• Kaum im Amt, steht der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schon in der Kritik.
  • Grund ist die Entscheidung, Menschen, die vor mehr als zwei Wochen eine Boosterimpfung gegen das Coronavirus erhalten haben, von der Testpflicht im Rahmen der 2G-plus-Regel weitgehend zu befreien.
  • Lauterbach rechtfertigt die neue Regelung denkbar pragmatisch: Er argumentiert mit der Testkapazität und dem Anreizeffekt.

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Der Chef der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, spricht im Deutschlandfunk von einer "Fehlentscheidung", die Virologin Sandra Ciesek vom Uniklinikum Frankfurt gar von einer "irrsinnigen Idee": Die neue Regelung, wonach Menschen, deren Boosterimpfung gegen das Coronavirus mindestens 15 Tage zurückliegt, beim Konzertbesuch, im Restaurant und überall dort, wo die 2G-plus-Regel noch gilt, keinen negativen Test mehr vorlegen müssen, sorgt für deutliche Kritik.

Im Zentrum dieser Kritik steht der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Denn auf seinen Vorstoß hin hatten Bund und Länder die Entscheidung am Dienstag getroffen - wobei mehrere Bundesländer wie Baden-Württemberg und Niedersachsen schon seit einiger Zeit so verfahren.

Neuregelung nur ein politisches Geschenk vor Weihnachten?

Viele Kritiker halten die Entscheidung für verfrüht. Noch sei nicht klar, wie gut die Auffrischungsimpfungen gegen die sich ausbreitende Omikron-Variante helfen, warnte etwa die Vorsitzende des Bundesverbands der Amtsärzte, Ute Teichert, im Gespräch mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Deshalb sei es zum jetzigen Zeitpunkt "falsch, bewährte Instrumente wie die Schnelltests aus der Hand zu geben".

Ärztekammerpräsident Reinhard verweist darauf, dass es auch bei dreifach Geimpften Impfdurchbrüche gibt, diese Infizierten aber häufig keine Symptome zeigen. Wenn man Infektionsketten unterbrechen wolle, ist der Verzicht auf Tests bei dieser Gruppe aus seiner Sicht deshalb keine gute Idee.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, unterstellt Lauterbach politisches Kalkül: Er wolle vor Weihnachten politische Geschenke machen, was sich im Januar in Form steigender Infektionszahlen rächen werde, sagte er den Funke-Zeitungen.

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Lauterbach rechtfertigt die Entscheidung indes ganz pragmatisch. Es gehe darum, die Labore zu entlasten und die Testkapazität sinnvoll zu nutzen, sagte Karl Lauterbach am Dienstagabend in den "Tagesthemen". Geboosterte zu Testen, sei nicht effizient. "Das Risiko, dass jemand mit Boosterimpfung positiv ist und man das durch einen Test erkennen kann, ist gering", erklärte er mit Blick auf die geringe Viruslast kurz nach der Impfung.

Karl Lauterbach hofft auf zusätzliche Boosterwillige

Außerdem hofft der Gesundheitsminister, dass der Wegfall der Testpflicht viele Menschen motiviert, sich eine dritte Impfung gegen das Coronavirus geben zu lassen. Schließlich sei die Boosterimpfung "das wichtigste Instrument, um Omikron kleinzuhalten".

Für medizinische Einrichtungen und Pflegeheime gilt die Erleichterungen für Geboosterte beim Zugang nach dem Modell 2G nicht. In spätestens zwei Monaten wollen Bund und Länder die neue Regelung zudem erneut überprüfen, wie der Vorsitzende der Länderminister, Klaus Holetschek (CSU) aus Bayern, am Dienstag sagte. Dann wird sich zeigen, ob Lauterbachs Strategie aufgeht oder die Politik in der Pandemie einmal mehr zurückrudern muss.

Verwendete Quellen:

  • dpa
  • AFP
  • Interview mit Karl Lauterbach in den "Tagesthemen" vom 14.12.2021, abzurufen in der ARD Mediathek

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