Der Ärger um das geplante Gebäudeenergiegesetz geht munter weiter. Am Donnerstagabend verteidigte FDP-Fraktionschef Christian Dürr bei "Markus Lanz" die Forderung seiner Partei nach mehr Technologieoffenheit. Er bekam mächtig Gegenwind.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der vorläufige Stopp über die Abstimmung des neuen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) durch das Bundesverfassungsgericht sorgte für einen politischen Paukenschlag. Bei "Markus Lanz" sprach FDP-Fraktionschef Christian Dürr über die Zukunft des Gesetzes und lieferte sich beim Thema Wasserstoff und Öl eine hitzige Debatte mit dem ZDF-Moderator und den übrigen Talk-Gästen.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Auf Antrag des CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann ordnete das Bundesverfassungsgericht letzte Woche den vorläufigen Stopp des Heizungsgesetzes an. Am Donnerstagabend bezog FDP-Fraktionschef bei "Markus Lanz" nicht nur Stellung dazu, sondern er machte sich auch für Wasserstoff als wichtigen Energieträger der Zukunft stark. Dabei geriet er nicht nur mit dem ZDF-Moderator, sondern auch mit Journalsitin Petra Pinzler verbal aneinander.

Das sind die Gäste

  • Christian Dürr, FDP-Politiker: "Für mich kommt es nicht darauf an, ob ein Gesetz vor oder nach der Sommerpause kommt."
  • Petra Pinzler, Journalistin: "Ich kenne keine klimaneutrale Ölheizung."
  • Adam Tooze, Wirtschaftshistoriker: "Christian Lindners Finanzpolitik ist eine Anhäufung konservativer Klischees."
  • Uwe Ritzer, Autor und Investigativ-Journalist: "Wasser wird auch bei uns zunehmend zum raren Gut."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Zu Beginn der Sendung fragte Markus Lanz ironisch in Richtung Christian Dürr: "Wie fühlt man sich als heimlicher Vater der Gebäudeenergiegesetz-Klage?" Damit spielte er an auf den CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann, der am Vorabend in seiner ZDF-Sendung erörtert hatte, eine als arrogant empfundene Belehrung Dürrs im Bundestag habe sein Handeln ausgelöst. Der FDP-Fraktionschef wiegelte nun ab und stellte klar, dass er es prinzipiell gut finde, dass "wir jetzt noch ein paar Wochen Zeit haben bis zur endgültigen Beratung".

Lanz hakte interessiert nach: "Warum hatten Sie vorher so einen Stress?" Der FDP-Politiker schob die Verantwortung weiter: "Das war insbesondere der Wunsch des Wirtschaftsministers." Lanz konterte: "Sie sind doch Teil der Regierung!" Christian Dürr verwies abermals auf den Gesetzesurheber: "Ich glaube, es war Robert Habeck wichtig, dass der politische Abschluss da gemacht wird. Ich hab's nicht geteilt in der Sache."

Wirtschaftshistoriker Adam Tooze schaltete sich daraufhin in die Debatte mit ein und erklärte, dass es "der Situation nicht entsprechend" sei, ein Gesetz zum Klimaschutz so lange hinauszuzögern. Dürr sah dies ähnlich und stellte klar: "Ich habe nichts gegen Tempo." Gleichzeitig versicherte er, dass das Gesetz "zum 1. Januar kommenden Jahres in Kraft" treten werde und er es daher für irrelevant halte, ob das Gesetz vor oder nach der Sommerpause im Bundestag besprochen werde.

Beim Stichwort Tempo warnte Adam Tooze davor, dass vor allem die FDP in der Regierung heimlich "einen Konservatismus" verfolge, bei dem alles so bleiben solle wie gehabt. Laut Lanz sei die Idee, Gasheizungen durch Beimengung von Wasserstoff weiterbetreiben zu können, ein Beispiel für diese These. Der ZDF-Moderator erklärte: "Von 100 Prozent Wasserstoff sind gerade mal zwei Prozent grüner Wasserstoff. Der Rest wird hergestellt mithilfe fossiler Brennstoffe."

Auch Journalistin Petra Pinzler zweifelt daran, dass der Wasserstoff in naher Zukunft "in meine Heizung" komme. Die Wasserstoff-Heizung werde es laut Pinzler vielleicht in zehn bis 15 Jahren geben - "wir haben aber die Klimakrise jetzt". Adam Tooze stimmte zu und ergänzte, dass es sich um "eine ungeheuer ineffiziente Möglichkeit" handle. Der Brite, der in Cambridge, Yale und Columbia lehrt(e), warnte: "Das ist eine Scheinalternative letztendlich. Und wir können uns im Moment diese Fata Morgana nicht leisten."

