Das Innenministerium greift bei der rechtsextremistischen Gruppe "Combat 18" durch. Auch die Wohnung von Schlüsselfigur Stanley R. wird durchsucht.
Bundesinnenminister
Die Polizei durchsuchte am Morgen in Hessen, Brandenburg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mehrere Objekte. Stanley R., der als wichtige Figur in der Szene gilt, wurde den Angaben zufolge von der Polizei an seinem Arbeitsplatz angetroffen und zu seiner Wohnung gebracht, die durchsucht wurde.
In Thüringen wurden nach Angaben des dortigen Landeskriminalamts zwei Objekte durchsucht: eins im Raum Erfurt, eins im Raum Eisenach. In NRW wurde laut dortigem Innenministerium ein Objekt durchsucht.
Im Raum Trier wurden bei einer Razzia Handys, Computer und rechtsextreme Symbole sichergestellt, wie ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums in Mainz mitteilte. Die Aktion sei noch am Laufen.
Insgesamt wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums auch "waffenrechtlich relevante Gegenstände" beschlagnahmt. Wie das Ministerium weiter mitteilte, nahmen die 210 Beamten, die am Donnerstag an dem Einsatz in sechs Bundesländern beteiligt waren, auch Mobiltelefone, Laptops, Datenträger, Tonträger, Kleidung, NS-Devotionalien und Propagandamittel mit.
"Das heutige Verbot ist eine klare Botschaft: Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz", erklärte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Die Mitglieder von "Combat 18" hätten vor allem durch die Produktion von Liedern mit rechtsextremen Inhalten und durch den Vertrieb dieser Musik ihre "menschenverachtende Gesinnung" in die Gesellschaft zu tragen versucht.
Nach der Terrorserie des NSU hätten zuletzt auch das Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und der Anschlag in Halle gezeigt, welche Gefahr vom Rechtsextremismus in Deutschland ausgehe, betonte Seehofer.
Das Innenministerium erklärte zur Begründung des Verbots: "Mit seiner Strahlkraft hat der Verein unter Rechtsextremisten eine Vorbildfunktion inne und wird als Symbol des gewaltbereiten Rechtsextremismus verehrt."
"Combat 18" gilt als bewaffneter Arm von "Blood and Honour"
Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden richtet sich die Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung, "da sie mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt ist". Sie zählt nach ihrer Einschätzung bundesweit 20 Mitglieder.
Die gewaltbereite rechtsextreme Organisation gilt als bewaffneter Arm des in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerks "Blood and Honour" (Blut und Ehre). Sie hat ihren Ursprung in Großbritannien und ist in mehreren europäischen Ländern aktiv.
Die Zahl "18" ist ein Szenecode für den ersten und den achten Buchstaben im Alphabet, also A und H - die Initialen von Adolf Hitler. Symbol der Gruppe, die sich auf einen "Rassenkrieg" vorbereitet, ist der Drache. Neonazis, die sich "Combat 18" zugehörig fühlen, tragen häufig schwarze T-Shirts oder Jacken mit der Aufschrift "C 18".
Taktik von "Combat 18" erschwerte lange ein Verbot
Diese Symbole und Abkürzungen dürfen nach dem Verbot nicht mehr verwendet werden. Das gilt auch für das Motto der Gruppe: "Brüder schweigen - whatever it takes". Gegen die Verbotsverfügung kann die Gruppe binnen eines Monats Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einreichen.
Es wird erwartet, dass in den kommenden Monaten noch weitere Verbote ausgesprochen werden. Was ein Verbotsverfahren in den vergangenen Jahren erschwert hatte, ist das von "Combat 18" propagierte Konzept des "führerlosen Widerstands" weitgehend autonomer Zellen - auch wenn die Gruppen vernetzt und nach festgelegten gemeinsamen Richtlinien handeln. Geldquelle und Gelegenheit zum Kontakt sind Rechtsrock-Konzerte.
Auf ihrer Rückfahrt von einem gemeinsamen Schießtraining in Tschechien im September 2017 waren mutmaßliche Mitglieder einer Sektion von "Combat 18" an der deutschen Grenze von der Spezialeinheit GSG 9 gestoppt worden. Die Bundespolizisten fanden Munition bei ihnen - der Fall landete schließlich vor Gericht.
Rufe nach einem Verbot der Gruppe und weiterer rechtsextremer Vereinigungen gibt es schon lange. Eine neue Dringlichkeit haben sie nach dem Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke erhalten, bei dem ein rechtsterroristischer Hintergrund vermutet wird.
Der CDU-Politiker war im vergangenen Juni auf der Terrasse seines Hauses aus nächster Nähe erschossen worden. Haupttatverdächtiger ist Stephan E., der den Behörden wegen seiner Neonazi-Vergangenheit bekannt war. "Combat 18" hatte sich danach in einem von den Sicherheitsbehörden als echt eingestuften Video von E. distanziert. (dpa/ank)
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