Die israelische Armee bekämpft mit vollem Einsatz die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen. Während Roderich Kiesewetter sich für den Einsatz aussprach, appellierte Mediziner Tankred Stöbe bei "Markus Lanz" für einen sofortigen Waffenstillstand.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Nach dem Terrorangriff der Hamas schlägt Israel mit voller militärischer Härte zurück. Die brutalen Kämpfe im Gazastreifen kosteten bereits zahlreiche Menschenleben, die humanitäre Lage im Kriegsgebiet erschüttert viele Beobachter.

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Bei "Markus Lanz" zeichnete Mediziner Tankred Stöbe ein schockierendes Bild, während CDU-Politiker Roderich Kiesewetter keine Waffenruhe in Betracht ziehen wollte.

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Die Opferzahlen sind erschreckend hoch. Wie Markus Lanz deutlich machte, seien "in sieben Wochen in Gaza" so viele Zivilisten gestorben "wie in knapp zwei Jahren in der Ukraine". In seiner Sendung sprach der ZDF-Moderator deshalb mit seinen Gästen über die Verhältnismäßigkeit des militärischen Vorgehens Israels im Gazastreifen. Zudem nahm er das neue CDU-Grundsatzprogramm kritisch unter die Lupe.

Das sind die Gäste

  • Roderich Kiesewetter, CDU-Politiker: "Wir machen es uns sehr leicht, vom warmen Sessel das zu bewerten."
  • Kerstin Münstermann, Journalistin: "Vielleicht kommt viel mehr auf dieses Land zu, als wir uns das jetzt gerade ausmalen, wenn Putin in der Ukraine erfolgreich ist."
  • Tankred Stöbe, Mediziner: "Dieses flächendeckende Bombardement Gazas muss stoppen."
  • Michael Thumann, Journalist: "Putin und Netanjahu, das sind Brüder im Geiste."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Mit Schrecken sprach Markus Lanz über die humanitäre Not und die fehlende medizinische Versorgung im Gazastreifen. Besonders Tankred Stöbe, der sich seit 20 Jahren für die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" einsetzt, machte deutlich, wie prekär und "absolut katastrophal" die Lage vor Ort ist. Der Mediziner erläuterte, dass alleine am 6. Dezember mehr Tote als Verletzte in die Kliniken Gazas eingeliefert wurden. "Es gibt einen absoluten Run auf diese Kliniken von Schwerstverletzten, die dann nicht adäquat versorgt werden können", sagte Stöbe.

Lanz hakte nach: "Wie wird denn da operiert unter diesen Umständen?" Der Mediziner antwortete, dass teilweise ohne Schmerz- oder Narkosemittel operiert werden müsse. "Alles, was wir machen können, ist ein Tropfen auf den heißen Stein", erklärte Stöbe ernst. Er forderte deshalb im Gespräch mit Lanz, "dass diese massenhaften Bombardierungen in Gaza" aufhören. "Es kann nicht sein, dass Menschen, die mit der Politik nichts am Hut haben, die mit diesem Konflikt nichts am Hut haben, dort ihre Leben lassen müssen", stellte Stöbe klar. Er redete sich weiter in Rage und sagte: "Gaza ist komplett abhängig von äußerer Hilfe. Das Land ist zu klein, um sich selber am Leben zu erhalten." Die Nöte gingen momentan hoch, während die Versorgungslage runtergehe, wie Stöbe weiter erklärte: "Diese extreme Spanne, die da aufgeht, die ist unerträglich und sie ist tödlich."

Lanz wollte deshalb von Roderich Kiesewetter wissen, ob die Antwort Israels auf den Terrorangriff der Hamas noch verhältnismäßig sei. Der CDU-Politiker stellte zunächst klar, dass der Verursacher des Konflikts die Hamas ist und "diese Bilder produzieren" wolle und die Bewohner des Gazastreifens "in die Geiselhaft" nehme. Laut des CDU-Mannes dürfe man sich "nicht von diesen Bildern ausschließlich verleiten lassen, weil wir gar nicht mehr darüber reden, was für ein Leid Israel angetan wurde".

Markus Lanz, Roderich Kiesewetter
Im Gespräch mit Markus Lanz kritisierte Roderich Kiesewetter: "Keiner redet mehr darüber, wie furchtbar brutal die Hamas vorging." © ZDF / Markus Hertrich

Tankred Stöbe zeigte sich bestürzt von der Argumentation des Politikers und warnte erneut: "Es gibt keinen Platz, keinen Quadratmeter in Gaza, der noch sicher ist!" Auch Lanz reagierte kritisch und fragte Kiesewetter, ob "30 tote Zivilisten für einen toten Terroristen" wirklich verhältnismäßig seien. Kiesewetter blieb dennoch standhaft: "Hier geht es darum, der Hamas keine Überlebenschance zu geben, weil das sonst eine Einladung für Hisbollah und den Iran ist."

Lanz stimmte dem zwar zu, warnte jedoch auch davor, dass man mit "30 toten Frauen und Kindern und Jugendlichen" eine Vielzahl potenzieller Terroristen nachzüchte und somit "die Tore zur Hölle" öffne. Kiesewetter ließ sich davon jedoch nicht beirren und sagte streng: "Wir machen es uns sehr leicht, vom warmen Sessel das zu bewerten." Kiesewetter gab zwar zu, dass Israel nach dem 7. Oktober "vielleicht überreagiert" hat, doch laut des CDU-Mannes gebe es "keine andere Wahl", um die Hamas "zu beseitigen".

