• Viele Deutsche verspüren nach Entbehrungen während der Corona-Pandemie die Lust, zu Reisen.
  • Aber zur Vorfreude auf den Urlaub hat sich Sorge gemischt: "Wird mein Flug überhaupt stattfinden?", "Wie viel Wartezeit muss ich beim Check-In mitbringen?" und "Ist der Urlaub angesichts der Inflation überhaupt noch drin?".
  • Frank Plasberg machte sich am Montag (21.) auf die Suche nach Verantwortlichen.
Eine Kritik
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Derzeit gibt es für viele Urlauber am Flughafen den Schockmoment: "Flug annulliert". Allein die Lufthansa hat im Juli 900 Flüge gestrichen. Ursächlich ist vor allem ein im Zuge der Pandemie erfolgter Personalabbau. Während die Lufthansa-Gruppe im März 2020 noch 137.000 Mitarbeiter zählte, waren es zwei Jahre später nur noch 104.000. Starke Nerven sind deshalb auch beim Check-In gefragt.

Das ist das Thema bei "Plasberg"

"Flugausfälle, Personalmangel, Teuerurlaub: ist das Ferienchaos noch vermeidbar?", wollte Frank Plasberg am Montagabend (21.) von seinen Gästen im Studio wissen. Es folgte ein Ritt von Reisebüro und Gepäckaufgabe über Sicherheitskontrolle und Boarding bis hin zu Annullierung und Verbraucherschutzklagen. Themen waren außerdem der Fachkräftemangel im Tourismus-Sektor, Kontrollen durch private Sicherheitsfirmen, den Preis des Reisens in der Zukunft und die Verantwortung der Politik.

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Das sind die Gäste bei "hart aber fair"

  • Claudia Müller (Grüne): "Corona war eine harte Zeit für die gesamte Touristik-Branche und da hat der Staat umfassend geholfen", meinte die Tourismusbeauftragte der Bundesregierung. Sie war sich sicher: "Es wird ein Sommer voller Überraschungen." Im gesamten Tourismusbereich gäbe es starke Personalprobleme. Erklärtes Ziel der Pandemiepolitik sei es immer gewesen, zu vermeiden, dass es wieder zu Einschränkungen im Reiseverkehr kommt.
  • Matthias von Randow: "Nach der Corona-Flaute haben wir uns intensiv auf den Sommerreiseverkehr vorbereitet", behauptete der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Damit das funktioniere, müssten alle ihr Bestes geben. "Auch der Staat, der die Sicherheitskontrollen durchführt", kommentierte von Randow. Kritik übte er an der Politik. "Bis vor Kurzem haben wir noch erhebliche Beschränkungen gehabt", erinnerte er.
  • Amelie Fried: Die TV-Moderatorin und Buchautorin befand: "Dass jetzt alle endlich Urlaub machen wollen, war doch klar." Sie könne vor diesem Hintergrund nicht verstehen, wie die Fluggesellschaften so unvorbereitet in den Sommer gehen konnten. "Wir machen deshalb in diesem Jahr Urlaub mit dem Auto in Italien", berichtete sie aus ihrem Privatleben.
  • Ute Dallmeier: "Ja, diese Urlaubssaison wird bei den Flugreisen Nerven kosten. Es hilft jetzt aber nicht, Schuldige zu suchen", sagte die Geschäftsführerin von Reisebüros und Präsidiumsmitglied des "Deutschen Reise-Verbands". Jeder Passagier könne mithelfen – mit einem frühen Check-In, wenig Handgepäck und einem Reise ohne Flüssigkeiten. Es gäbe ein Nachholbedürfnis in der Gesellschaft, auch wenn das Niveau von vor der Pandemie noch nicht erreicht sei. "Die Branche kommt nicht richtig auf die Füße, wir stehen immer wieder vor neuen Krisen", klagte sie.
  • Dirk Schümer: "Wer kann, sollte immer gegen den Strom reisen. Sprich dahin, wo nicht alle anderen fahren", riet der Europakorrespondent der "Welt". Das spare Geld, Zeit und Nerven. "Viele haben auch Angst vor einer Reiseunmöglichkeit, die uns bald droht. Wer weiß, was noch so kommt", meinte Schümer. Ein Problem mit der Wertschätzung sah er im Tourismusbereich nicht, wohl aber einen Fachkräftemangel.
  • Wolfgang Schuldzinski: Der Vorstand der Verbraucherzentrale NRW sagte im Einzelgespräch: "Viele Flugreisen klappen, viele leider auch nicht. Jeder muss selbst entscheiden, welches Risiko er eingeht." Der Ärger mit den Annullierungen bestehe auch darin, dass man alles vorausgezahlt habe. "Das Geld bekommt man, obwohl es einen Anspruch gibt, nur vielleicht schnell wieder. Das ist noch einmal ein Ärgernis on top", so Schuldzinski. Wenn der Flug nicht stattfinde, müss die Airline einen Ausfall zahlen, der nach Entfernung gestaffelt sei oder einen Ersatzflug organisieren.

