Vor 60 Jahren zündeten die Sowjets ihre erste Wasserstoffbombe. Vier Jahre zuvor hatten sie ihre erste Atombombe getestet. Heute sind Kernwaffen rund um den Globus verteilt. Experten fürchten aber weniger einen großen Krieg, sondern mehr den Einsatz einer einzigen solchen Bombe.

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Dem grellen Blitz folgte der Tod verheißende Pilz. Für Laien war kaum ersichtlich, ob das, was da am 12. August 1953 auf dem sowjetischen Testgelände Semipalatinsk im heutigen Kasachstan explodiert war "nur" eine weitere Atombombe oder tatsächlich etwas "noch" viel Gefährlicheres war. Mehrere Atombomben waren zu diesem Zeitpunkt schon zu Testzwecken gezündet worden. Die meisten dieser Explosionen wurden zu Propagandazwecken im Kalten Krieg gut dokumentiert. Und doch waren es stets der grelle Blitz und anschließend der hunderte Meter, später auch mehrere Kilometer hohe Atompilz, die wie nichts anderes für die Detonation "der Bombe" standen. Anders als die Laien wussten Experten allerdings bald: Das, was die Sowjets da – auf den Tag genau heute vor 60 Jahren – gezündet hatten, war keine einfache Atombombe. Es war eine noch zerstörerischere Wasserstoffbombe, die erste ihrer Art in den Händen der UdSSR. Mit diesem Test hatte das nukleare Wettrüsten zwischen dem westlichen und dem östlichen Block im Kalten Krieg eine neue Dimension erreicht. Immer wahrscheinlicher schien es, dass die Menschheit einen großen Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion nicht überleben würde.

Wettlauf um die erste Atombombe

Begonnen hatte das nukleare Wettrüsten schon im frühen 20. Jahrhundert. Damals hatten Forscher unter anderem in Deutschland damit begonnen, mit der Spaltung von Atomen zu experimentieren. Bald rückten auch die militärischen Verwendungsmöglichkeiten solcher Forschungen in den Blick. Während des Zweiten Weltkrieges entwickelte sich ein regelrechtes Wettrennen unter den Kriegsbeteiligten darum, wer mittels der atomaren Spaltung als erster eine Waffe würde entwickeln können.

1945 gewannen die Amerikaner diesen Wettbewerb. Im Rahmen des streng geheimen Manhattan-Project entwickelten sie die erste Atombombe der Welt. Der erste Atomwaffentest fand – auch noch unter großer Geheimhaltung – am 16. Juli 1945 in der Wüste von New Mexico statt. Weil man die Druckwelle und den Lichtblitz des Tests nicht geheim halten konnte, erklärten die Behörden damals, ein Munitionsdepot sei explodiert.

Medial ausgeschlachtet dagegen wurde der bald darauf folgende Abwurf der beiden Atombomben über Japan. Am 6. August 1945 löschten die USA Hiroshima aus, drei Tage später Nagasaki. Bis heute sind dies die einzigen beiden militärischen Operationen, bei denen Kernwaffen gegen Menschen eingesetzt wurden, auch wenn ihre erneute Anwendung immer erwogen werden sollte – unter anderem während des Korea-Krieges – und in den folgenden Jahrzehnten immer wieder Menschen durch Bombentests zu Schaden kamen, die während des Ost-West-Konfliktes zu den üblichen Drohgebärden gehörten.

Zwar waren die Amerikaner 1945 als einzige Nation im Besitz von Kernwaffen. Doch schon unmittelbar nach dem Abwurf der Bomben auf Japan fragten sich viele Menschen in den USA, welche Zerstörungen wohl in ihrem Land zu erwarten sein würden, wenn ein anderer Staat bei der Entwicklung dieser Waffe nachziehen würde. Zu zwingend schien es, dass die USA ihren technischen Vorsprung nicht lange würden halten können. 1949 und 1953 schienen solche Fragen plötzlich umso drängender, als die Sowjetunion zunächst ihre erste Atombombe und dann eben ihre erste Wasserstoffbombe zündete.

