Am Sonntagabend (21.) war AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla zu Gast bei Caren Miosga. Dabei musste er Stellung nehmen zu mehreren Vorwürfen, denen sich die AfD derzeit ausgesetzt sieht – unter anderem den Russland-Verbindungen zweier ihrer Abgeordneten. Während die Studio-Gäste versuchten, den AfD-Politiker inhaltlich zu stellen, fuhr Chrupalla eine altbekannte Strategie.

Eine Kritik
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Bei der aktuellen Sonntagsfrage kommt die AfD laut dem Umfrageinstitut "INSA" auf 18 Prozent der Wählerstimmen. Nur noch die Union liegt bundesweit mit 30 Prozent vor ihr. Noch in diesem Jahr werden in Sachsen, Thüringen und Brandenburg neue Landtage gewählt. In allen drei Bundesländern könnte die AfD den Sieg davontragen. In den Umfragen in Thüringen ist die AfD beispielsweise mit über 30 Prozent stärkste Kraft.

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Das ist das Thema bei "Caren Miosga"

"Wofür steht die AfD, Herr Chrupalla?", lautete die Frage, mit der Caren Miosga am Sonntagabend (21.) ihre Sendung überschrieb. Dabei ging es vor allem um die Vorwürfe, dass die AfD Sprachrohr für Russlands Propaganda ist und Rechtsextremismus Vorschub leistet. "Wie nah ist die Partei Russland tatsächlich?" und "Welche Folgen haben die rechtsextremen Äußerungen?" waren weitere Fragen, ebenso: "Wie sehen die Pläne der AfD für den Wirtschaftsstandort Deutschland aus?"

Das sind die Gäste

  • Tino Chrupalla (AfD): "Man hat uns seit 2015 erzählt, es kämen Fachkräfte. Es sind mittlerweile seitdem über 10 Millionen Menschen nach Deutschland gekommen, viele sind wieder gegangen, aber viele sind auch hiergeblieben – und es waren wenig Fachkräfte dabei", so der Bundessprecher und Fraktionsvorsitzende. Deutschland habe ein riesiges Migrationsproblem. Die meisten seien ins Bürgergeld und in die Sozialsysteme eingewandert.
  • Nadine Lindner: Die Hörfunkjournalistin vom "Deutschlandradio" sagte: "Die AfD erhebt an Frauen extrem unterschiedliche Forderungen, die teilweise völlig aus der Zeit gefallen sind." Die AfD versuche Frauen Entscheidungsspielraum zu nehmen, etwa beim Abtreibungsrecht. Später sagte sie, Weltoffenheit könne man der AfD nicht abnehmen, die Fraktionsvorsitzenden im Osten hätten erklärt, Deutschland müsse deutsch bleiben. "Mit diesem Satz ist das abgeräumt", so Lindner.
  • Joe Kaeser: Der ehemalige Siemens-Chef benannte die Formel für wirtschaftlichen Erfolg in Deutschland: "Export, Fachkräfte, Innovation und gesellschaftliche Stabilität." Wenn Deutschland den Export nicht aufrechterhalten könne, weil das Personal dafür fehle, werde der Wohlstand zurückgehen. "Unser Land ist wohlhabend geworden, dadurch, dass es Weltoffenheit gezeigt hat", erinnerte er im Gespräch mit Chrupalla.

Das ist der Moment des Abends bei "Caren Miosga"

Miosga konfrontierte Chrupalla mit einem Zitat des Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilan Krah. Der hatte in seinem Buch geschrieben, es gäbe keinen Grund, "Frauen vom Berufsleben auszuschließen. Das korreliert mit dem Umstand, dass Hausarbeit dank der modernen Hausgerätetechnik nicht mehr ansatzweise so zeitaufwändig und anstrengend ist wie noch vor 50, 80 Jahren."

Miosga kommentierte: "Da bin ich jetzt sehr froh, dass ich hier sitzen darf und Sie interviewen darf, weil ich jetzt einen Staubsaugerroboter zuhause habe." Das Publikum erging sich in Applaus und Miosga schob hinterher: "Wie wäre es mit Buch lesen, bevor der Spitzenkandidat wird?" Chrupalla verwies lediglich darauf, dass das Buch kein AfD-Programm sei. "Mein Geschmack ist es nicht", so Chrupalla weiter.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Der ehemalige Siemens-Chef Kaeser berichtete davon, wie ausländische Vertriebsmitarbeiter fragten: "Sind wir bei euch eigentlich noch willkommen?" Kaeser sagte dazu: "Das ist das große Problem. Das unterschätzen Sie maßlos, Herr Chrupalla mit Ihrer Partei. Das Ausland guckt auf uns, wenn wir unsere Exporte verkaufen wollen. "

Chrupalla reagierte darauf: "Unsere Weltoffenheit wird ausgenutzt, von vielen Migranten, die hier nur herkommen, um in die Sozialsysteme einzuwandern." Die Wirtschaft in Deutschland schmiere gerade massiv ab. "Da guckt das Ausland auch auf uns", so Chrupalla.

So hat sich Caren Miosga geschlagen

Über zu große Strecken klang es nach Kaffeeklatsch mit Tino Chrupalla. Statt ihn zu fragen, wie viel Bargeld er dabeihat, oder ob er lieber Schnitzel in Berlin Mitte oder Hackepeter in Görlitz isst, hätte eine inhaltliche Frage mehr der Sendung gutgetan. Etwa, als es um den Fachkräftemangel ging. Hier hätte Miosga lieber noch inhaltlich dranbleiben sollen.

Wachsam war sie allerdings an den entscheidenden Stellen. Als Chrupalla eine AfD-Wahlwerbung als "Geschmackssache" abtat, entlarvte sie ihn: "Ist das Geschmacksache oder ist das frauenverachtend?". Als es um den Verdacht ging, dass die AfD-Politiker Petr Bystron und Maximilian Krah Geld aus Russland erhalten haben, sprach Chrupalla von der geltenden Unschuldsvermutung. Miosga reagierte darauf: "Bin irritiert, dass Sie gar nicht besorgt sind."

Das ist das Ergebnis bei "Caren Miosga"

Meint es die AfD ernst mit der Demokratie? Tausende Menschen, die Anfang des Jahres demonstrierten, bezweifeln das. Währenddessen verkauft die AfD rechtsextreme Vorfälle als Verirrungen einzelner Mitglieder. Auch in Miosgas Sendung fuhr der AfD-Vertreter eine bekannte Strategie: Es sei nicht sein Zitat, sein Buch, seine Aussage – man müsse schon den betroffenen Politiker selbst fragen. Dabei ließ Chrupalla völlig außer Acht, dass es sich bei dem kritisierten Maximilian Krah um einen gewählten Spitzenkandidaten handelt, an dessen Aussagen sich die Breite der Delegierten nicht stört.

Verwendete Quellen:

  • ARD: Sendung "Caren Miosga" vom 21.04.2024
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