Das ist der Moment des Abends bei "Plasberg"

Etwa zur Mitte der Sendung wagte Journalist Schümer eine erste Bilanz: "Natürlich kriegt man einen Kellner auch in der Hochsaison an der Nordsee, wenn man ihn besser bezahlt. Dann wird aber auch das Essen wieder teurer". Man erlebe eine Spirale, die nach oben gehe. "Die Probleme lassen sich lösen, wenn höher bezahlt wird. Die Probleme lassen sich lösen, wenn während der Saison ausländische Kräfte kommen, aber die Preise werden dadurch nicht sinken", hielt er fest.

Die Zeiten in denen man mal eben "mit einem Ryan-air-Ticket für ein paar Euro irgendwo hin fliegt sind vielleicht für immer vorbei", so Schümer. Die Zeit, in der jeder unbeschwert übers Wochenende irgendwo hinreisen könne – beispielsweise zum Junggesellenabschied nach London oder Prag – "die ist offenbar nicht mehr da", sagte der Journalist.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Beim Rede-Duell des Abends ging es um die Sicherheitskontrollen an Flughäfen, die vom Staat durchgeführt werden. Moderatorin Fried gab den Anstoß: "Mich würde interessieren, warum es in München besser funktioniert", sagte sie. Am Münchener Flughafen würden die Sicherheitskontrollen von einer Firma durchgeführt, die im Staatsbesitz sei, die nicht privatisiert sei und die nach Tarif bezahle. "Bisher ist München was dieses ganze Chaos angeht eine löbliche Ausnahme", bemerkte sie.

Von Randow vom BDL griff das auf: "Ich bin nicht sicher, ob das der entscheidende Grund ist. Es gibt einen anderen, ganz wichtigen Grund", meinte er. Sicherheitskontrollen müssten sicher und effektiv sein. "Es läuft dann vor allem besser, wenn es von Institutionen gemacht wird, die nah am Geschehen dran sind", so von Randow. Man wolle in Frankfurt die Organisation nun in die Hand des Flughafenbetreibers geben, die Bundespolizei habe dann nur die Aufsicht. "Das konkrete Prozedere wird dann von Menschen gemacht, die in den Abläufen von Flughäfen bestens Bescheid wissen", erklärte er.

Fried ließ nicht locker: "Aber könnte nicht auch die Bezahlung eine Rolle spielen? ", setzte sie nach. In München, wo nach Tarif bezahlt werde, gebe es offenbar keine Probleme, Leute zu finden. Dallmeier pflichtete ihr bei: "Oder, dass man bei einer Ausschreibung das Günstigste nimmt!"

Eurowings

Lufthansa und Eurowings: Hunderte Flüge für Juli gestrichen

Wegen Personalmangels infolge der Corona-Pandemie haben Lufthansa und Eurowings Hunderte Flüge für Juli gestrichen. Betroffen sind die Wochentage Freitag, Samstag und Sonntag.

So hat sich Frank Plasberg geschlagen

Man merkte, dass Plasberg nach all dem harten Tobak im Ukraine-Konflikt mal wieder ein "leichteres" Thema gebraucht hatte. Von ihm kam ein gewitzter Kommentar nach dem nächsten. "Sommerzeit ist Reisezeit – das hat mir mein Volontärsvater schon aus Artikeln rausgestrichen", sagte er beispielsweise, nachdem von Randow sich wieder mit Allgemeinplätzen aufhielt. Als der von guter Vorbereitung der Fluggesellschaften sprach, meinte Plasberg: "Eigentlich ist die Frage: Sind die Airlines toll oder super toll?" und "die Lufthansa hat sich mit einem Personalabbau von 24 Prozent vorbereitet".

Das ist das Ergebnis bei "Plasberg"

Eigentlich sollte es kein Schwarzer-Peter-Spiel werden, am Ende war es das dann aber doch irgendwie. Die Schuldfrage wanderte von Flughafenbetreiber und Airlines zum Staat und zu Verbrauchern. Ein besonders plakatives Beispiel für das Zurückweisen von Verantwortung für Versagen gab BDL-Chef von Randow ab.

Bilanz des Abends: Starke Nerven werden bei An- und Abreise definitiv gebraucht. Umso entspannter könnte dann aber die Zeit am Urlaubsort selbst werden. Gleichzeitig wurde deutlich: Das Problem des Personalmangels in Deutschland ist deutlich größer als sechs Wochen Sommerferien. Und da wäre noch etwas: Immer mehr Deutsche können sich durch die Inflation gar keinen Urlaub mehr leisten...

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