wird, hätte der Sieger die nötige Legitimation und damit die Chance, tatsächlich an einer Aussöhnung und einem Dialog mit den Separatisten zu arbeiten. Die OSZE setzt nach eigenen Angaben bereits alles daran, dass die Wahl frei und fair verlaufen kann: Sie will 1.000 Wahlbeobachter in die Ukraine schicken.

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