In Italien regiert neuerdings ein Bündnis zweier populistischer Parteien. Die Schlagzeilen bestimmt seither vor allem einer: Matteo Salvini, Innenminister und Parteichef der Lega. Er ließ die Häfen für Flüchtlingsboote sperren und will Sinti und Roma des Landes verweisen. Ausgerechnet auf dieses Italien ist Angela Merkel auf der Suche nach einem Ausweg aus dem Asylstreit mit Horst Seehofer angewiesen.

Eine Analyse

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat jetzt Schwarz auf Weiß, was sie ohnehin gewusst haben dürfte: Sich mit den anderen EU-Staaten auf eine gemeinsame Flüchtlingspolitik zu verständigen, wird extrem schwer.

Sollte Italiens Regierungschef Giuseppe Conte am Sonntag zum Migrations-Sondergipfel nach Brüssel fahren, um einen Entwurf zu unterschreiben, der von Deutschland und Frankreich vorbereitet wurde, "tut der Premier gut daran, die Reisekosten zu sparen", twitterte italienische Innenminister Matteo Salvini in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag.

Der Chef der fremdenfeindlichen Lega verschärft damit seinen Konfrontationskurs im Asylstreit noch einmal. Dabei hatte er schon in den vergangenen Tagen keinen Zweifel daran gelassen, dass ihm der Sinn nicht nach Kompromissen steht. "Die italienische Regierung ist ausschließlich bereit, den Italienern zu helfen", ließ er wissen.

Der Staatschef geht neben Matteo Salvini unter

Es ist Rhetorik, wie man sie von Salvini gewohnt ist: "Italien ist das schönste Land der Welt"; Man müsse niemanden beneiden, "nicht die Deutschen, nicht die Franzosen"; Die Italiener dürften keine "Sklaven" von Brüssel, Berlin und Paris mehr sein – es sind diese Sätze, die Salvini seit Jahren begleiten und mit denen er den Wahlkampf bestritten hat.

Mit Erfolg: Als Salvini vor fünf Jahren Chef der Lega Nord wurde, wie die Partei damals noch hieß, stand diese bei fünf Prozent.

Bei den Parlamentswahlen im März holten die Rechtspopulisten 17 Prozent der Stimmen und sind nun Juniorpartner in einer Koalition mit der europakritischen Fünf-Sterne-Bewegung – wobei sie der Rolle des Juniors mehr und mehr entwachsen: In jüngsten Umfragen ist die Lega erstmals stärkste Partei, knapp vor den Fünf Sternen.

Seit Wochen gibt Salvini den Ton an, bestimmt die Agenda. Selbst der eloquente Fünf-Sterne-Chef Luigi di Maio geht neben dem 45-Jährigen unter, der leise Staatschef Guiseppe Conte (parteilos) erst recht.

Salvini: "Wir sind nicht länger die Fußmatte Europas"

Kurz nach Amtsantritt machte Salvini von sich reden, als er dem Rettungsschiff "Aquarius" mit 629 Flüchtlingen an Bord die Einfahrt in einen italienischen Hafen verwehrte.

Als das Schiff nach tagelanger Irrfahrt durchs Mittelmeer in Spanien anlegte, kommentierte Salvini: "Das ist ein Zeichen, dass sich gerade etwas ändert. Wir sind nicht länger die Fußmatte Europas."

Nach den Flüchtlingen "auf Kreuzfahrt" und den "Vizeschleppern", wie Salvini Flüchtlingshelfer nennt, traf es die Sinti und Roma: Der Innenminister wollte sie zählen lassen - "früher hätte man das einen Zensus genannt, aber das darf man ja nicht mehr sagen. Also nennen wir es ein Personenregister oder eine Bestandsaufnahme".

Das Ziel: möglichst viele Sinti und Roma ausweisen. "Die Italiener unter ihnen", sagte er, "müssen wir leider bei uns behalten."

Conte schob dem Vorhaben einen Riegel vor. Salvini ließ der Rüffel kalt. Er habe ja nur den Kindern helfen wollen, denen nichts als stehlen beigebracht werde.

Sein Spitzname lautet "Bagger"

"Ruspa" – zu Deutsch "Bagger" – nennen die Italiener Salvini, weil er schon vor Jahren sagte, er wolle die Lager der Sinti und Roma mit einem Bagger platt machen. Salvini pflegt seinen Spitznamen und lässt sich schon mal am Steuer eines Baggers ablichten.

Bagger. Schweres Gerät für große Baustellen. Auf einer solchen steht auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. CSU-Chef Horst Seehofer sitzt ihr im Nacken. Auf eine 14-Tage-Frist hat er sich mit Merkel geeinigt, im Streit über mehr Zurückweisungen von Migranten an der deutschen Grenze eine gesamteuropäische Lösung zu finden.

Der Druck auf Merkel ist vor dem Migrations-Sondertreffen ausgewählter Staaten am Sonntag und dem große EU-Gipfel in der kommenden Woche entsprechend groß. Die Italiener werden es ihr wohl nicht leicht machen.

Mit Material der dpa
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