• Vor einigen Wochen kämpften sie noch gegeneinander um die Kanzlerkandidatur.
  • Nun wollen Armin Laschet und Markus Söder die Union gemeinsam in den Wahlkampf führen.
  • Die Lage ist nicht einfach.

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Sogar Markus Söders Tasse zeugt von Optimismus. "Alles wird gut" steht in großen schwarzen Lettern auf weißem Grund auf dem Becher, den der Parteichef am Donnerstag zur Eröffnung der Internet-Konferenz der CSU für das Bundestagswahlprogramm bei sich hat. Rund vier Monate vor der Bundestagswahl muss man aber festhalten: Schon lange war die Ausgangslage der Union für eine erfolgreiche Bundestagswahl nicht so schwierig wie jetzt.

Beim Start der CSU in die heiße Phase auf dem Weg zum Wahlprogramm der Union gibt es aber noch mehr Spannendes zu beobachten als Söders kuriose Tasse. Und damit ist nicht gemeint, dass Söder und der mit ihm im Studio in der Münchner Parteizentrale sitzende Generalsekretär Markus Blume nur wenig dynamisch auf ihren Stühlen sitzen.

Frust über die Entscheidung der CDU-Spitze gegen ihren "Kandidaten der Herzen"

Denn zumindest für einige Minuten wird aus seiner Heimat Aachen auch CDU-Chef Armin Laschet zugeschaltet, um zu den CSU-Mitgliedern zu sprechen. Auch er sitzt auf einem Stuhl. Es ist das erste Mal, dass Laschet seit seiner Kür zum Kanzlerkandidaten der Union vor vier Wochen mit Söder auf einer Bühne beziehungsweise einem Monitor zu sehen ist. Und es ist definitiv kein einfacher Auftritt. In der CSU ist der Frust über die Entscheidung der CDU-Spitze gegen ihren "Kandidaten der Herzen" noch nicht verklungen. Im Gegenteil.

Wer Söder und Laschet an diesem Abend beobachtet, kann sich kaum vorstellen, dass sich die beiden Parteichefs im April einen zähen Machtkampf auf Biegen und Brechen geliefert haben, der bis heute nicht aufgearbeitet ist. So mancher aus CDU und CSU beschreibt die Stimmung seither als eine Mischung aus gespenstisch und depressiv. In keiner der Unionsschwestern sei Aufbruchsstimmung zu spüren.

Schlechte Umfragewerte: Sieg bei der Bundestagswahl alles andere als sicher

Hinzu kommt, dass die Union in Umfragen schlecht dasteht. Werte zwischen 24 und 27,5 Prozent lassen erahnen, dass ein Sieg bei der Bundestagswahl am 26. September alles andere als sicher ist - Tasse hin oder her. Zum Vergleich: 2017 holte die Union noch 32,9 Prozent. Damals erreichten die Grünen, inzwischen Hauptkonkurrent, gerade einmal 8,9 Prozent; jetzt stehen sie seit Monaten in Umfragen zwischen 24 und 26 Prozent.

Söder: "Wir werden das schon irgendwie rocken"

"Wir werden das schon irgendwie rocken", sagt Söder zu Laschet und verspricht diesem einmal mehr die volle Unterstützung im Wahlkampf. Beide betonen die Unterschiede der Union zu den Grünen und erklären, dass Klimaschutz und Wirtschaftswachstum Hand in Hand gehen müssen, um den Wohlstand im Land zu sichern. Auch wenn die Grünen "einige gute Ideen" hätten, dürfe ihnen nicht das Land überlassen werden, so Söder. Mit Rot-Rot-Grün verliere das Land alle Chancen, so Laschet.

Nachdem die Entscheidung über besagte K-Frage bisher also keinen Aufwind brachte, setzen die Parteistrategen in CDU und CSU nun auf demonstrative Geschlossenheit und Harmonie - sowie auf einen Mobilisierungseffekt durch einen ernstzunehmenden Gegner. Die beiden schwarzen Schwestern wissen, dass sie nur geschlossen und ohne Streit eine Chance haben, das Erbe von Angela Merkel (CDU) zu verteidigen.

Dass die Union erst vier Monate vor der Wahl mit der Arbeit am Wahlprogramm beginnt, ist aber nicht der lange ungeklärten Kandidatenkür geschuldet. Es zeigt auch, dass sogar in der Union die Zeit langfristiger Festlegungen aufgeweicht wird. Nach den Erfahrungen früherer Wahlen ist eine solche Festlegung auch nicht mehr notwendig, um unentschlossene Wähler zu überzeugen. Diese entscheiden sich erst kurz vor einer Wahl und dann auch in den allermeisten Fällen nicht, weil sie zuvor - je nach Partei - weit über 100 Seiten mit politischen Versprechen gelesen haben.

Trotzdem, und das wissen natürlich auch Laschet und Söder, ganz ohne Festlegung wird die Union auch 2021 nicht auskommen. Denn letztlich erwarten die Menschen ja auch Antworten darauf, wie die Zukunft des Landes gestaltet werden soll. Und Themen, die auf Antworten warten, gibt es wahrlich mehr als genug: Klimawandel, soziale Gerechtigkeit, Digitalisierung, Schutz von Arbeitsplätzen samt Sicherung des Wohlstands lauten nur einige Punkte. Und über allem schwebt die Frage, wie Deutschland, Europa und die Welt mit den Folgen der Corona-Pandemie fertig werden.

Bis das Wahlprogramm steht, wird aber noch einige Zeit vergehen. Am 20. und 21. Juni wollen sich die Präsidien beider Parteien in Berlin treffen, um das gemeinsame Regierungsprogramm zu erstellen. Söder kündigte aber bereits an, dass die CSU auch ein eigenes Bayern-Programm vorlegen werde. Ob Laschet dann immer noch zu Söder sagen wird "Dank dir und Servus"? (Marco Hadem/Michael Donhauser/Christoph Trost/dpa/ash)

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