Außenminister Sigmar Gabriel hat nach dem Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu die jüngsten Nazi-Vergleiche aus Ankara kritisiert. "Es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten darf, und dazu gehört der Vergleich mit Nazi-Deutschland", sagte Gabriel. Gleichwohl betonte er die "gewachsene Freundschaft" mit der Türkei.

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Sigmar Gabriel hat bei dem Treffen mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Mittwochmorgen in einem Berliner Hotel "noch einmal sehr deutlich" gemacht, "dass sich Vergleiche mit der Nazi-Zeit und Ausfälle gegen Demokratie und Rechtstaat in Deutschland verbieten".

Die Bundesrepublik sei das freieste Land, das jemals auf deutschem Boden existiert hat. Vorwürfe wie in den vergangenen Tagen dürften sich "nicht wiederholen", sagte Gabriel.

Mehrere türkische Politiker, unter anderem Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am vergangenen Wochenende und Cavusoglu in einer Rede am Dienstag in Hamburg, hatten Deutschland Nazi-Praktiken vorgeworfen.

Hintergrund sind die Absagen an türkische Politiker, in Deutschland Wahlkampf für Präsident Erdogan und die von ihm auf den Weg gebrachte Verfassungsänderung zu machen.

Vergangenen Woche hatte die Stadt Gaggenau den Auftritt des türkischen Justizministers Bekir Bozdag aus Sicherheitsgründen abgesagt. Die Veranstaltung des Wirtschaftsministers Nihat Zeybekci in Frechen bei Köln fand nicht statt, weil der Betreiber seine Halle nicht zur Verfügung stellen wollte.

Gespräch "harte und kontrovers in der Sache"

Gabriel bewertet das Treffen mit Cavusoglu als "gut, ehrlich, freundlich im Umgang und auch offen, aber eben durchaus auch hart und kontrovers in der Sache." Nur solche Gespräche wie das mit Cavusoglu "bringen uns Schritt für Schritt wieder in bessere Verhältnisse."

Es habe immer eine große, gewachsene Freundschaft zwischen beiden Ländern gegeben. Der momentane Zustand der Beziehung sei "nicht die Normalität: Die Normalität ist besser als die aktuelle". Beide Seiten wollten zu dieser besseren Normalität zurückkehren: "Das ist sowohl der Wunsch meines türkischen Kollegen als auch meiner."

Gabriel: Wer in Deutschland sprechen will, muss sich an Spielregeln halten

Bei dem Treffen zwischen ihm und Cavusolgu sei über alle "schwierigen Themen" gesprochen worden, darunter auch die Inhaftierung des deutschen Journalisten Deniz Yücel, aber "natürlich auch immer wieder über das Thema des Auftritts türkischer Politiker hier in Deutschland im Rahmen des Wahlkampfes in der Türkei für das Referendum."

In der Türkei soll nach dem Willen der Regierungspartei AKP ein Präsidialsystem eingeführt werden, darüber sollen türkische Bürger am 16. April abstimmen. Ein solches würde Präsident Erdogan mehr Macht zugestehen. Kritiker befürchten die Errichtung einer diktatorischen Herrschaft.

Gabriel machte klar, dass, wer in Deutschland reden wolle, "sich dann halt auch an die Spielregeln halten" müsse, "und die sind: Regeln des Rechts und Regeln des Anstands".

Hinsichtlich des Streits um die Verhaftung von Deniz Yücel forderte Gabriel die türkische Justiz auf, die Grundsätze "eines fairen und rechtsstaatlichen Verfahrens" zu beachten. Gabriel bezeichnete die unbefristete Untersuchungshaft des Türkei-Korrespondenten der Zeitung "Welt" als "falsch und unangemessen".

Die Bundesregierung setze sich mit Nachdruck für die Freilassung Yücels "und anderer inhaftierten Journalistinnen und Journalisten" ein, so Gabriel.

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