Premierministerin May zieht alle Register, um ihren Brexit-Deal doch noch zu retten. Gleichzeitig sucht das Unterhaus auf eigene Faust nach einer Alternative zum Brexit-Abkommen.
Die britische Premierministerin
Das britische Parlament suchte derweil am Mittwoch auf eigene Faust nach Alternativen für das umstrittene Brexit-Abkommen. Parlamentspräsident John Bercow wählte dafür 8 von 16 Optionen zur Abstimmung aus. Dazu gehören der Vorschlag, am 12. April ohne Abkommen aus der Europäischen Union auszuscheiden, mehrere Versionen einer engeren Anbindung an die EU, ein zweites Referendum und eine Abkehr vom EU-Austritt, um einen No-Deal-Brexit zu verhindern.
Den Abgeordneten sollte eine Liste vorgelegt werden, auf der sie jede der Optionen entweder annehmen oder ablehnen können. Auch Enthaltungen waren möglich. Die Abstimmung war für 20 Uhr vorgesehen, mit dem Ergebnis wurde zwischen 22 und 23 Uhr gerechnet.
Brexit-Alternativen setzen May unter Druck
Zwei Mal haben die Abgeordneten den zwischen Premierministerin Theresa May und Brüssel vereinbarten Deal bereits abgelehnt. Die Lösung sollen nun die sogenannten indicative votes bringen: Mit diesen richtungweisenden Abstimmungen soll ausgelotet werden, für welche Alternative es eine Mehrheit im Parlament gibt. Sprächen sich die Abgeordneten für eine der Optionen aus, wäre das zwar rechtlich nicht bindend, aber für May schwer zu ignorieren.
Trotzdem wird damit gerechnet, dass May noch einmal versuchen wird, den Abgeordneten ihren Austrittsvertrag in dieser Woche nochmals vorzulegen. Prominente Gegner Mays wie Ex-Außenminister Boris Johnson und der erzkonservative Tory-Abgeordnete Jacob Rees-Mogg signalisierten bereits, dass sie den Deal doch noch unterstützen könnten.
Erneut einen Strich durch die Rechnung machen könnte May dabei Bercow: Er stellte eine dritte Abstimmung über das Abkommen in dieser Woche erneut infrage. Bercow erinnerte die Regierung daran, dass nur substanzielle Änderungen an dem Deal eine weitere Abstimmung rechtfertigen können. Er hatte vergangene Woche für Aufsehen gesorgt, als er eine erneute Abstimmung über den Deal unter Berufung auf eine 415 Jahre alte Regel zunächst ausschloss. Kritiker werfen ihm Parteilichkeit auf Seiten der EU-freundlichen Abgeordneten vor.
Ursprünglich sollte Großbritannien schon an diesem Freitag die Staatengemeinschaft verlassen. Brüssel bot London kürzlich eine Verschiebung des Brexits bis zum 22. Mai an. Bedingung ist aber, dass das Unterhaus in dieser Woche dem Austrittsvertrag zustimmt. Andernfalls gilt die Verlängerung nur bis zum 12. April. In dem Fall soll London der EU vor diesem Termin sagen, wie es weitergehen soll.
Sollte Großbritannien ohne Abkommen aus der EU ausscheiden, wird mit dramatischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche gerechnet.
Tusk: "Wachsende Mehrheit will in EU bleiben"
Mahnende Worte gab es seitens der Europäischen Union. EU-Ratspräsident Donald Tusk forderte das Europaparlament auf, notfalls eine weitere Verschiebung des Brexits und eine Teilnahme der Briten an der Europawahl Ende Mai zu unterstützen. Es gebe eine «wachsende Mehrheit von Menschen» im Vereinigten Königreich, die in der EU bleiben wolle, sagte Tusk im Europaparlament in Straßburg. Diese Menschen dürften nicht verraten werden.
Tusk spielte mit seinen Äußerungen darauf an, dass es aus dem Europaparlament zuvor Kritik an der Möglichkeit eines längeren Brexit-Aufschubs gegeben hatte. Abgeordnete befürchten, dass bei der Europawahl im Mai dann erneut auch viele britische EU-Gegner ins Parlament gewählt werden könnten. Ein solches Denken sei inakzeptabel, sagte Tusk nun. Er verwies dabei auch auf die rund sechs Millionen Briten, die zuletzt eine Online-Petition für den Verbleib Großbritanniens in der EU unterzeichnet hatten, und auf die rund eine Million Menschen, die am Wochenende für ein neues Referendum auf die Straße gegangen waren. (dpa/br)
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