Das ist das Rede-Duell des Abends

Auch das neue Grundsatzprogramm der CDU erhitzte die Gemüter. Politik-Expertin Kerstin Münstermann beschrieb das 70-seitige Programm zunächst mit den Worten: "Es ist insgesamt CDU pur. Es ist nicht mehr ganz so sozial, wie man es noch in der Regierung vielleicht hatte." Markus Lanz las daraufhin einen Satz aus dem Programm vor, der für viel Aufruhr sorgte: "Muslime, die sich zu unseren Werten bekennen, gehören zu Deutschland." Der ZDF-Moderator merkte irritiert an: "Das ist natürlich richtig, aber das gilt doch für alle anderen auch - auch für Südtiroler."

Roderich Kiesewetter wehrte sich prompt: "Deswegen ist der Satz auch nicht mehr drin!" Er beteuerte weiter: "Das Ganze ist ja ein Prozess." Lanz ließ jedoch nicht locker und wollte wissen, wer den Satz im Programm wollte und wer nicht. Der CDU-Mann antwortete genervt: "Das ist egal." Er erklärte energisch: "Die Union ist ja keine Partei. Sie ist eine Union, sie hat unterschiedlichste Strömungen. Und das ist ja das Gute an der Union seit '45, dass wir sehr integrativ sind, Brücken bauen. Und jetzt haben wir einen Satz gefunden, der deutlich macht, dass wir diejenigen wirklich auch wertschätzen, die unsere Grundrechte akzeptieren, die das Grundgesetz akzeptieren."

Lanz fragte verwundert, warum dann nur von Muslimen die Rede sei. Kiesewetter konterte: "Soweit ich weiß, ist der Satz deutlich geändert worden." Aufgrund des strengen Blickes von Lanz fügte er hinzu, dass es natürlich besser gewesen wäre, im Programm "alle Glaubensrichtungen" anzusprechen. Dennoch blieb er bei seiner Meinung und sagte: "Diejenigen, die sich bei uns am wenigsten integrieren, sind nun mal bestimmte islamistische Gruppen. Und wir können es nicht zulassen, dass in Deutschland von islamistischen Gruppen Judensterne an Häusern jüdischer Mitbewohner angebracht werden. (...) Das geht nicht und deswegen müssen wir so klar sein."

Roderich Kiesewetter, Markus Lanz, Kerstin Münstermann
Journalistin Kerstin Münstermann debattierte mit Markus Lanz und Roderich Kiesewetter über das neue CDU-Grundprogramm. © ZDF / Markus Hertrich

Kerstin Münstermann stellte überrascht fest: "Mit dem Parteiprogramm distanzieren Sie sich auch von der Merkel'schen Flüchtlingspolitik. Da stehen jetzt Sachen drin, die sind hart." Kiesewetter fand auch hierfür eine Erklärung und stellte klar: "Aus meiner Sicht ist es ganz entscheidend, dass wir aus 2015/16 gelernt haben. (...) Wir müssen uns weiterentwickeln und es ist eine innovative Fortentwicklung, bei dem, was droht - vermutlich Massenflucht aus dem Balkan."

Münstermann reagierte aufgrund der "innovativen Fortentwicklung" schmunzelnd: "Ich stelle mir gerade das Gesicht von Frau Merkel vor." Kiesewetter zeigte sich derweil wenig amüsiert: "Frau Merkel ist konservativer als die Union heute ist!" Ein Satz, der bei Lanz für Stirnrunzeln sorgte: "Das heißt, Friedrich Merz ist progressiver als Angela Merkel?" Darauf sagte der CDU-Mann entschlossen: "Ich spreche von der Union, die progressiver ist als Angela Merkel und Friedrich Merz hat als unser Vorsitzender diesen Prozess vorangetrieben."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz gelang eine informative Sendung mit geballter Information und Meinungsstärke. Der Moderator schaffte es, trotz der Themenvielfalt zwischen dem CDU-Grundsatzprogramm und dem Krieg in Nahost eine angemessene Balance zu halten und seine Gäste mit spitzen Fragen herauszufordern.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Der Krieg in Nahost sorgt weiterhin international für Ratlosigkeit. Auch wenn Roderich Kiesewetter zugeben musste, dass die israelische Regierung mit ihrer brutalen, militärischen Gewalt in Gaza überreagiert haben könnte, stellte er ungerührt fest, dass man "ganz unnachsichtig die Hamas bekämpfen" müsse: "Denn da steht der Iran dahinter, da steht Russland dahinter. Und die beiden haben natürlich ein ganz großes Interesse, die westliche Welt zu diskreditieren." Deshalb führe für Kiesewetter kein Weg dran vorbei, Israel umfassend zu unterstützen im Kampf gegen die Hamas.

Eine Sichtweise, die Tankred Stöbe nicht teilen konnte, denn: "Das Leid in Gaza, das ist nicht rechtfertigbar."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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