Nach einer spektakulären Transferoffensive, die Superstars wie Cristiano Ronaldo, Neymar und Karim Benzema mit vielen Petro-Dollar in die saudi-arabische Liga lockte, ging es bei "Markus Lanz" primär um den die allgemein fortschreitende Kommerzialisierung des "unendlich versauten" Fußballs - aber auch um die Frage: Ist Julian Nagelsmann als DFB-Coach geeignet?
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Saudi-Arabien pumpt momentan Milliardenbeträge in viele Bereiche der Sportwelt. Von Fußball bis Golf: Der Wüstenstaat versucht, mit aller finanziellen Macht seinen politischen Einfluss zu vergrößern und gleichzeitig auch ein positiveres Image aufzubauen. Stichwort: Sportswashing. 2029 finden die asiatischen Winterspiele im Königreich statt, eines Tages soll auch eine Fußball-WM folgen. Bei "
Das sind die Gäste
- Philipp Köster, Sportjournalist: "Das Tempo der Kommerzialisierung im Fußball hat unglaublich zugenommen."
- Sebastian Sons, Islamwissenschaftler: "Die Saudis nutzen exakt das System, das wir gebaut haben."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Bei "Markus Lanz" drehte sich am Mittwochabend alles um das Transfer-Beben, das die Fußballwelt erschüttert. Mit Blick auf die Sportoffensive Saudi-Arabiens wollte der ZDF-Moderator zu Beginn der Sendung wissen, wie man mit der neuen Großmacht umzugehen habe. Islamwissenschaftler Sebastian Sons machte zunächst deutlich, dass Saudi-Arabien mit massiven Investitionen versuche, "Grenzen zu verschieben": "Manche nennen das Größenwahn, in Saudi-Arabien selbst sagen viele Leute: Das ist einfach der ambitionierte Ehrgeiz, den wir haben." Der Wüstenstaat wolle sich so seinen eigenen Platz im Weltfußball erkaufen. "Saudi-Arbabien verfolgt damit nicht nur das Ziel, bekannter zu werden, mit Geld Einfluss zu generieren, (...) sondern man möchte Glamour erzeugen", so Sons.
Auch Sportjournalist Philipp Köster musste mit ernster Miene zugeben: "Man kann mit sehr, sehr viel Geld viel bewegen und sich da auch richtig hineindrängen in so einen Sport." Nicht nur im Fußball, sondern auch im Golf habe Saudi-Arabien laut Sebastian Sons "eine Nische gesehen, um wirklich weltweit und gerade auf dem amerikanischen Markt Einfluss nehmen zu können."
Lanz wollte daraufhin wissen, welche Summen Top-Spielern als Köder angeboten werden. "Bei Tiger Woods standen mal 700 Millionen im Raum", antwortete der Islamwissenschaftler trocken. In dem Wüstenstaat werde jedoch nicht nur aus sportlicher Leidenschaft "geklotzt statt gekleckert". Hinter der Sportpolitik Saudi-Arabiens stecke vielmehr die größere Strategie, "neue Märkte zu erobern und sich auch in gewisser Weise wirtschaftlich unersetzlich zu machen". Dies stimmte Philipp Köster nachdenklich. Er bemängelte: "Der Sport ist unendlich versaut durchs Geld - seit vielen, vielen Jahren. (...) Diese Absurdität dieser Summen, das verändert den Blick vieler Leute."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Aufgrund der fortschreitenden Kommerzialisierung des Fußballs entbrannte bei "Markus Lanz" schließlich eine leidenschaftliche Debatte. Islamwissenschaftler Sebastian Sons räumte zunächst ein: "Sicherlich muss man das, was in Saudi-Arabien passiert, kritisch sehen, aber man muss es einordnen." Laut des Islam-Experten sei der Wüstenstaat von Kronprinz Mohammed bin Salman bei Weitem nicht der Erfinder der "Kommerzialisierung des Fußballs", denn "die Saudis nutzen exakt das System, das wir gebaut haben. Und jetzt zu jammern, dass Geld die Welt regiert, ist scheinheilig."
Der Islamwissenschaftler deutete zudem an, dass Fußballprofis wie
Köster wetterte weiter: "Was da gerade läuft, das ist Kirmes. Das ist große Fußball-Kirmes, aber das hat mit dem, was wir in Europa kennen, nichts zu tun." Lanz hakte beim aufgebrachten Sportjournalisten nach: "Haben Sie Verständnis für die Spieler, die das machen?" Eine Frage, auf die Köster eine klare Antwort fand: "Mich widert es ehrlich gesagt an, wenn man gerade ältere Sportler hat (...), die schon so unendlich viel Geld in ihrem Leben verdient haben." Köster ergänzte wütend: "Wer nach Saudi-Arabien geht, ist quasi ein PR-Botschafter in kurzen Hosen - natürlich ist das moralisch nicht okay." Saudi-Arabien habe auch "einen schwierigen Ruf loszuwerden", wandte Markus Lanz mit Blick auf die Menschenrechtsverletzungen im Land ein.
Sebastian Sons versuchte zum Ende der Sendung, die Wogen zu glätten und erklärte hoffnungsvoll: "Viel Kritik ist gerechtfertigt, konstruktive Kritik ist aber immer besser (...) und ich glaube, dass man das über den Fußball hinbekommen könnte."
Das kam zu kurz
Ebenfalls diskutiert wurde bei Lanz - wenn auch nur kurz - die Spitzenpersonalie des DFB: Wer tritt zehn Monate vor der Heim-EM die Nachfolge von Hansi Flick an?
Allerdings fehle Nagelsmann alles, was Interims-Coach Rudi Völler ausstrahle - "diese wohlige Familienstimmung, Mannschaftsgeist, Kameradschaft". Köster fuhr fort: "Bei Rudi Völler denken wir sofort an die WM 2002. 'Es gibt nur einen Rudi Völler.' Wir denken an 1986, wo er ein Tor im WM-Finale gemacht hat, 1990 Weltmeister." Nagelsmann, der nie Nationalspieler war, sei da zweifelsohne anders: "Das ist so einer, der dann mal mit dem Skateboard zur Arbeit kommt, eine neue Modekollektion, ob geschmackvoll oder nicht, ausprobiert."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz schaffte es am Mittwochabend, mit gezielten Fragen einen interessanten Gesamtüberblick von Saudi-Arabien zu zeichnen. Während er mit Sportjournalist Philipp Köster über die Geldgier einiger Fußballstars sinnierte, nahm sich Lanz auch die Zeit, mit Islamwissenschaftler Sebastian Sons über die Geostrategie Saudi-Arabiens zu sprechen.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Die Transfer-Offensive Saudi-Arabiens löst bei vielen Sportbegeisterten blankes Entsetzen aus. Wie im Kaufrausch griffen die Vereine des Wüstenstaates für Altstars wie Cristiano Ronaldo ganz tief in die Tasche und gaben damit einer bislang zweitklassigen saudi-arabischen Liga plötzlich eine Weltbühne. Bei "Markus Lanz" wetterte Sportjournalist Philipp Köster gegen die Geldgier der Fußballstars, während Islamwissenschaftler Sebastian Sons versuchte, ein neutraleres Bild der Situation zu zeichnen. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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