Ist das neuartige Coronavirus auch für Deutschland eine Bedrohung? Eigentlich verneinen das die Gäste bei Maybrit Illner. Von einem Mediziner kommt allerdings ein klares "Aber".
Das Coronavirus macht vielen Menschen Angst. Aber tragen die Medien zu dieser Angst bei, wenn sie rund um die Uhr von der Ausbreitung der rätselhaften Atemwegserkrankung berichten? Es ist jedenfalls ein schmaler Grat, auf den sich
Was ist das Thema?
Am Donnerstagabend hat die Weltgesundheitsorganisation den "internationalen Gesundheitsnotstand" ausgerufen, mittlerweile sind mehr als 8.000 Menschen am Coronavirus erkrankt, auch in Deutschland gab es in dieser Woche die ersten Fälle. Bei den meisten Patienten verläuft die Krankheit offenbar harmlos. Doch in China sind rund 170 Menschen an dem Virus gestorben, die Bundesregierung will Deutsche aus der Volksrepublik zurückholen. Es ist nicht übertrieben, dass das Virus derzeit den halben Planeten in Aufruhr versetzt.
Wer sind die Gäste?
Melanie Brinkmann: Noch wisse man wenig über das aktuelle Coronavirus, sagt die Virologin am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. Offen sei zum Beispiel noch, ab welchem Zeitpunkt eine infizierte Person ansteckend sei. Die Expertin beschwichtigt aber auch: Das Virus sei "weniger ansteckend als das Influenza-Virus, das die Grippe auslöst".
Felix Lee: Der frühere China-Korrespondent der Tageszeitung "taz" beobachtet in der Volksrepublik einen Wandel im Umgang mit Epidemien. Im Vergleich zum SARS-Virus 2003 agieren die chinesischen Behörden seiner Einschätzung nach "viel offener und viel transparenter".
Was war das Rede-Duell des Abends?
Warnen oder beschwichtigen? An einer Stelle kommt es in der ansonsten streitarmen Sendung tatsächlich zu einer Meinungsverschiedenheit. Mediziner Johannes Wimmer findet, dass Deutschland bisher mit einem blauen Auge davongekommen sei. "Das kann ganz schnell kippen", so Wimmer. "Zwei isolierpflichtige Menschen können eine Notaufnahme schon in die Knie zwingen."
Die Regierung gehe "wachsam, angemessen und vorbereitet" mit der Situation um, erwidert Gesundheitsminister Spahn – und verweist auf 50 Menschen, die in diesem Jahr bereits in Deutschland an Grippe gestorben sein. Ein Vergleich, der nach Wimmers Einschätzung hinkt: Die Zahl der Grippetoten sei eine reine Schätzung, erwidert der Arzt. "Das kann man nicht alles in einen Topf werfen." Da wird der Minister ein bisschen ungehalten und mahnt erneut zu Besonnenheit: "Ich verstehe die ganze Hektik und Herangehensweise gerade nicht."
Wie hat sich Maybrit Illner geschlagen?
Die Moderatorin führt unaufgeregt und souverän durch die Sendung. Manche ihrer Fragen klingen allerdings seltsam. Ob ein "despotisches System" wie China die Ausbreitung von Krankheiten nicht besser verhindern könne als zum Beispiel Deutschland, will sie von Jens Spahn wissen. Im Klartext also: Lieber Diktatur als Demokratie? Das hat Illner so hoffentlich nicht gemeint.
Was ist das Ergebnis?
Panikmache betreiben die Moderatorin und ihre Gäste unterm Strich nicht – auch wenn man gerne gewusst hätte, ob die meisten deutschen Notaufnahmen wirklich nicht auf isolierpflichtige Patienten eingestellt wären, wie es Johannes Wimmer behauptet. Insgesamt geht es sachlich zu. Das hat aber auch zur Folge, dass es kaum wirklich neue Erkenntnisse gibt. Sondern eher die seit Tagen bekannte Botschaft: Die Lage muss man ernst nehmen, aber die Behörden haben alles im Griff.
Die Zuschauer können aus dieser Sendung jedenfalls zwei Lehrern mitnehmen. Nummer eins: Wir können uns derzeit glücklich schätzen, nicht in China und besonders nicht in der Stadt Wuhan zu wohnen. "Spätestens seit die Stadt abgeriegelt wird, sind die Leute dort sehr besorgt", sagt der ZDF-China-Korrespondent Ulf Röller, als er ins Studio geschaltet wird.
Zweitens gibt es – für eine Polit-Talkshow eher ungewöhnlich – auch noch einen Tipp für den Alltag: Das aktuelle Coronavirus komme zu einer Unzeit, räumt die Wissenschaftlerin Melanie Brinkmann ein. Denn die Notaufnahmen in Deutschland seien schon mit den Erkrankten der aktuellen Grippewelle beschäftigt. Deshalb appelliert sie an die Zuschauer, sich gegen Grippe impfen zu lassen. "Das wird dem Gesundheitssystem helfen – und auch neuen Patienten, die wir durch das Coronavirus haben."
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