Bei einer Atombombe wird – stark vereinfacht ausgedrückt – atomwaffenfähiges Material wie Uran gespalten, während bei einer Wasserstoffbombe Wasserstoffteilchen miteinander verschmolzen werden. Bei letzterem wird noch mehr Energie freigesetzt als bei der Spaltung von Uran. So gewaltig sind solche Waffen, dass ein atomarer Sprengsatz als Zünder für sie fungieren muss.

Hat Israel die Bombe?

Bis heute sind die Kernwaffentests der Sowjets ein Symbol dafür, wie weit sich Atomwaffen in den vergangenen Jahrzehnten über den Globus verbreitet haben. Besaßen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zunächst nur die Supermächte Nuklearwaffen, rüsteten andere Nationen mehr oder weniger zeitnah nach. Großbritannien zündete seine erste nukleare Bombe 1952, Frankreich 1960 und China 1964. Und inzwischen verfügen neben diesen mehr oder weniger anerkannten Atommächten auch andere Staaten über die Bombe: Indien seit 1974 und Pakistan seit 1998, ebenso wie Israel, das den Besitz solcher Waffen zwar nie offiziell bestätigt hat und auch noch keinen offiziellen Atomwaffentest durchführte, bei dem Beobachter aber fest davon überzeugt sind, dass das Land über sie verfügt. 2006 demonstrierte zudem Nordkorea, dass es Atomwaffen in seinem Arsenal hat, die allerdings als vergleichsweise primitiv gelten. Die mutmaßliche Bestrebung Irans, sich solche Waffen zu beschaffen, sind seit Jahren der wesentliche Punkt im Streit mit dem Westen, der dem Land genau das verwehren will.

Über wie viele Sprengköpfe die einzelnen Nationen heute genau verfügen, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen. Am genauesten lässt sich das noch für die USA beziffern, die als das transparenteste Land weltweit im Umgang mit ihren Kernwaffen gelten. Doch selbst hier sind exakte Zahlen schwierig zu nennen, da es neben einsatzbereiten Atomwaffen auch solche in Reservedepots gibt. Die anerkannte Federation of American Scientist jedenfalls beziffert die Zahl der atomaren Sprengköpfe für die USA auf insgesamt 7.700, für Russland – als Nachfolger der Sowjetunion – auf etwa 8.500, für Frankreich auf 300, für China auf 250, für Großbritannien auf 225, für Israel auf 80, für Pakistan auf bis zu 120, für Indien auf bis zu 110 und für Nordkorea auf bis zu 10.

Terroranschlag mit Kernwaffen?

Das nukleare Bedrohungsszenario hat sich aber seit dem Ende des Kalten Krieges grundlegend gewandelt. Während Politik- und Sicherheitsexperten einen Atomkrieg zwischen Staaten inzwischen für recht unwahrscheinlich halten, ist die Befürchtung gewachsen, Terroristen könnten sich auch nur einen einzigen nuklearen Sprengsatz besorgen und damit einen Anschlag verüben. Unter anderem die ehemaligen sowjetischen Waffenlager gelten westlichen Experten als nur unzureichend gesichert. Ein solcher nuklearer Anschlag dürfte weit mehr Opfer zur Folge haben als beispielsweise der verheerende Terrorakt vom 11. September 2001.

Nach ihrem Wasserstoffbombentest von 1953 experimentierten die Sowjets wie auch die Amerikaner mit diesem Typ Nuklearwaffen weiter herum. Im Oktober 1961 zündeten die sowjetischen Machthaber dann die größte bis heute jemals getestete Kernwaffe. Die im Westen Zar-Bombe genannte Wasserstoffbombe hatte eine Sprengkraft von etwa 50 bis 60 Megatonnen des Explosivstoffs TNT – in Zahlen: 50.000.000 bis 60.000.000 Tonnen. Zum Vergleich. Die Sprengkraft der Bombe, die auf Hiroshima abgeworfen worden war, lag etwa bei 15.000 Tonnen TNT-Äquivalent.

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