Zwischen der Türkei und der EU bahnt sich eine neue diplomatische Eiszeit an. In dem eskalierenden Streit zwischen Zypern und Ankara um Erdgasvorkommen vor der Mittelmeer-Insel stehen die Zeichen auf Konfrontation. Während Mevlüt Cavusoglu mit den Interessen der türkischen Zyprioten im Norden der Insel argumentiert, denken EU-Diplomaten über Sanktionen nach.

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Die EU bereitet wegen der türkischen Erdgas-Erkundungen vor Zypern Strafmaßnahmen vor. Die Botschafter der Mitgliedstaaten einigten sich am Mittwoch darauf, konkrete Planungen zu beginnen. Eventuell könnten bereits am kommenden Montag bei einem EU-Außenministertreffen Strafmaßnahmen beschlossen werden.

Trotz der besten Absichten der EU, gute Beziehungen zur Türkei aufrechtzuerhalten, setze das Land die Eskalationen fort, kommentierte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Das werde unausweichlich zu einer Reaktion der EU führen.

Zu möglichen Strafmaßnahmen gegen die Türkei könnten nach Angaben von Diplomaten in einem ersten Schritt das Einfrieren von politischen Gesprächsformaten und die weitere Kürzung von EU-Geldern zählen. Im zweiten Schritt wären dann sogar Sanktionen gegen Personen, Unternehmen oder ganze Wirtschaftszweige in der Türkei möglich.

EU fordert Zurückhaltung

Die Türkei will in dieser Woche ihre Erdgassuche vor Zypern noch ausweiten. Am Montag war ein weiteres türkisches Bohrschiff, die "Yavuz", vor der Ostküste der Insel angekommen. Es soll Probebohrungen im Golf der Hafenstadt Famagusta beginnen. Westlich der Insel macht das Bohrschiff "Fatih" schon seit Wochen Sondierungen. Das Forschungsschiff "Barbaros Hayreddin" ist für seismische Untersuchungen südlich der Insel unterwegs.

Die EU hat die Türkei schon mehrfach aufgefordert, sich zurückzuhalten. Zypern hält die türkischen Aktivitäten für illegal. Die Türkei steht aber auf dem Standpunkt, dass die Gewässer, in denen sie aktiv ist, zu ihrem sogenannten Festlandsockel gehören. Sie will außerdem die "Rechte der türkischen Zyprer schützen", die von der griechisch-zyprischen Regierung in die Entscheidungen zur Ausbeute der Erdgasvorkommen in der Region nicht einbezogen würden.

Konflikt um geteilte Insel

Die Republik Zypern ist EU-Mitglied, der Norden von Zypern ist aber von türkischen Truppen besetzt. In den vergangenen Jahren hatten Erdgaskonzerne im Auftrag der Republik Zypern westlich der Insel reiche Erdgasvorkommen entdeckt. Die Suche geht südlich vor Zypern weiter. Ankara lehnt Aktivitäten ab, die ohne die Zustimmung der türkischen Zyprer vorgenommen werden - vor allem, solange der Konflikt um die geteilte Insel nicht gelöst ist.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte nach der EU-Sitzung, entweder würden die Reichtümer gerecht geteilt und es werde eine gemeinsame Lösung gefunden oder die Türkei werde weiterhin die Rechte der zyprischen Türken verteidigen. Er sprach von einem "Fehler" der EU. Sie dürfe sich nicht nur der Solidarität willen an die Seite Zyperns stellen. Schon am Morgen hatte es in einer Stellungnahme aus dem Außenministerium geheißen, die EU könne kein neutraler Vermittler in dem Streit sein, weil Zypern zur EU gehöre. Cavusoglu kündigte an, dass die Türkei ihre Bohrungen fortsetzen werde.

Kritik war in der Nacht zum Mittwoch auch aus den USA gekommen. In einer Stellungnahme aus Washington hieß es, man bitte die Türkei dringend, ihre Aktivitäten zu stoppen. "Diese provokativen Schritte erhöhen die Spannungen in der Region." (mc/dpa)

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