Christian Dürr verteidigte jedoch weiterhin die Forderung seiner Partei und erklärte: "Wenn Deutschland doch bisher schon seine Klimaschutzziele verfehlt hat (...), dann sage ich: Lasst uns bitte breiter denken!"

Das ist das Rede-Duell des Abends

Daraufhin entbrannte eine Grundsatzdiskussion zwischen den Gästen. Während Christian Dürr bezweifelte, dass Deutschland 100 Prozent seiner Energie aus Wind und Sonne gewinnen kann, kritisierte Petra Pinzler: "Sie suggerieren den Leuten, man kann die Gasheizungen einfach lassen, und dann wird da irgendwann mal ein bisschen Wasserstoff dazugemischt."

Dürr konterte genervt: "Was ist denn Ihre Alternative, Frau Pinzler? Den Leuten zu sagen, sie können gar nicht mehr heizen?" Pinzler antwortete mit ernster Miene: "Wir haben ein Problem mit dem Klimaschutz in diesem Land. Das würde ich gerne auch mal aus Ihrem Munde hören."

Auch der Autor und Journalist Uwe Ritzer befürchtete, dass bei dem überarbeiteten Heizungsgesetz nur wenig Klimaschutz-Aspekte übrig geblieben sind. "Der große Gedanke Klimaschutz" sei laut Ritzer bei all den Diskussionen hinten runtergefallen. Petra Pinzler stimmte zu und ergänzte, dass im überarbeiteten Gesetz zu viele Technologien zugelassen werden und ein zügiger Abschied von Gas- und Ölheizungen in weite Ferne gerückt sei. "Ein Gesetz zum Klimaschutz ist dann jetzt ein Gesetz gegen den Klimaschutz", bilanzierte Pinzler wütend.

Christian Dürr wollte diesen Vorwurf nicht akzeptieren und konterte: "Ich behaupte das exakte Gegenteil! (...) Je mehr Technologien wir erlauben, desto mehr Möglichkeiten haben wir, Klimaschutz zu machen." Die Journalistin antwortete prompt: "Ich kenne keine klimaneutrale Ölheizung." Markus Lanz fragte daraufhin stichelnd, "wie viel Schnitzel" gebraten werden müsse, um eine klimaneutrale Ölheizung zum Laufen zu bringen. Dürr konzedierte: "Da fehlt mir die Schnitzel-Fachkenntnis an der Stelle."

Lanz stellte deshalb fassungslos fest: "Sie wollen Ölheizungen jetzt CO2-neutral betreiben, aber Sie wissen nicht genau, in welchem Umfang das überhaupt geht?" Journalistin Petra Pinzler ergänzte, dass für sie das Heizungsgesetz mittlerweile "extrem aufgeweicht" sei und man sich fragen müsse: "Brauchen wir das so eigentlich?" Ein Argument, das den FDP-Mann wütend machte. Er forderte aufgebracht: "Meine herzliche Bitte ist, dass dieses Land bei neuen Technologien mutig wird und nicht 100 Fragen stellt, warum alles nicht funktioniert!"

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz knöpfte sich am Donnerstagabend vor allem FDP-Fraktionschef Christian Dürr mehrmals vor und forderte Antworten zum Stand des Heizungsgesetzes. Der ZDF-Talker punktete immer dann, wenn es konkret wurde - etwa, was die Umsetzbarkeit von FDP-Änderungen an Habecks ursprünglichem Gesetzesentwurf angeht. Lanz wirkte "im Thema" - kein Wunder, nach bereits jetzt unzähligen Talk-Ausgaben zum Gebäudeenergiegesetz und seinen Folgen.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Das Gebäudeenergiegesetz bleibt offensichtlich weiterhin ein politischer Zankapfel - politisch wie gesellschaftlich. "Wir müssen breiter denken!", plädierte Christian Dürr einmal mehr für die von der FDP viel beschworene Technologieoffenheit. Die Skepsis, dass dieser "breite" Ansatz in der Wirklichkeit auch Früchte trägt, blieb in der "Markus Lanz"-Runde bis zum Ende groß. Kein Konsens in Sicht.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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