Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will laut Medienberichten am Montag nach Brüssel reisen. Dort soll es um die aktuelle Flüchtlingslage an der griechisch-türkischen Grenze gehen. Indes knüpft die EU ein neues Abkommen mit der Türkei an klare Vorgaben: Die "erpresserische Politik Ankaras" müsse eingestellt werden.
Nach den jüngsten Spannungen im Flüchtlingsstreit will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Medienberichten am Montag nach Brüssel reisen. Das berichteten der staatliche türkische Sender TRT und die Zeitung "Die Welt", die sich auf "hohe Brüsseler Diplomatenkreise" berief. Der Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel bestätigte das Treffen auf Anfrage am Samstagmorgen zunächst nicht.
Ziel sei die Lösung der aktuellen Migrationskrise an der griechisch-türkischen Grenze, aber auch eine grundsätzliche Neuausrichtung des Verhältnisses zwischen der EU und der Türkei, so die Zeitung weiter. Erdogan komme auf Einladung von Ratspräsident Michel nach Brüssel. Michel hatte Erdogan am Mittwoch bereits in Ankara getroffen.
Erdogan hatte vor einer Woche die Grenzen seines Landes zur EU für Migranten für geöffnet erklärt, daraufhin hatten sich Tausende zur Grenze begeben. Griechenland drängte sie mit Härte zurück.
EU knüpft weitere Finanzhilfen an Bedingungen
Indes hat EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn weitere EU-Finanzhilfen für die Türkei wegen der Flüchtlingskrise an Bedingungen geknüpft. "Wir erwarten, dass die erpresserische Politik Ankaras durch die Entsendung von Flüchtlingen in Richtung EU eingestellt wird", sagte Hahn der Zeitung "Welt" (Samstagsausgabe). Die EU sei dann prinzipiell auch bereit, "weitere Finanzhilfen zur Unterstützung der Flüchtlinge in der Türkei bereitzustellen". Diese würden jedoch "deutlich geringer" ausfallen als im bisherigen EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei, kündigte Hahn an.
Auch künftig würden EU-Finanzhilfen an die Türkei "ausschließlich zweckgebunden und größtenteils via Hilfsorganisationen ausgezahlt", betonte Hahn in der Zeitung. Er wies zudem darauf hin, dass der Bedarf der Türkei an Finanzhilfen kleiner geworden sei: viele Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser für Flüchtlinge seien bereits gebaut worden und "müssen nicht noch einmal finanziert werden."
Die EU dürfe zudem die Türkei nicht einseitig begünstigen. So müsste die EU auch Länder wie den Libanon und Jordanien "ausreichend" berücksichtigen, die "im Vergleich zur Bevölkerungszahl deutlich mehr Flüchtlinge" als die Türkei aufgenommen hätten, sagte Hahn. Der EU-Kommissar betonte weiter, die EU sei grundsätzlich bereit, den Wiederaufbau in der nordsyrischen Provinz Idlib und generell in Syrien finanziell zu unterstützen, "sofern es eine politische Lösung gibt".
EU und Türkei hatten 2015 Flüchtlingsabkommen geschlossen
Die EU und die Türkei hatten im März 2016 ein Flüchtlingsabkommen geschlossen, nachdem 2015 hunderttausende Flüchtlinge über die Balkan-Route nach Mitteleuropa gekommen waren. Ankara verpflichtete sich, alle auf den griechischen Ägäis-Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Die EU versprach der Türkei Milliardenhilfen, eine beschleunigte Visa-Erleichterung und die Modernisierung der Zollunion. (mgb/dpa/afp)
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