Bei "Hart aber fair" stellte Louis Klamroth am Montag das Gerechtigkeitsempfinden der Zuschauer gehörig auf die Probe. Bei all den Stories über Steuerspartricks der Superreichen und unvorstellbaren Reichtum ohne Erwerbsarbeit konnte man als Arbeitnehmer nur doof aus der Wäsche gucken. Linkspolitiker Jan van Aken kanalisierte die Wut in einer ziemlich steilen These, Ex-Trigema-Chef Wolfgang Grupp redete sich in Rage.
Deutschlands Wirtschaft wackelt: Laut Medienberichten will die Bundesregierung ihre Wachstumsprognosen erneut nach unten korrigieren. Über die Ausgabenseite ist etwa in puncto Sozialleistungen bereits viel diskutiert worden. Aber wie sieht es eigentlich mit der Einnahmenseite aus? Wären Vermögenssteuer und eine höhere Erbschaftssteuer ein Mittel, um den Staatshaushalt zu sanieren und gleichzeitig gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken?
Das ist das Thema bei "Hart aber fair"
Schon der Titel der Sendung hatte es in sich: "Die Gerechtigkeitsdebatte: Können wir uns die Reichen noch leisten?" drehte die typische Fragestellung und Erwartung einmal um und fragte nicht danach, ob Bürgergeld und Rente noch finanzierbar sind, sondern die niedrige Besteuerung der Reichen. In der Sendung ging es neben moralischen Gerechtigkeitsvorstellungen auch um konkrete Handlungsoptionen im Steuerrecht.
Das sind die Gäste
- Johannes Vogel (FDP): "Eigentumsrecht ist ein Grundrecht. Das ist eine Verfügensmasse für linke Politiker", so der stellvertretende Bundesvorsitzende. Das Problem sei, dass zu wenige Menschen die Möglichkeit hätten, sich etwas aufzubauen. "Die Gründerquote geht runter", sagte Vogel.
Jan van Aken (Linke): "Die Leute haben es satt, dass nichts mehr funktioniert", kritisierte van Aken. Infrastruktur und Personalmangel seien Symptome davon, dass Deutschland in den letzten Jahren kaputtgespart worden sei. "Wir müssen endlich wieder dahingehen, wo wir einmal waren und eine Vermögenssteuer einführen, um Gewinne abzuschmelzen", forderte er und setzte eine steile These nach: "Wir müssen alle Milliardäre abschaffen."- Julia Friedrichs: Die Autorin sagte: "Bei der Verteilung von Vermögen ist Deutschland auffällig ungleich. Man tue sich aber schwer mit der Definition von Reichtum. Ein Single sei ab 3.700 Euro netto per Definition bereits reich, man rechne aber auch Milliardäre dazu. "Ich würde von Reichtum erst dann sprechen, wenn man von seinem Vermögen leben kann", so Friedrichs. Später forderte sie: "Wir müssen eine Art New Deal zwischen den Superreichen und dem Rest schmieden."
- Josef Rick: Der Multimillionär stellte klar: "Wenn wir über das obere 1 Prozent der Gesellschaft sprechen, sprechen wir nicht über Menschen, die arbeiten." Die FDP schiebe gerne den Bäcker- oder Elektrofachmeister mit 30 Mitarbeitern vor. Bei dem oberen Prozent würde das Geld aber zum ganz überwiegenden Teil durch Zinsen und Renditen am Finanzmarkt verdient und nicht durch Erwerbsarbeit.
- Wolfgang Grupp: "Reichtum verpflichtet", so der ehemalige Trigema-Chef. Es wäre fatal, wenn man meinte, man müsse erfolgreichen Unternehmern, die zehntausende Menschen beschäftigten, etwas wegnehmen. Wenn Löhne und Arbeitsplätze sicher sein sollten, brauche man Reserven.
- Nadine Metgenberg: Die Eventplanerin für Luxushochzeiten berichtete: "Superreiche in Deutschland sind im internationalen Vergleich eher sehr bescheiden unterwegs." Ihr begegne eine Scheu gegenüber der Öffentlichkeit und die Sorge, "es zu übertreiben". Es gebe in Deutschland eine "Neiddebatte".
Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"
Der ehemalige Trigema-Geschäftsführer Grupp redete sich bei diesem Punkt ganz schön in Rage: "Wir brauchen endlich Verantwortung und Haftung zurück", forderte er. "Wenn ein Benko pleite macht", und die Politik zulasse, dass man ihm nicht nur 500 Millionen aus Staatshilfen vorher gegeben habe, sondern er auch Millionär bleibe, "dann müssen wir nicht über die Reichen sprechen, sondern über Gerechtigkeit", forderte Grupp.
Es dürfe nicht sein, dass ein Unternehmen wie Cloppenburg einfach in die Schweiz gehen und alles mitnehmen könne und den Rest hier in die Insolvenz schicke und Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit. Ähnlich sei es bei Esprit gelaufen, was alles nach China geschoben und hier Insolvenz angemeldet habe. "Wir müssen mal wieder über Anstand sprechen", rief er laut durchs Studio.
Das ist das Rede-Duell des Abends
Das Rededuell lieferten sich wenig überraschend die Vertreter von FDP und Linkspartei. Van Aken rechnete vor, der Stundenlohn von Susanne Klatten habe im letzten Jahr bei 1,1 Millionen Euro gelegen. "Das ist einfach nur noch unanständig", befand er. Sie habe nur so viel Geld, weil sie zu niedrige Löhne gezahlt habe, zu hohe Mieten genommen habe und zu wenig Steuern abgeben habe. Van Aken befand: "Die hat uns das weggenommen, wir wollen das wiederhaben."
FDP-Mann Vogel hielt dagegen: "Es gibt sehr viele Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Land, die sehr fleißig sind und etwas leisten." Sie erlebten aber keinen Respekt oder Wohlwollen, sondern man frage, wie man ihnen etwas wegnehmen könne. "Das ist ein Problem. Denn dadurch entscheiden sich weniger Menschen als in anderen Ländern, ins Risiko zu gehen und Unternehmer zu werden", meinte Vogel. Dadurch habe Deutschland auch nicht das gewünschte Wirtschaftswachstum.
So hat sich Louis Klamroth geschlagen
Viel Input musste
Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"
Mit einem wichtigen Missverständnis räumte die Sendung auf: Die meisten Superreichen in Deutschland sind nicht durch Erwerbsarbeit so reich geworden, sondern durch Erbschaft oder Anlagestrategien. Während Erwerbsarbeit hoch besteuert wird und in diesem Bereich eine Umverteilung stattfindet, nutzen Superreiche immer wieder Steuerschlupflöcher und zahlen am Ende prozentual weniger Steuern als arbeitende Menschen. Autorin Friedrichs beschrieb auch: "Unsere Geschichte des Reichtums schreiben Erben." Das passe nicht zu Erzählungen, dass jeder eine Chance habe und in der Demokratie jede Stimme gleich viel wert sei.
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels wurde der ehemalige Trigema-Geschäftsführer Wolfgang Grupp im neunten Absatz (indirekt) mit den Worten "Wenn ein Bänker pleite gehe …" zitiert. Diese Aussage wurde in dieser Form nicht getätigt. Stattdessen ist richtig, dass Grupp in diesem Zusammenhang nicht von "Bänkern", sondern von [dem österreichischen Investor René] "Benko" gesprochen hat. Wir haben dies korrigiert.
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